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Stand 02.08.2022

Positionen

Versorgung gemeinsam gestalten

Hand stapelt Würfel mit Abbildungen

Positionen der KBV

Der Kampf gegen Corona hat eindrucksvoll vor Augen geführt, welch tragende Säule unserer Gesellschaft die ambulante medizinische Versorgung in Deutschland darstellt.

Rund 187.000 freiberufliche, in Praxen ambulant tätige Ärzte und Psychotherapeuten kümmern sich pro Jahr um über 650 Millionen Behandlungsfälle – vertreten durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).

Um die enorme Leistungsfähigkeit und maximale Flexibilität des deutschen Gesundheitswesens zum Wohl von Patientinnen und Patienten weiter fortzuentwickeln, steht die KBV als kompetente und verlässliche Ansprechpartnerin bereit, gemeinsam die gesundheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft zu gestalten.

Dabei liegt der Fokus auf diesen Themen:

1. Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung erhalten - Arzt-Patienten-Verhältnis schützen

Eine gute und nachhaltige ambulante medizinische Behandlung basiert auf einem starken und zugleich sensiblen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt oder Psychotherapeut und Patient.

Dieses besondere Vertrauensverhältnis muss zum Wohl der Patientinnen und Patienten erhalten und geschützt bleiben.

Elementare Voraussetzungen hierfür sind das Prinzip der freiberuflichen Berufsausübung – vornehmlich in inhabergeführten  Praxen  – und eine funktionierende Selbstverwaltung.

Auf einen Blick

  • Den freien Beruf bewahren
  • Die Beeinträchtigung der ärztlichen Berufsausübung abschaffen und vermeiden
  • Das sensible Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient schützen
  • Die Selbstverwaltung erhalten und fördern

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2. Ambulante Versorgung stärken - Strukturen modernisieren

Die Herausforderungen der kommenden Jahre an die flächendeckende ambulante Versorgung in Deutschland sind vielfältig – etwa durch bekannte Phänomene wie die demographische Entwicklung, Landflucht und Verstädterung.

Hinzu kommt, dass immer mehr Krankheiten ambulant therapierbar sind, die bisher stationär behandelt werden mussten (Ambulantisierung der Medizin). Dies macht eine effektive Steuerung des derzeit beliebigen und unkoordinierten Zugangs zur medizinischen Versorgung unerlässlich.

Zudem bedarf es eines Ausbaus ambulanter Versorgungsangebote bei gleichzeitiger Entlastung der Kliniken von eigentlich ambulant leistbaren Behandlungen.
 

Auf einen Blick

  • Ambulante Versorgungsangebote ausbauen
  • Stationäre Strukturen bedarfsgerecht anpassen
  • Zugang zur medizinischen Versorgung bedarfsgerecht koordinieren

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3. Digitalisierung mit Mehrwert für Patienten und Praxen entwickeln

Damit die Digitalisierung des Gesundheitswesens ihr volles Potenzial entfalten kann, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten zu verbessern, ist es erforderlich, den Mehrwert für Nutzer und Nutzerinnen in den Mittelpunkt zu rücken.

Entscheidend ist hierbei, dass künftig zunächst die medizinischen Versorgungsprozesse im Vordergrund stehen und nicht, wie bisher, die technischen Werkzeuge und Instrumente.

Nur eine Digitalisierung, die sich strikt an diesen Versorgungprozessen ausrichtet, diese unterstützt und erleichtert, wird Ärzte und Psychotherapeuten sowie ihre Praxisteams von der Digitalisierung nachhaltig überzeugen. Die frühzeitige Einbeziehung aller Beteiligten ist hierfür erforderlich.

Auf einen Blick

  • Den Nutzen für Patienten und Praxen ins Zentrum aller Digitalisierungsmaßnahmen rücken
  • Eine adäquate Beteiligung der relevanten Akteure sicherstellen
  • Alle Prozesse auf den Prüfstand stellen: Technische Lösungen müssen die Versorgung effizient unterstützen

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4. Akut- und Notfallpatienten in die jeweils richtige Versorgungsebene begleiten

Gesundheitsexperten sind sich einig: Die Notfallversorgung der Zukunft sollte organisatorisch neu geordnet werden.

Bereits heute steht die rund um die Uhr erreichbare Bereitschaftsdienstnummer 116117 per Telefon, Website sowie App zur Verfügung, um Patientinnen und Patienten mittels SmED, der Strukturierten medizinischen Ersteinschätzung in Deutschland, schnellstmöglich und zuverlässig in die richtige Behandlungsebene zu vermitteln – also ins Krankenhaus, an den ärztlichen Bereitschaftsdienst oder in die zuständige Praxis.

Eine einheitliche Regelung zur Erst- beziehungsweise Notfallversorgung steht jedoch noch aus. Hier sollte eine kooperative Struktur zwischen dem ambulanten und dem stationären Bereich geknüpft werden, die eine behandlungsadäquate Vermittlung der Patientinnen und Patienten in den jeweils passenden Versorgungsbereich organisiert, ohne einen neuen Sektor bilden zu müssen.

Auf einen Blick

  • Steuerung der Patientinnen und Patienten: bewährte Strukturen stärken und ausbauen
  • Kein dritter Versorgungssektor erforderlich
  • Kooperation mit dem stationären Versorgungsbereich in den Fokus rücken

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5. Gute Versorgung durch richtige Qualitätssicherung vorantreiben

Eine hohe Behandlungsqualität in der ambulanten Versorgung beruht nachweislich auf passgenauen Qualitätssicherungsinstrumenten und der bedarfsgerechten Kombination von Qualitätsanreizen mit verpflichtenden Vorgaben.

Von dieser Maxime hat sich die sektorenübergreifende Qualitätssicherung (sQS) weit entfernt. Statt ambulante und stationäre Versorgung vergleichend zu betrachten, Schnittstellen zwischen diesen Bereichen zu optimieren und Behandlungsverläufe über die Grenzen des stationären und ambulanten Bereichs hinweg abzubilden, ist ein hyperkomplexes bürokratisches Kontrollinstrument ohne Nutzen für Patientinnen und Patienten entstanden.

Die sQS muss daher zu einem transparenten und praktikablen Instrument zurückgeführt werden, welches ausschließlich dem Zweck dient, die Qualität des sektorenübergreifenden Behandlungsgeschehens zum Nutzen der Patientinnen und Patienten zu fördern und zu sichern.

Auf einen Blick

  • Pass-/Zielgenaue Qualitätssicherungsinstrumente zur Förderung der Versorgungsqualität
  • sQS muss zum Nutzen von Patientinnen und Patienten transparent und praktikabel werden

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6. Neue Synergien für Gesundheitsfachberufe schaffen

Angesichts stetig zunehmender ambulanter Behandlungen und gleichzeitig abnehmender Arztzeit werden neben anderen Faktoren auch Möglichkeiten für eine gute Kooperation zwischen Ärztinnen und Ärzten mit Angehörigen nicht ärztlicher Gesundheitsfachberufe eine entscheidende Rolle spielen.

Hierzu gehören auch Modelle der Delegation, nach denen Ärztinnen und Ärzte zeitlich begrenzt Teile der ärztlichen Heilkunde auf Angehörige entsprechend qualifizierter Gesundheitsfachberufe übertragen.

Soweit jedoch medizinische Leistungen durch Angehörige entsprechend qualifizierter Gesundheitsfachberufe im direkten Zugang für Patientinnen und Patienten erfolgen und mit den Krankenkassen abgerechnet werden (Substitution), muss für Patientinnen und Patienten erkennbar sein, dass in solchen Fällen kein Arzt oder Psychotherapeut für die Behandlung zuständig und verantwortlich ist.

Den betreffenden Angehörigen des Gesundheitsfachberufs muss klar sein, dass die berufsrechtliche Verantwortlichkeit und die Budgetverantwortlichkeit ausschließlich bei ihnen selbst liegt.

Auf einen Blick

  • Zusammenarbeit aller Gesundheitsdisziplinen stärken, Ärztinnen und Ärzte durch Delegation unterstützen
  • Weiterentwicklung anderer Gesundheitsfachberufe in den Blick nehmen, mehr Wertschätzung schaffen
  • Transparenz für Patientinnen und Patienten schaffen – Wer behandelt mich?

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7. Weiterbildung in der Praxis der Niedergelassenen verbessern

Die meisten Behandlungen von Patientinnen und Patienten finden in Praxen statt. Vielen jungen Ärztinnen und Ärzten kann die dafür notwendige Behandlungskompetenz in der Weiterbildung im Krankenhaus nicht mehr rundum vermittelt werden – gerade in der Augenheilkunde, der Dermatologie, der HNO-Heilkunde oder der Orthopädie.

Die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin ist schon weitgehend in der ambulanten Versorgung organisiert. Zukünftig muss dies auch für die fachärztliche Weiterbildung verstärkt möglich sein, und zwar verbunden mit attraktiveren Vergütungsmodellen und der Möglichkeit, leichter vom Krankenhaus in die Arztpraxis zu wechseln. Dies kann auch dazu beitragen, die Niederlassung für den medizinischen Nachwuchs attraktiver zu machen.

Auf einen Blick

  • Bessere fachärztliche Weiterbildung in Praxen

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8. Nachwuchsgewinnung für ärztliche Tätigkeit verstärken

Sich in einer eigenen Praxis selbstständig niederzulassen, ist für viele junge Ärztinnen und Ärzte nicht attraktiv genug. Daraus resultiert ein Personalmangel mit der Folge eines weiteren Rückgangs der zur Verfügung stehenden Arztzeit und Praxen.

Durch deutlich mehr ambulante Ausbildungsanteile im Studium und einer gezielten Förderung von Famulaturen, Praktischem Jahr (PJ) und Weiterbildung lassen sich mehr Nachwuchsmedizinerinnen und -mediziner für die Praxen gewinnen.

Auch auf regionaler Ebene können Niederlassungsbedingungen verbessert werden – etwa durch einen konsequenten Ausbau des flächendeckenden Internets sowie des öffentlichen Personennahverkehrs, ebenso
mit der Entwicklung alternativer Konzepte zur Aufrechterhaltung und Modernisierung der Infrastruktur.

Auf einen Blick

  • Mehr ambulante Ausbildungsanteile im Medizinstudium
  • Mehr Nachwuchsärztinnen und Nachwuchsärzte in Niederlassung durch Steigerung der Attraktivität

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