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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

KBV arbeitet Rolle der Ärzteschaft im NS-Regime auf - Gedenktafel erinnert an jüdische Kollegen

04.10.2018 - Mit einem von der KBV initiierten Forschungsprojekt wird jetzt die Rolle der Ärzte bei der Verdrängung und Vertreibung jüdischer Kollegen im Nationalsozialismus systematisch aufgearbeitet. Zudem enthüllt die KBV am 8. November an ihrem Standort in Berlin eine Gedenktafel für die Opfer des NS-Regimes.

Mit dem Forschungsprojekt „KBV übernimmt Verantwortung“ soll vor allem die bis heute nicht eindeutig geklärte Rolle der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD) zwischen 1933 und 1945 untersucht und bisher unveröffentlichtes Quellenmaterial ausgewertet werden. Dabei geht es insbesondere darum aufzuarbeiten, wie die Vorläuferorganisation der KBV bei der Entrechtung und Vertreibung jüdischer Ärzte mitgewirkt hat.

Gegen Vergessen und Verharmlosen

Mit dem Forschungsprojekt wolle die KBV ein klares Zeichen gegen das Verdrängen und Verharmlosen der Mitschuld der deutschen Ärzteschaft an den Verbrechen gegen jüdische Ärzte im NS-Regime setzen, betonte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen gegenüber den PraxisNachrichten. Die Vergangenheit dürfe nie in Vergessenheit geraten und müsse stets eine Mahnung sein.

Die Geschichte zeige, wie schnell es gehen könne, dass allgemeine Werte aufgegeben würden, warnte der KBV-Chef auch vor dem Hintergrund jüngster fremdenfeindlicher und antisemitischer Vorfälle in Deutschland. „Jeglichen Ansätzen von Hass und Gewalt muss entschieden entgegengetreten werden.“ Rassismus und Antisemitismus dürften sich in Deutschland nie wieder ausbreiten. Die KBV übernehme Verantwortung – für ihre Vergangenheit, aber auch für ihre Zukunft, hob Gassen hervor.

Konsequente Ausgrenzung jüdischer Ärzte

Die KBV ist die direkte Rechtsnachfolgerin der KVD. Diese war nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 als Zusammenschluss der ein Jahr zuvor gebildeten regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen gegründet worden. Unter Aufsicht des Reichsarbeitsministers führte die KVD das Reichsarztregister und regelte die Kassenzulassungen. Dadurch war es ihr möglich, sowohl politisch missliebigen als auch jüdischen Kassenärzten die Zulassung zu entziehen.

Am 30. September 1938 war per Gesetz allen jüdischen Ärzten ihre Approbation entzogen worden. Damit erreichte die 1933 begonnene Ausgrenzung jüdischer Ärzte den Endpunkt der schrittweisen Vertreibung aus ihren Praxen. Nur wenige von ihnen erhielten eine Genehmigung, als sogenannte „Krankenbehandler“ weiterhin ausschließlich jüdische Patienten behandeln zu dürfen.

Zentrum für Antisemitismus-Forschung beteiligt

Bei dem von der KBV finanziell geförderten Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin werden zunächst über einen Zeitraum von zwei Jahren die KVD-Akten mit wichtigen Dokumenten systematisch gesichtet und erfasst. Projektpartner sind die Historiker Prof. Stefanie Schüler-Springorum und Prof. Samuel Salzborn.

Wissenschaftliche Publikation

Mit Erstellung eines sogenannten Findbuches werden die Dokumente und ihre wesentlichen Inhalte katalogisiert. Auf die daraus entstehende Publikation sollen dann auch andere Wissenschaftler zugreifen und diese für weitere Forschungen verwenden können. Zudem ist eine Ausstellung geplant, die nach und nach in allen Kassenärztlichen Vereinigungen gezeigt werden kann.

Gedenktafel am KBV-Gebäude

Ab 8. November wird eine Gedenktafel am Standort der KBV am Herbert-Lewin-Platz in Berlin an die verfolgten jüdischen Kollegen und die anderen Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Sie wird in Anwesenheit führender Politiker enthüllt. Als Gast wird auch der stellvertretende Parlamentspräsident der israelischen Knesset, Yehiel Bar, erwartet.

„Herbert-Lewin-Preis“ ehrt Arbeiten zur NS-Vergangenheit

Bereits seit 2006 zeichnet die KBV alle zwei Jahre wissenschaftliche Arbeiten mit dem „Herbert-Lewin-Preis“ aus, die sich mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit auseinandersetzen. Der Preis wird gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium, der Bundesärztekammer und der Bundeszahnärztekammer vergeben.

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