Weitere Verschiebung bei eAU und eRezept nötig
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KBV fordert Aufschub von eAU und eRezept bis mindestens 1. Juli 2022
28.10.2021 - Die Einführung des elektronischen Rezepts und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss aus Sicht der KBV verschoben werden. Die ersten Erfahrungen aus Tests zeigten, dass es nicht zum Jahresanfang funktionieren werde, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel und forderte einen Aufschub bis mindestens 1. Juli 2022.
In den Praxen werde es ansonsten „in vielen Fällen zu Problemen führen, manchmal sogar zu Chaos, weil nicht alle der vielen technischen Komponenten und organisatorischen Anpassungen ausreichend getestet“ seien, kritisierte Kriedel in einem Video-Interview.
Deshalb müssten die Einführungstermine für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und das elektronische Rezept (eRezept) verschoben werden, um ausreichend testen zu können, ob die Produkte „hundertprozentig, und zwar alle, funktionieren“ und den Praxen Zeit bleibe, „ihre Arbeitsprozesse auf diesen neuen digitalen Arbeitsweg einzurichten“.
Kriedel zufolge brauche das mindestens sechs Monate. „Noch besser wäre natürlich ein ganzes Jahr“, fügte er hinzu. Aber es sei vielleicht auch „mit ausreichenden Tests, mit entsprechender Anstrengung aller Beteiligten bis zum 1. Juli hinzubekommen“.
Kriedel: Produkte einführen, wenn sie funktionieren
Kriedel stellte zugleich klar, dass die KBV zur Digitalisierung stehe. „Wenn wir den Begriff Moratorium verwenden, dann dafür, dass wir der Auffassung sind, die Termine müssen verschoben werden, weil die Produkte nicht ausgereift sind.“ Das werde manchmal in der Politik und von manchen Beteiligten falsch verstanden, „als ob wir einen Stopp der Digitalisierung fordern“, betonte Kriedel. „Wir wollen nur diese unausgereiften Produkte nicht zum 1. Januar einführen, sondern später, wenn sie funktionieren.“
Bei der eAU sei es mit den Bundesmantelvertragspartnern zwar gelungen, die Einführung vom 1. Oktober dieses Jahres auf den 1. Januar 2022 zu verschieben. Allerdings sei er skeptisch, dass es zum Jahresanfang klappen würde.
Probleme mit dem eRezept
Bei den eRezepten habe es bei den noch laufenden Tests am Anfang nur Fehler gegeben, was wohl inzwischen besser geworden sei, sagte Kriedel. Dennoch müsse berücksichtigt werden, dass es sich hier um Massenanwendungen handele.
Kriedel verwies darauf, dass es über 100 Anbieter von Praxisverwaltungssystemen, über 100 Krankenkassen, Konnektoren mehrerer Hersteller und zahlreiche KIM-Anbieter gebe, „die alle müssen zusammenwirken können“. Nach seiner Erkenntnis könnten jedoch bis zum Jahresende vielleicht lediglich die einzelnen technischen Produkte für sich genommen funktionieren. Aber das Zusammenwirken, dass das elektronische Rezept fehlerfrei und ohne Probleme durch alle Stufen elektronisch durchgehen könne, das sei noch nicht getestet. Kriedel: „Und das ist das große Problem, was uns Sorge macht. Das wird zum 1. Januar nach unserer Auffassung nicht laufen können.“
Bei allen Widrigkeiten appellierte Kriedel an die Praxen, das zu tun „was sie selbst in der Hand haben“. Das heiße, einen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) und einen KIM-Dienst zu bestellen und einzurichten. Er wies darauf hin, dass der Arzt den KIM-Dienst in der Regel nicht alle einrichten könne, der müsse an die vorhandene IT-Anlage angeschlossen werden, wozu oftmals ein Techniker notwendig sei.
Ersatzverfahren ist keine Übergangslösung
Der Vorstellung, dass Ärzte übergangsweise das Ersatzverfahren nutzen, wenn die eAU oder das eRezept längere Zeit noch nicht funktionieren, erteilte Kriedel eine klare Absage. „Ein Ersatzverfahren ist keine Übergangslösung.“ Es sei politisch und inhaltlich falsch zu sagen, „die TI funktioniert nicht in großen Teilen, aber wir führen sie trotzdem ein. Und wenn es nicht klappt in der einzelnen Praxis, dann nehmt doch mal wieder das alte Papierverfahren. Das ist nicht unsere Vorstellung von sinnvoller Digitalisierung.“ Und das sei für alle Beteiligten unzumutbar.