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Praxisnachrichten

PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Niedergelassene zeigen sich ernüchtert von eAU und Co

27.01.2022 - Nur ein kleiner Teil der Niedergelassenen kann die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits digital versenden. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der KBV, an der mehr als 5.300 Praxen teilgenommen haben. Sie lief vom 13. bis 20. Januar.

Demnach verfügt zwar schon fast jede zweite Arztpraxis (rund 40 Prozent) über das Softwaremodul für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), doch lediglich jede fünfte Praxis kann die Bescheinigungen für die Krankenkasse auch digital übermitteln. Ein ausschließlich elektronischer Versand ist bislang nur 13 Prozent der Praxen möglich.

Probleme mit der Technik

Als Gründe, warum die eAU in ihrer Praxis noch nicht möglich ist, gaben die Befragten vor allem Probleme mit dem KIM-Dienst und dem Update des Praxisverwaltungssystems an. Die Technik sei unausgereift und unzuverlässig. Für die Installation seien teilweise mehrere IT-Spezialisten erforderlich, Termine oft nur mit langem Vorlauf zu bekommen.

In der Befragung beklagten viele Ärztinnen und Ärzte zudem den hohen Zeitaufwand nicht nur für die Installation, sondern auch für das Ausstellen der eAU. Die Übertragung dauere zu lange, Fehlermeldungen kämen oftmals erst, wenn der Patient bereits die Praxis verlassen habe. Zudem müsse den Versicherten weiterhin ein gedrucktes Exemplar ausgestellt werden – was ebenfalls Zeit koste.

Insgesamt wurde kritisiert, dass die eAU den Praxen keinen Mehrwert biete, sondern nur mehr Bürokratie. Die Zeit, die dafür draufginge, fehle für Patienten. Zudem ist nach Angaben der Ärzte die Telematikinfrastruktur weiterhin störanfällig, für das Beheben technischer Probleme erhielten sie aber keine ausreichende Unterstützung.

Kriedel: eAU wurde überstützt eingeführt

„Leider hat die Umfrage unseren Eindruck bestätigt, dass die eAU überstürzt eingeführt wurde“, sagte Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV, den PraxisNachrichten. „Digitalisierung ist gut, aber es muss gut gemacht sein und ausreichend Zeit für alle Beteiligten geben“, forderte er deshalb.

Die eAU greife massiv in die Praxisabläufe ein. Die Technik müsse daher unbedingt vorher für alle Systeme und mit allen Beteiligten ausreichend getestet werden, so Kriedel weiter. Mit rund 90 Millionen Krankschreibungen pro Jahr zählt die AU-Bescheinigung zu den am meisten ausgestellten Bescheinigungen.

Praxen berichten von häufigen Störungen der TI

Das PraxisBarometer Digitalisierung 2021 bestätigt diese Ergebnisse. Darin zeigten sich die Befragten sehr ernüchtert von den bisher eingeführten digitalen Anwendungen, obwohl sie der Digitalisierung durchaus offen gegenüberstehen. So berichteten mehr Niedergelassene als zuvor von einer hohen Fehleranfälligkeit der Telematikinfrastuktur. Das sowie ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis und eine fehlende Nutzerfreundlichkeit werden von mehr als der Hälfte der Befragten als starkes Hemmnis für die Digitalisierung des Gesundheitswesens gesehen.

Vorstand fordert Kurswechsel in der Digitalisierung

„Hier erwarten wir von der neuen Bundesregierung einen Kurswechsel hin zu einer versorgungsrelevanten Digitalisierung“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Er forderte, in Zukunft die Praxen mit Nutzen statt Zwang von neuen digitalen Anwendungen zu überzeugen.

Das PraxisBarometer Digitalisierung ist die umfassendste repräsentative, wissenschaftlich begleitete Befragung zur Digitalisierung in Praxen. Sie wurde im Herbst 2021 zum inzwischen vierten Mal vom IGES-Institut im Auftrag der KBV durchgeführt. Es beteiligten sich mehr als 2.800 Ärzte und Psychotherapeuten. Alle Ergebnisse sind auf der Themenseite zum PraxisBarometer Digitalisierung zu finden.

Kurzüberblick: eAU

Die Digitalisierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst geht es um die elektronische Übermittlung der AU-Bescheinigung aus der Praxis an die Krankenkasse. Der Patient erhält noch zwei Ausdrucke: einen für den Arbeitgeber und einen für sich selbst.

Im nächsten Schritt soll die Weiterleitung der Daten an den Arbeitgeber nur noch digital erfolgen. Zuständig dafür sind nicht die Praxen, sondern die Krankenkassen – sie stellen den Arbeitgebern die AU-Informationen elektronisch zur Verfügung. Vertragsärztinnen und -ärzte sind weiterhin verpflichtet, ihren Patienten eine vereinfachte AU-Bescheinigung auf Papier auszudrucken. Auf Wunsch der Patienten wird auch ein unterschriebener Ausdruck für den Arbeitgeber ausgestellt.

Technische Ausstattung: Für die eAU benötigen Praxen neben einem ePA-Konnektor (möglichst einen PTV4+-Konnektor, der die Komfortsignatur unterstützt), einen KIM-Dienst zur sicheren digitalen Übermittlung der AU-Daten, einen elektronischen Heilberufsausweis mindestens der Generation 2.0 für die qualifizierte elektronische Signatur, das Software-Update für die eAU und möglicherweise ein weiteres E-Health-Kartenterminal beispielsweise im Sprechzimmer.

Weitere Informationen: Themenseite eAU

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