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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Gassen: "Die Inflation macht nicht vor der Arztpraxis halt" - Info-Veranstaltung am Freitag per Livestream verfolgen

08.09.2022 - Ärzte und Psychotherapeuten sind aufgerufen, die Info-Veranstaltung zur geplanten Abschaffung der Neupatientenregelung am Freitag in Berlin online live zu verfolgen. „Setzen Sie ein Zeichen, dass es so nicht weitergeht, und schalten Sie sich von 10 bis 12 Uhr zu“, appellierte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen.

„Das Maß ist voll“, sagte Gassen auf einer Pressekonferenz am heutigen Donnerstag. Wenn den Ärztinnen und Ärzten mit der Streichung der Neupatientenregelung aktiv in die Tasche gegriffen und eine Null-Runde zum Inflationsausgleich angeboten werde, dann sei völlig klar, dass die Praxen ihren Betrieb so nicht mehr aufrechterhalten könnten.

Bereits fast 50.000 Unterschriften

„Vor diesen Entwicklungen müssen wir warnen“, sagte Gassen. Dem diene auch die bundesweite Info-Veranstaltung am Freitag, bei der es um die Auswirkungen der geplanten Abschaffung der Neupatientenregelung gehe. Der KBV-Chef wies darauf hin, dass schon fast 50.000 Praxen den offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterschrieben hätten. Ende nächster Woche sollen die Unterschriften an den Minister übergeben werden (hier können Sie noch unterschreiben).

Die Aufhebung der Neupatientenregelung sei nichts anderes als eine Leistungskürzung, stellte Gassen klar. Lauterbach irre, wenn er etwas anderes behaupte. Dass gerade er die Neupatientenregelung streichen wollen, die er vor drei Jahren vehement eingefordert hatte, werde von vielen Kolleginnen und Kollegen als „Wort- und Vertrauensbruch“ wahrgenommen.

Hofmeister: „Wir laufen in eine große Versorgungskrise hinein“

Es gehe nicht um das Einkommen der Ärzte und Psychotherapeuten, sondern um die Struktur der ambulanten Versorgung der Bürgerinnen und Bürger, betonte der KBV-Vizechef Dr. Stephan Hofmeister. Diese Struktur leide seit Jahren unter Faktoren, die die Arbeit immer schwieriger machten, und was die Pandemie noch verstärkt habe. Als Beispiele führte Hofmeister den extremen Personalmangel, die dysfunktionale Digitalisierung, die zunehmende Bürokratie sowie die aktuelle Energiekrise und Kostenexplosion an.

Vor diesem Hintergrund werde es immer schwieriger Nachwuchs zu gewinnen. Hofmeister: „Wir laufen in eine große Versorgungskrise hinein.“ Dies würden die Menschen im Land zu spüren bekommen, sagte Gassen und fügte hinzu: „Wir haben eine funktionierende Versorgung mit inhabergeführten Praxen in der Fläche“. Und da komme die Politik mit Vorschlägen wie Gesundheitskioske, die kein Mensch brauche.  

Protestaktionen in den Ländern

Bereits am Mittwoch fanden in mehreren Bundesländern Protestaktionen statt. In Berlin beispielsweise blieben rund 2.000 Praxen geschlossen. In Nordrhein ließen nach Angaben der dortigen Kassenärztlichen Vereinigung mehr als 5.000 Ärzte und Psychotherapeuten ihre Einrichtungen für die ambulante Regelversorgung teils geschlossen. Die Brandenburger Ärzteschaft plant für Anfang Oktober eine Aktionswoche, in der die Praxen ausschließlich „Dienst nach Vorschrift“ mit deutlich verkürzten Sprechstundenzeiten leisten.

Widerstand gegen die geplante Aufhebung der Neupatientenregelung formiert sich inzwischen auch in den Bundesländern. Hamburg, Brandenburg, Bayern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen befürchten eine Verschlechterung der Versorgung und haben entsprechende Anträge in die nächste Sitzung des Bundesrats am 16. September eingebracht. Kritisiert wird auch, dass es bislang keine sachgerechte Evaluierung der Neupatientenregelung gegeben hat.

Der Bundestag wird sich am 22. September in erster Lesung mit dem Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch mit der Streichung der Neupatientenregelung befassen. Der Kabinettsentwurf enthält verschiedene Maßnahmen, um das finanzielle Defizit in der GKV zu beseitigen.

Nehmen Sie teil!
Veranstaltung zur Abschaffung der Neupatientenregelung

  • Thema: Die Auswirkungen der Sparpläne der Bundesregierung auf die ambulante Versorgung
  • Termin: Freitag, 9. September, von 10 bis 12 Uhr
  • Livestream: Ärzte und Psychotherapeuten können die Sitzung live verfolgen

Gegen Leistungskürzungen: Unterschreiben Sie den offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach

Fast 50.000 Ärzte und Psychotherapeuten haben den offenen Brief bereits unterschrieben. Setzten auch Sie mit Ihrer Unterschrift ein Zeichen gegen die Sparpläne der Bundesregierung in der ambulanten Versorgung. Den Brief und die Möglichkeit zur Unterschrift finden Sie hier.

Stichwort: Neupatientenregelung

Die Neupatientenregelung wurde vor drei Jahren mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt, damit Patienten, die zum Beispiel keinen Hausarzt oder Orthopäden haben, schneller einen Termin bekommen. Es wurde festgelegt, dass die Leistungen für die Behandlung von Patienten, die erstmals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in der jeweiligen Arztpraxis behandelt werden, in voller Höhe vergütet werden. Auf diese Weise wurde ein Anreiz für die durch Budgetierung und hohe Patientenzahlen ohnehin stark belasteten Praxen geschaffen, zusätzlich kurzfristige Termine anzubieten und neue Patienten aufzunehmen.

Mit dem GKV-Finanzierungsstabilisierungsgesetz will die Bundesregierung diese Regelung ab Januar 2023 wieder abschaffen. Außerdem sollen ärztliche Untersuchungen und Behandlungen, die in offenen Sprechstunden durchgeführt werden, weiterhin mit Geldern aus der gedeckelten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werden. Ursprünglich ist vorgesehen, dass die Krankenkassen zusätzliche Finanzmittel bereitstellen müssen, damit Versicherte schneller einen Termin bekommen beziehungsweise einen Facharzt konsultieren können.

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