Propranolol
Handelsname: Hemangiol®
Anwendungsgebiet: Behandlung proliferativer infantiler Hämangiome, die eine systemische Therapie erfordern*
Pharmazeutischer Unternehmer: Pierre Fabre Dermatologie
Beginn des Verfahrens: 01.09.2014
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses: 19.02.2015
Inhalt des Beschlusses:
Indikation | zweckmäßige Vergleichstherapie | Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens |
proliferative infantile Hämangiome, die eine systemische Therapie erfordern* |
a) Patienten mit Lebens- oder funktionsbedrohendem Hämangiom | |
patientenindividuell ausgerichtete Behandlung | Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen | |
b) Patienten mit ulzeriertem Hämangiom, das Schmerzen verursacht und/oder nicht auf einfache Wundpflegemaßnahmen anspricht | ||
patientenindividuell ausgerichtete Behandlung | Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen | |
c) Patienten mit Hämangiom, bei dem die Gefahr von bleibenden Narben oder Entstellung besteht | ||
patientenindividuell ausgerichtete Behandlung | Hinweis für einen erheblichen Zusatznutzen |
* Das zugelassene Anwendungsgebiet ist zusammenfassend dargestellt. Verbindlich sind die Angaben der Fachinformation.
Zusammenfassung:
Der nicht-kardioselektive Betablocker Propranolol ist seit September 2014 zur Behandlung infantiler proliferativer Hämangiome, die eine systemische Therapie erfordern, im Verkehr. Die Therapie wird bei Säuglingen zwischen fünf Wochen und fünf Monaten begonnen.
Propranalol ist das erste PUMA-Arzneimittel im Verfahren der frühen Nutzenbewertung. Der Begriff PUMA steht für ein spezielles Zulassungsprogramm der Europäischen Zulassungsbehörde EMA zur Förderung der Zulassung von Kinderarzneimitteln mit bereits patentfreien Wirkstoffen. Dem pharmazeutischen Unternehmer wird als Anreiz unter anderem ein erneuter Unterlagenschutz von zehn Jahren zugesichert. Nach der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) unterliegen PUMA-Arzneimittel der frühen Nutzenbewertung, auch wenn der entsprechende Wirkstoff bereits vor dem 1. Januar 2011 im Verkehr war.
Die Zulassung von Propranolol erfolgte auf Basis der Studie V00400SB 201 (Behandlungsphase 24 Wochen). Neben dem Placebo-Arm gab es zur Dosisfindung vier Studienarme, in denen Propranolol in unterschiedlichen Dosierungen verabreicht wurde. Eingeschlossen waren nur Säuglinge mit Hämangiomen, bei denen die Gefahr von bleibenden Narben oder Entstellung bestand. Die EMA sah die zusätzlich vorgelegten Daten ...
... (einarmige Studie, Compassionate-Use-Programm in Frankreich sowie Einzelfallberichte) als geeignet an, die Studienergebnisse auf die anderen Subgruppen, also auf Patienten mit einem sofortigen Handlungsbedarf, zu übertragen.
Als zweckmäßige Vergleichstherapie (zVT) wurde eine patientenindividuell ausgerichtete Behandlung festgelegt. Als Arzneimitteltherapie kämen nur Steroide (beispielsweise Prednisolon) in Frage, deren Zulassung („schnell und verdrängend wachsendes Hämangiom“) allerdings nur einen Teil des Anwendungsgebiets von Propranolol abdeckt.
Aus Sicht des G-BA kann der Placebo-Arm in der Zulassungsstudie als „abwartendes Vorgehen“ angesehen werden und damit, wie mit der zVT vorgesehen, als patientenindividuell ausgerichtete Behandlung. Im primären Endpunkt „vollständige/nahezu vollständige Rückbildung des Zielhämangioms in Woche 24“ – erhoben auf Basis eines Vergleichs von Fotografien zu Studienbeginn und zu Woche 24 zentralisiert durch zwei unabhängige Prüfer – zeigte sich ein deutlicher statistisch signifikanter Vorteil für Propranolol.
Hinsichtlich der Nebenwirkungen zeigte sich bei den Endpunkten „Infektionen und parasitäre Erkrankungen“ und „Diarrhoe“ ein statistisch signifikanter Nachteil für Propranolol. Dieses Ergebnis ist aufgrund der unterschiedlichen Behandlungsdauern im Verum- und Placebo-Arm allerdings nur qualitativ interpretierbar. Die meisten unerwünschten Ereignisse waren zudem nicht schwerwiegend. Eine Herabstufung des Zusatznutzens wäre vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt gewesen.
Insgesamt bescheinigte der G-BA Propranolol für die Subgruppe c (Hämangiome mit Gefahr von bleibenden Narben oder Entstellung) einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen.
Für die beiden anderen Subgruppen wird ebenfalls von einem Zusatznutzen ausgegangen. Dieser wird insbesondere in der Vermeidung der Nebenwirkungen einer Steroidtherapie gesehen, die bei diesen Patienten ggf. alternativ in Frage käme. Da allerdings keine Studiendaten vorlagen, beschloss der G-BA hierfür einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen.