Honorarverhandlungen für 2022
Wie sind die Honorarverhandlungen gelaufen?
Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV: "Es gibt heute einen Beschluss im Bewertungsausschuss, im Erweiterten muss man sagen, zur Anhebung oder Angleichung des Orientierungswertes. Das war wie immer ein zähes Ringen über Wochen. Wir haben ja erlebt, dass die Kassen mit einem Nullrunden-Angebot in die Verhandlungen gegangen sind, was natürlich fast ein Schlag ins Gesicht der Vertragsärzteschaft war. Wir haben jetzt versucht, eine angemessene Anhebung zu erreichen. Das ist nur in Teilen gelungen, muss man aus Sicht der Ärzteschaft sagen. Wir haben eine OW-Steigerung von 1,275 Prozent. Das wird jedem als zu wenig erscheinen. Das Problem ist aber, dass wir zunehmend feststellen, dass die Anpassung des Orientierungswerstes mit den im Gesetz vorgegebenen Regelmechanismen eigentlich nicht sachgerecht gelingen kann. Und ich glaube, das ist das, wo wir jetzt verstärkt das Augenmerk darauf lenken müssen, weil wir einfach feststellen, dass die Limitationen, die uns durch das Gesetz vorgegeben sind, nicht geeignet sind, die Kostenentwicklung in den Praxen adäquat zu kompensieren."
Gab es eine Einigung bei den Hygienekosten?
Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV: "Auch da haben wir uns in einem ersten Schritt geeinigt. Es ist ja so, dass auch die Beschlüsse zum OW gegen die Kassen getroffen wurden und auch die Hygiene bisher gegen die Kassen läuft, die auch hier keinen Bedarf sehen, Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Es war jetzt die Frage zu lösen, wie man die allgemeinen Hygienekosten, die alle Praxen betreffen, zumindest in einem ersten Schritt kompensiert. Dazu sind erste wichtige Beschlüsse getroffen und das werden wir jetzt noch ausarbeiten. Und das wird dann zum 1. 1. 2022 in Kraft treten und eine Verbesserung der Vergütung für die Praxen, über alle Praxen bringen. Es wird auch keine Differenzierung geben, weil die aufgrund der aus unserer Sicht viel zu geringen Summe kaum sachgerecht möglich wäre. Wir sehen es auch als ersten Schritt. Und ganz wichtig ist an dieser Stelle: Es handelt sich nur um allgemeine Hygiene-Aufwendungen. Die speziellen Hygiene-Aufwendungen, die an gewissen Prozeduren hängen, werden separat verhandelt. Die sind damit nicht abgearbeitet."
Waren es schwierige Verhandlungen?
Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV: "Wir haben seit Anfang August verhandelt. In vielen offiziellen, inoffiziellen Runden unterschiedlicher Zusammensetzung und es zeigt einfach, wie schwierig und komplex die ganze Situation ist. Es ist nur an der Stelle festzuhalten, dass möchte ich einmal ganz deutlich machen, es kann nicht sein, dass die Krankenkassen ihre vermeintlich angespannte finanzielle Lage, die durch ganz andere Parameter bedingt ist als die ambulante Versorgung, einen Anspruch generieren wollen, keine Inflationsausgleiche für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen zu leisten. Das ist aus unserer Sicht ein Unding. Und dazu kommt, dass das SGB 5 an der Stelle viele Dinge nicht antizipiert hat, und hier es einer dringenden Überarbeitung bedarf, damit wir sachgerechte Anpassungen des OWs in der Zukunft bekommen können."
Gab es eine Entscheidung bei den Personalkosten?
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV:"Nein, die hat es in diesem Fall nicht gegeben. Also die deutlich über 6-prozentige Tariflohn-Steigerung in diesem Jahr, die wurde nicht abgebildet. Das liegt in der Binnenlogik des Orientierungswertes, und der Unparteiische hat mit einer guten Begründung gesagt, von dieser Jahresscheibe abzuweichen, würde wirklich das ganze System auf den Kopf stellen. Das heißt also, diese Forderung ist hier nicht bedient, ganz eindeutig. Die wird aber nächstes Jahr von uns natürlich aufgerufen werden und dann gehört es ja auch in die Jahresscheibe."
Wurden Corona-Regelungen verlängert?
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV: "Auch dieser Punkt war dissent. Wir haben einige Regeln gemeinsam mit dem GKV verlängert, aber bei den Regelungen, die zum Beispiel die Aussetzung des zweiten persönlichen Kontakts in der Chroniker-Regel oder die telefonischen Kontakte und Videosprechstunde Parallel-Abrechnung, die wurde auch gegen die Krankenkassen im Erweiterten Bewertungsausschuss in unserem Sinne entschieden. In der Logik, dass wir nach wie vor eine pandemische Lage von außerordentlicher Tragweite haben und damit eben auch den Praxen die Möglichkeit offenhalten wollen, ganz flexibel auf diese Lage zu reagieren."
Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV: "Zufrieden sind wir deshalb nicht, weil grundsätzlich die Algorithmen und die Logik, die dahinter liegt, im SGB 5 einfach nicht mehr zeitgemäß tatsächlich die Teuerung und die Aufwände der Praxen abbildet. Ob das Hygiene ist, ob das die Digitalisierung ist, die den Praxen bisher nur Ärger macht und viel Geld kostet, oder ob das Personalkosten sind und so weiter und so weiter. Und innerhalb der Logik des Systems waren die Abschlüsse für uns das, was erreichbar war in diesem Jahr. Aber die Logik, die dahinter steckt, ist die, die wir angehen müssen."