Glycerolphenylbutyrat
Handelsname: Ravicti®
Anwendungsgebiet: Zusatztherapie bei Säuglingen im Alter von bis zu zwei Monaten mit Harnstoffzyklusstörungen, die durch diätetische Eiweißrestriktion und/oder Aminosäurensubstitution allein nicht behandelt werden können
Pharmazeutischer Unternehmer: Swedish Orphan Biovitrum
Beginn des Verfahrens: 15.01.2019
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses: 04.07.2019
Zusammenfassung des Beschlusses:
Glycerolphenylbutyrat ist seit März 2018 als Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens (Orphan Drug) in Verkehr und war zunächst nur bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Monaten mit Harnstoffzyklusstörungen zugelassen, die durch diätetische Eiweißrestriktion und/oder Aminosäurensubstitution allein nicht behandelt werden können. Der G-BA stellte einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen fest Beschluss vom 16.08.2018. Infolge einer Zulassungserweiterung ist Glycerolphenylbutyrat seit Januar 2019 auch zur Behandlung von bis zu zwei Monaten alten Säuglingen mit Harnstoffzyklusstörungen in Verkehr.
Für die Nutzenbewertung im neuen Anwendungsgebiet legte der pharmazeutische Unternehmer die offenen, einarmigen Studien HPN-100-009, HPN-100-012SO, HPN-100-012SE, HPN-100-014 und S-525-2010 vor. Es wurde nur die Studie HPN100-009 berücksichtigt, da die weiteren Studien Patienten im Alter ab zwei Monaten untersuchten bzw. noch keine Ergebnisse aufwiesen. Aus der offenen Phase-IV-Studie HPN-100-009 ohne Kontrollarm und mit hohem Verzerrungspotenzial lagen Ergebnisse zur Mortalität, Morbidität und zu Nebenwirkungen vor. Der Morbiditätsendpunkt „Erfolgreiche Umstellung auf Glycerolphenylbutyrat mit kontrolliertem Ammoniak“ wurde aufgrund seiner fehlenden eindeutigen Patientenrelevanz und einer eingeschränkten Validität für die Bewertung nicht berücksichtigt.
Unter der Behandlung mit Glycerolphenylbutyrat trat während des Studienzeitraums bei insgesamt fünf von 16 Kindern mindestens eine hyperammonämische Krise auf. Eine Einschätzung zum Ausmaß des Zusatznutzens hinsichtlich der Mortalität und Morbidität war aufgrund eines fehlenden Vergleichs nicht möglich. Daten zur Lebensqualität lagen nicht vor. Eine Einschätzung zum Ausmaß des Zusatznutzens hinsichtlich der Sicherheit war aufgrund eines fehlenden Vergleichs ebenfalls nicht möglich.
Aufgrund der methodischen Limitationen der Studie sowie der insgesamt eingeschränkten Evidenzgrundlage stufte der G-BA das Ausmaß des Zusatznutzens von Glycerolphenylbutyrat als nicht quantifizierbar ein.