Mehr Termine, kürzere Wartezeiten, mehr Personal, schnellere Digitalisierung – all das verspricht der Minister den Wählern in kurzer Zeit. Das sind hehre Ziele, aber stimmen auch die Voraussetzungen?
Gassen: Die Wunschliste ist schon sehr lang. Ohne entsprechendes Honorar wird gar nichts davon erfüllt werden können. Die Forderung in der Größenordnung von 500 bis 600 Millionen Euro steht im Raum. Selbst mit diesen Mitteln wird es nicht einfach, die Dinge umzusetzen. Ohne diese Mittel wird es unmöglich.
Hofmeister: Wenn wir davon ausgehen, dass wir eigentlich dazu da sind, die wirklich Kranken und Leidtragenden zu behandeln, dann bräuchte es andere Maßnahmen. Zum Beispiel eine Möglichkeit der Steuerung der Inanspruchnahme, bei der der Patient mit Verantwortung übernimmt, indem er sich etwa für einen bestimmten Versicherungstarif entscheidet. Das wäre der einzige Weg, um mit den knapper werdenden Ressourcen eine weiterhin hohe Versorgungsstruktur für Kranke zu erhalten. Mit dem Gesetz machen wir eine Wünsch-dir-was-Versorgung für alle. Die wird an ein Ende kommen. Sowohl was die menschlichen Kapazitäten angeht als auch was das Geld betrifft.
Kriedel: Noch ein Punkt: Viele der Regelungen sollen zum 1. April nächsten Jahres umgesetzt werden. Das wird technisch nicht möglich sein, weil zum Beispiel die Praxisverwaltungssysteme geändert werden müssen. Und, so paradox es klingt: Je mehr Details Sie vorgeben, desto mehr Fragen werfen Sie auf. Deshalb der dringende Wunsch an den Gesetzgeber, die Detailtiefe zu reduzieren, oder, wenn er das nicht will, zumindest uns die Möglichkeit zu geben im Rahmen der Selbstverwaltung, die nötigen nachfolgenden Regelungen zu schaffen.
Der Gesetzgeber setzt ja nicht nur enge Fristen, sondern droht parallel mit Ersatzvornahmen und Sanktionen …
Hofmeister: Da kann man nur sagen: viel Spaß. Langsam wird es Zeit, daran zu erinnern, dass Ärzte die Menschen versorgen und nicht Politiker. Das muss man mal einflechten, weil uns die Jugend wegläuft. Die Studenten, mit denen wir auf dem Ärztetag gesprochen haben, haben uns freundlich ins Gesicht gelacht beim Thema Landarztquote. Das verkennt die Politik dramatisch.
Das vollständige Interview erscheint Mitte September im neuen „Klartext“.