Rollout ab September: So kommt das eRezept in die Praxen
Das eRezept soll stufenweise eingeführt werden. Wie geht es los?
Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV:
"In der ersten Phase haben sich zwei KVen bereit erklärt, und das sind die KVen Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe, in Form einer Pilot-Anwendung, Pilot-Ausrollen, das auch zu prüfen und damit auch zu sehen, ob das in der Praxis, in den Praxen, in den Arztpraxen und Psychotherapeutenpraxen auch laufen kann. Denn die bisherige Praxis hat gezeigt, Technik macht ja funktionieren, aber die Abläufe in den Praxen müssen auch angepasst werden. Jede Praxis hat bisher eine Masse von Rezepten ausstellen müssen. Die haben ihren eigenen Prozess gehabt. Und ob zum Beispiel Komfort-Signatur ausreichend schnell gut klappt, ist noch nicht getestet worden. Und deshalb legen wir Wert darauf, dass es dieses gestufte Verfahren gibt."
Wie geht es dann weiter?
"Uns war wichtig in der gematik, dass es keinen Zeitplan gibt, der einfach gesagt wird, nach drei Monaten kommt das und nach sechs Monaten das. Sondern wir wollten es abhängig machen von den positiven Ergebnissen. Das ist ja der Sinn eines Testes, eines kontrollierten Ausrollens. Wie geht es also konkret weiter? Nach diesen beiden Test-KVen, die werden ihre Erfahrungen machen, dieses kontrollierte Ausrollen, und danach soll es nach drei Monaten einen Break geben. Und dann sollen die Ergebnisse bewertet werden, in der gematik bewertet und beschlossen werden. Im positiven Fall wird gesagt: Ja, es ist soweit, dieser Test, diese Ergebnisse in den beiden KVen haben gezeigt, es geht. Und dann soll ein Beschluss gefasst werden, dass in die nächsten KVen, 4,6,7,8 KVen, sollen dann in die nächste Phase des Ausrollens kommen. Wir gehen davon aus, dass nach diesen beiden Erfahrungen in diesen beiden ersten KVen das Produkt so ausgereift ist, dass es ausgerollt werden kann. Und wichtig ist uns auch, während dieser Zeit des kontrollierten Ausrollens gibt es noch keine Verpflichtung, das eRezept einzusetzen."
Wie wird dieser Pilot-Testlauf begleitet?
"Da sind wir froh, dass die KVen sich bereiterklärt haben, das mit zunächst mal Pilotpraxen, Pilotanwendern zu testen. Wir haben ja jetzt noch Zeit. Dieser Test wird ja erst ab 1.9. starten. Die KVen sind derzeit in der Überlegungsphase, wie sie dieses Ausrollen organisieren wollen. Und sie haben sich auch bereit erklärt, dass sie selbst in den KVen Hotlines schalten, so dass sie diese Arztpraxen auch bei Fragen, technischen Fragen begleiten können. Und diese KVen haben die Möglichkeit, das ist auch ganz wichtig, auf der technischen Ebene auch eine spezielle Hotline bei der gematik zu nutzen, anzurufen, damit sie schnell auch technische Probleme, die da vielleicht noch auftreten, organisatorische Fragen auch mit der gematik schnell abstimmen können. Insofern sind aus unserer Sicht die Voraussetzungen gegeben, dass wir wirklich mit den Praxen einen echten Testlauf, ein echtes Ausrollen machen können. Und wichtig ist auch, dass ab 1.9. alle Apotheken bundesweit ich sage mal eRezept-ready sein sollen. Das heißt, man kann ja nie sagen, dass beispielsweise wenn in Schleswig-Holstein eine Arztpraxis ein eRezept ausstellt, dann kann der Patient ja theoretisch auch nach Hamburg gehen und dort das Rezept einlösen. Also muss sichergestellt sein, dass alle Apotheken im Bundesgebiet dann eRezepte einlösen können. Das ist auch zugesagt worden."
Was müssen Praxen in den Start-Regionen jetzt wissen?
"Also da geht es im Wesentlichen darum, dass die KVen auf diese Region zugehen werden, auf die Ärzte. Wer Interesse hat, sollte sich durchaus dann auch mal melden bei seiner KV. Aber die KVen haben eine eine Test-Konzeption vor, die jetzt gerade entwickelt wird. Und insofern wer Interesse hat, kann sich durchaus bei seiner KV melden. Aber im Prinzip werden die beiden KVen diese Test-Konzepte zunächst einmal selbst aufstellen und dann war der Gedanke auch, das peu à peu auszuweiten, sodass es nicht nur ein paar wenige Test-Praxen sind, die das strukturiert ausrollen. Und die Idee ist ja, dass in diesen Pilotprojekten, dass die diese Praxen komplett ihre eRezepte oder alle Rezepte als eRezept ausstellen. So, und das wird dann auch ausgerollt werden. Und idealerweise findet man auch sehr viele Anwender, die da bereit sind, das zu tun, sodass man am Ende dieser ersten Phase sehr gut sagen kann, es läuft in der Praxis und es läuft auch wirklich in den Praxen selbst."
Was können Praxen außerhalb der beiden Start-Regionen tun?
"Also es ist natürlich möglich, dass jeder, jede Praxis jetzt, wenn die technischen Voraussetzungen da sind, sich auch schon mit in diesen, nicht in den Test, aber in die Anwendung begibt. Das ist wohl technisch möglich und ich würde auch empfehlen, dass sich alle Praxen, die noch nicht die technischen Voraussetzungen haben, relativ schnell mit ihren Praxis- IT-Unterstützern oder Service-Partnern zusammensetzen und die Voraussetzungen schaffen."
Wie schätzen Sie die Bereitschaft der Praxen ein, auf das eRezept umzustellen?
"Zurzeit ist das aus unserer Sicht ein sehr gemischtes Bild. Viele Ärzte sagen okay, das kommt, das kann auch durchaus eine Erleichterung sein. Sinnvolle Digitalisierung. Aber wir haben so viele Meldungen gehört, dass es noch nicht klappt, dass es technische Schwierigkeiten gibt. Deshalb zögere ich noch. Warte noch. Selbst wenn ich schon die technischen Voraussetzungen habe oder haben könnte. Deshalb sind wir unsicher, inwieweit sich da die Bereitschaft jetzt zeigt. Und deshalb wollen wir, dass dieses kontrollierte Ausrollen allen die Sicherheit gibt, es funktioniert technisch. Ihr könnt jetzt diese Dinge übernehmen und es klappt dann. Und was uns noch Sorge bereitet, ist, dass es einen hohen Informationsbedarf gibt, nicht nur bei den Praxen, sondern bei allen Beteiligten, insbesondere bei den Patienten. Die sind ja gewohnt, ein Rezept zu bekommen. Sie kennen den Ausdruck, sie wissen, was da draufsteht und jetzt bekommen sie eben gar nichts bzw. sie bekommen einen Ausdruck, quasi als eine Quittung. Oder wenn sie ein Smartphone haben, das nutzen wollen, müssen Sie die App sich runterladen und sie müssen auch eine NFC-fähige entsprechende Versichertenkarte 2.0 haben, um damit sich zu authentifizieren und damit mit ihrem Smartphone in den Server gehen zu können und sich das Rezept anzusehen, was ihr Arzt Ihnen ausgestellt hat. Da ist ein hoher Informationsbedarf und da erwarten wir auch, dass auch die Krankenkassen ihre Versicherten ausreichend informieren. Denn die Arztpraxen können und sollen nicht diesen Aufwand treiben, die Patienten da im Detail darüber aufzuklären."
Wie bewerten Sie den Weg bis zu diesem neuen Rollout-Konzept?
"Ich hoffe, dass alle Beteiligten daraus gelernt haben. Es war so, dass es aus meiner Sicht übereilt eingeführt worden ist oder eingeführt werden sollte. Gerade bei beim eRezept, ist ja die größte Massenanwendung, da waren die bisherigen technischen Voraussetzungen und organisatorischen und auch die Schulung und die Information der Beteiligten nicht ausreichend. Und wir zumindest waren immer der Auffassung, es muss ausreichend getestet werden. Wir haben auch ein Konzept in der gematik eingebracht, wie man gestuft Digital-Projekte einführen kann. Wir orientieren uns daran an der Vorgabe des Normenkontrollrat. Die haben einen Vorschlag gemacht, wie man digitale Projekte einführen kann in der öffentlichen Verwaltung oder auch in dem Bereich. Das ist ein guter Vorschlag. Die Gematik prüft das jetzt, wie weit das umgesetzt werden kann. Und was auch vorgesehen ist in Zukunft, dass es feste, ich nenne sie mal Test-Regionen geben soll mit entsprechenden Beteiligten. Das sind Arztpraxen, Zahnarztpraxen, alle Beteiligten, Apotheken, aber auch Krankenhäuser. Wenn da neue Anwendung kommt, dass man feste Regionen hat, die man dann einbeziehen kann und da muss man trotzdem in jedem Fall wieder ein entsprechendes Test-Konzept machen. Und wir legen Wert darauf, dass das mit uns als Gesellschafter und gerade mit uns als KBV, als Vertreter der Praxen, dass das im Detail besprochen wird und dass wir dem auch zustimmen, dass wir nicht überstimmt werden, denn sonst wäre dieses Projekt, wenn wir nicht diese Kurve jetzt noch gerade gekriegt hätten, vor die Wand gefahren."
Tests zum elektronischen Rezept sind bald abgeschlossen. Nun muss die neue Anwendung in die Praxen kommen. Die KBV hat sich dabei für einen gestuften Rollout eingesetzt, um abzusichern, dass die Massenanwendung eRezept wirklich störungsfrei läuft. Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV, erklärt, was nun genau passieren soll und wie sich Ärztinnen und Ärzte darauf vorbereiten können.