„Das Maß ist voll“
Kürzlich trafen sich Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu einer Sondersitzung in Berlin. Der Vorstand der KBV übte scharfe Kritik an der Gesundheitspolitik der Bundesregierung. Vor allem das geplante Ende der Neupatientenregelung sorgt bei der Ärzteschaft für Unmut.
„Das Maß ist voll“, mit deutlichen Worten kritisierte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen den Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach. Die Ärzteschaft habe mittlerweile genug von immer neuen Zumutungen wie der steigenden Arbeitsbelastung, den explodierenden Kosten, dem regelmäßigen Ärger mit der TI und der ausufernden Bürokratie.
Die geplante Streichung der Neupatientenregelung sei ein massiver Vertrauensbruch, da der Gesundheitsminister zuvor versprochen habe, auf Einschränkungen der Versorgung zu verzichten. „Wenn die Praxisinhaber nicht mehr planen können, weil es keine Zuverlässigkeit mehr gibt, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die Versorgung“, erklärte Gassen und warnte, dass viele Praxen bald nicht mehr in der Lage seien, ihre Behandlungsangebote aufrechtzuerhalten. Lauterbach selbst habe für die Einführung der Neupatientenregelung geworben, die jetzige Kehrtwende sei „unverständlich.“
Gassen nahm auch den GKV-Spitzenverband ins Visier und warf ihm vor, sich „pathologisch“ zu weigern, die Leistungen für die Versicherten angemessen zu bezahlen. Eine Nullrunde sei kein akzeptables Angebot. Zwischen 2017 und 2020 seien die Kosten in den Praxen um durchschnittlich 13 Prozent gestiegen, hauptsächlich aufgrund gerechtfertigter Gehaltssteigerungen beim Personal. Bei weiter steigenden Kosten müssten viele Praxen am Personal sparen, was eine Verschlechterung der Versorgung zur Folge hätte.
Der Artikel vom Ärztenachrichtendienst vom 9. September 2022