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Die Kassenärztliche Bundesvereinigung in der Presse

Kriedel: „Die Politik muss der Selbstverwaltung mehr Freiraum geben“

Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), spricht im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt über die Stärkung der Selbstverwaltung und die Probleme der Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Nach Jahrzehnten im KV-System tritt Kriedel bei der kommenden KBV-Vorstandswahl nicht mehr an. In dieser Zeit habe sich einiges gewandelt, erzählt er: „Die größte Änderung, die ich in den 42 Jahren empfunden habe, ist, dass die Selbstverwaltung massiv zurückgefahren wurde. Sowohl was die ärztliche Selbstverwaltung und ihre Kompetenzen betrifft als auch in den letzten Jahren die gemeinsame Selbstverwaltung mit den Krankenkassen.“ Gerade viele jüngere Mediziner seien sich der Wichtigkeit der Selbstverwaltung nicht mehr ausreichend bewusst.

Um das KV System für die Zukunft zu stärken, seien zwei Punkte entscheidend: „Erstens muss die Politik der Selbstverwaltung mehr Freiraum geben. Wenn jetzt die Landesbehörden sogar noch die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse absegnen sollen, wie ich höre, dann geht der Zug eindeutig in die falsche Richtung. Das Zweite ist, wir müssen aktiv über die KVen mehr Service anbieten. Der Arzt führt nach seinen Vorstellungen seine Praxis, aber gerade bei Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) können wir gut unterstützen. Sei es bei Fragen zum Anschluss der TI oder zu Fragen der Sicherheit.“

Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist für Kriedel in der Vergangenheit viel schiefgelaufen: „Jens Spahn hat einfach gesagt, alles was analog ist – Beispiel Formulare – wird jetzt digitalisiert. Das ist der falsche Weg. Das Potenzial der Digitalisierung liegt woanders.“ Die Politik habe es versäumt, ausreichend auf die Anwenderinnen und Anwender in den Praxen zu hören. Bisher sei es nicht gelungen, bürokratische Prozesse durch Digitalisierung zu vereinfachen.

In Zukunft müsse pragmatischer gedacht werden: „Ich denke, man sollte viel mehr Augenmerk auf die Prozessanalyse legen. Wir neigen in Deutschland dazu, immer die 100-Prozent-Umsetzung zu erreichen. Zielführender wäre es, wenn man den sinnvollen Dingen Vorrang gibt, also diejenigen Sachen priorisiert, die einen starken Nutzen haben. Man hat dagegen ein recht gut funktionierendes analoges System genommen und ihm eine Digitalisierung ohne Strategie übergestülpt, ohne zu schauen, wo ist es sinnvoll und wo nicht.“

Das Interview im Deutschen Ärzteblatt vom 24. Februar 2023