Statements des KBV-Vorstands zum Kampagnenstart 116117
Statements des KBV-Vorstands
Statement Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
ich begrüße Sie zum Auftakt unserer neuen Kampagne zur Bewerbung der Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117. Die neue Sprechweise „Elf6 Elf7" ist übrigens schon eine der ersten Neuerungen, auf die ich gleich noch näher eingehen werde.
Die 116117 ist die bundesweite Rufnummer für den Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Dieser versorgt Patienten in dringenden, aber nicht lebensbedrohlichen Fällen dann, wenn die Praxen geschlossen sind – also nach 18 Uhr, mittwochsnachmittags und am Wochenende. Die Nummer ist für den Nutzer kostenfrei, egal ob er oder sie vom Festnetz zu Hause oder unterwegs vom Handy anruft.
Warum machen wir jetzt eine Kampagne?
Die aktuelle Versichertenbefragung der KBV hat gezeigt, dass von über 5.600 Befragten immerhin 37 Prozent den ärztlichen Bereitschaftsdienst und seine Nummer kennen – oder meinen, sie zu kennen. Denn von diesen 37 Prozent wiederum konnte nur gut die Hälfte die Nummer auch tatsächlich richtig aufsagen. Zwar ist die Bekanntheit im Vergleich zu den Vorjahresbefragungen kontinuierlich gestiegen, doch wir wollen schnell mehr erreichen. An diesem Ziel arbeiten die niedergelassenen Ärzte und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) nicht erst seit heute, sondern schon seit einigen Jahren. Bereits im Jahr 2012 haben wir die Nummer 116117 bundesweit eingeführt. Davor gab es mehr als 1.000 verschiedene Telefonnummern in Deutschland für den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Rufnummern waren dabei nicht nur von Region zu Region unterschiedlich. Weil die Dienste im Turnusverfahren besetzt werden, wechselten die Nummern auch oft, je nach aktueller Zuständigkeit. Diese Unübersichtlichkeit war sicherlich ein Grund dafür, dass der ärztliche Bereitschaftsdienst vielen Bürgern kaum bekannt war. Und bis man die aktuelle Nummer rausgefunden hatte, war man im Zweifelsfall dann doch schneller ins Krankenhaus gefahren – ein Phänomen, dass trotz der einheitlichen Nummer bis heute zu beobachten ist. Zwar ist die Nummer deutschlandweit etabliert und auch der Service dahinter ist bekannter geworden. Im vergangenen Jahr haben bereits über sieben Millionen Menschen, Tendenz steigend, die Nummer gewählt. Doch immer noch gehen 42 Prozent der Bürgerinnen und Bürger auch mit Bagatellen ins Krankenhaus, wenn sie nachts oder am Wochenende ärztliche Hilfe benötigen. Auch das ist ein Ergebnis unserer aktuellen Versichertenbefragung. Demnach alarmiert außerdem fast jeder Vierte, genau gesagt 23 Prozent von 5.650 Befragten, den Rettungsdienst unter der Nummer 112. Das wird zurecht beklagt und muss aufhören. Nur 26 Prozent wenden sich an den ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Derzeit arbeitet die Ärzteschaft, aber auch der Gesetzgeber daran, die Notfallversorgung zu reformieren, damit die Menschen nicht mehr mit Bagatellerkrankungen in die Klinik gehen. Das Angebot des Bereitschaftsdienstes ist längst da, die KVen haben den Auftrag, diesen sicherzustellen – und das tun wir! Jetzt geht es darum, die Bürgerinnen und Bürger noch besser zu informieren und ihnen zu helfen, den Dienst auch zu nutzen, um die Krankenhäuser von diesen Fällen zu entlasten.
Als Partner für die kreative Umsetzung unserer Kampagne haben wir die Agentur Serviceplan gewonnen. Sie hat die Idee mit den Elfen entwickelt. Sie wissen ja: Elfen, das sind diese Fabelwesen, die helfen und Gutes tun. Zugegeben, unsere Elfen sind von ihrem Erscheinungsbild her eher unkonventionell – doch genau dadurch bleiben sie im Gedächtnis. Sie verkörpern im wahrsten Sinne des Wortes die Nummer 116117. Ein bisschen kurios, ein bisschen skurril und dadurch buchstäblich „merk"würdig: Das sind die Elfen, die helfen.
Genau darum geht es: Den Bürgerinnen und Bürgern bewusst zu machen, dass es Hilfe gibt, wenn sie gesundheitliche Probleme haben, es sich aber nicht um einen Notfall handelt. Und dass jeder diese Hilfe selbst aktivieren kann, entweder mit einem Anruf oder ein paar Klicks auf die Website www.116117.de. Im kommenden Jahr wird es außerdem eine App für das Smartphone geben.
Heute starten die Elfen ihre Mission: In TV- und Online-Spots, auf Plakaten und Anzeigen werden sie den Menschen begegnen und für die Nummer werben. Selbstverständlich werden auch die Arztpraxen bundesweit mit Werbe- und Informationsmaterial bestückt, zusätzlich gehen die Elfen auf Tour in die Regionen. Die Nummer bekommt außerdem ein neues Logo, mit dem zum Beispiel die Autos des fahrenden Bereitschaftsdienstes hier in Berlin kenntlich gemacht werden. So skurril und merkwürdig die Elfen wirken Seite 3 / KBV / PK zum Start der Kampagne für die Nummer 116117 / Dr. Andreas Gassen / Berlin, 30. August 2019
mögen – das Angebot, für das sie die Werbetrommel rühren, ist hochseriös. Wir werden, wenn man uns lässt, ein System aufbauen, das den rat- und hilfesuchenden Patientinnen und Patienten 24/7 ein Angebot via App, Webseite und Telefon anbietet, über dass sie mittels einer medizinischen Ersteinschätzung in die richtige Versorgungsebene geleitet werden. Ein solches Angebot für 82 Millionen Menschen gibt es bislang nirgendwo sonst. Durch die geplante Verlinkung mit dem Rettungsdienst – der 112 – ist gewährleistet, dass auch bedrohliche Notfälle in der geeigneten Struktur landen. Dies kann die Partnerpraxis, der ärztliche Hausbesuch, die Notfallpraxis beziehungsweise ein Integriertes Notfallzentrum oder bei schweren Fällen die Notaufnahme eines geeigneten Krankenhauses sein. Damit werden wir die Versorgung weiter verbessern und durch bessere Ressourcennutzung langfristig sichern können.
Bundesgesundheitsminister Spahn begrüßt unsere Initiative, auch er sieht, was wir tun und dass wir etwas tun. Wir werden auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf unsere Kampagne und den Service dahinter aufmerksam machen. Denn: Die 116117 hilft auch bei „Wahlkampfreden-Halsweh" und bei „akuten Brexit-Kopfschmerzen".
Vielen Dank
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Statement Stellvertretender Vorstandsvorsitzender Dr. Stephan Hofmeister
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
das erste Ziel der Kampagne ist, die Nummer 116117 in der breiten Öffentlichkeit bekannter zu machen, wie es Herr Dr. Gassen eben skizziert hat. Das ist aber nur der erste Schritt. Im kommenden Jahr werden wir die 116117 zu einer umfassenden Serviceplattform ausbauen. Dann wird die Nummer nicht nur zu den sprechstundenfreien Zeiten erreichbar sein, sondern rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr.
Was heißt Serviceplattform?
Zuerst werden ab dem 1. Januar 2020 auch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) unter der Nummer 116117 erreichbar sein. Schon heute können Patienten, die eine entsprechende Überweisung haben, sich dort freie Termine bei einem Facharzt, Hausarzt oder Psychotherapeuten vermitteln lassen. Seit Mai helfen die Terminservicestellen den Versicherten auch dabei, einen Haus- oder Kinder- und Jugendarzt zu finden, der sie dauerhaft betreut. Bislang gibt es in jeder KV eine eigene Rufnummer für die Terminvermittlung, ab Januar brauchen sich die Bürgerinnen und Bürger auch dafür nur noch die 116117 zu merken.
Ebenfalls ab Januar wird außerdem eine direkte telefonische Weiterleitung von der 116117an den Rettungsdienst unter der Nummer 112 möglich sein. Anrufer mit lebensbedrohlichen Symptomen werden sofort an diesen weitergeleitet, sodass die Kollegen vom Rettungsdienst direkt übernehmen können.
Die Entscheidung, welcher Art der Versorgung der Anrufer bedarf, erfolgt durch medizinisch qualifiziertes Personal, welches dabei von einer Software unterstützt wird. Das Verfahren ist standardisiert und wird zurzeit bereits von einigen KVen erprobt. Die Erfahrungen sind bislang sehr positiv, nicht nur die Disponenten in den Callcentern, auch die Anrufenden fühlen sich durch die strukturierte Abfrage gut betreut. So wird der Patient gezielt nach Symptomen, Krankheitsbildern, Vorerkrankungen und Risikofaktoren gefragt. Das Ganze dauert wenige Minuten und mündet in eine konkrete Empfehlung zum Zeitpunkt der Behandlung und zum Ort der Versorgung: Kann der Patient selbst in eine Bereitschaftsdienstpraxis gehen, reicht ein Arztbesuch am nächsten Tag, muss er ins Krankenhaus oder sollte gleich der Rettungsdienst verständigt werden? Die letztendliche Entscheidung trifft immer der Mensch am Telefon, aber das System kann ihn dabei leiten. Die Software, die wir dafür nutzen werden, heißt SmED, das ist die Abkürzung für „strukturierte medizinischen Ersteinschätzung in Deutschland". Sie basiert auf einem bereits etablierten Verfahren in der Schweiz, das für die hiesigen Verhältnisse angepasst wurde.
SmED wird aber nicht nur dem Fachpersonal in den Callcentern der 116117 zur Verfügung stehen. Auch in Bereitschaftspraxen und den zukünftigen Integrierten Notfallzentren, die in der Notfallversorgung als erste Anlaufstelle für Hilfesuchende dienen sollen, kann und wird SmED perspektivisch zum Einsatz kommen. Im Lauf des kommenden Jahres werden wir das Ganze außerdem als App für Smartphones herausbringen. Zunächst wird die App die klassische Vermittlungsfunktion übernehmen, also Termine buchen und den ärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren. Bis Ende 2020 soll jedoch der Nutzer selbst, quasi vom Sofa aus, eine Selbsteinschätzung des eigenen Gesundheitszustandes vornehmen können und daraufhin eine Empfehlung für die weitere Betreuung erhalten. Hierfür werden wir die Software SmED weiterentwickeln, damit sie auch für den medizinischen Laien funktioniert.
Ganz wichtig dabei ist: Die App stellt keine Diagnosen. Sie gibt lediglich eine Einschätzung der Dringlichkeit und eine Empfehlung über den Ort der Behandlung. Wir nutzen Algorithmen, um Patienten in die für sie geeignete Versorgungsstufe zu leiten – nicht mehr und nicht weniger. Künstliche Intelligenz kann und wird den Arzt oder die Ärztin nicht ersetzen. Wir sehen aber ein großes Potenzial darin, über ein solches Tool zur Ersteinschätzung und damit Steuerung die knappe Ressource Arzt dort einzusetzen, wo sie wirklich gebraucht wird. Das ist versorgungspolitisch ein wichtiger Schritt. Wir als KV-System zeigen hiermit: Wir nehmen den Sicherstellungsauftrag ernst! Den Versicherten bieten wir mit der Versorgungsplattform 116117 eine Orientierungshilfe und einen echten Mehrwert in Sachen Service. Die 116117 ist die Nummer in Deutschland für den direkten Draht zum Arzt.
Das Ganze ist nichts, was man mal eben so aus dem Ärmel schüttelt. Auch für das KV-System ist das eine Herkulesaufgabe, an der wir dementsprechend auch nicht erst seit gestern arbeiten. Vieles war bereits in Seite 3 / KBV / Start der Kampagne für die Bereitschaftsdienstnummer 116117 / Dr. Stephan Hofmeister / Berlin, 30. August 2019
der Pipeline, aber wir mussten noch warten, bis der Gesetzgeber die notwendigen Rahmenvorgaben gemacht hat. Das ist mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz im Mai geschehen, sodass wir danach mit der Umsetzung beginnen konnten. Ich hoffe sehr, dass der Gesetzgeber mit einem der folgenden Gesetze, etwa zur Notfallversorgung, das Rad nicht wieder zurückdreht.
Vielen Dank
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Statement Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
wir sind dabei, ein Versorgungsportal für Deutschland zu schaffen, eine Plattform über die alle Menschen auf der Suche nach dem richtigen medizinischen Ansprechpartner qualifizierte und schnelle Unterstützung erhalten. Die Elf6 Elf7 ist sozusagen das Tor zu all diesen Angeboten, die meine Kollegen soeben beschrieben haben. Dahinter steht ein enormer technischer, organisatorischer und personeller Aufwand. Den stemmen vor allen die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre Teams in den Regionen. Dieser reicht von der IT-seitigen Umsetzung bis hin zu den Beschäftigten in den Callcentern, ohne die das Ganze nicht zu leisten wäre. Auch das möchte ich an dieser Stelle einmal betonen und mich schon jetzt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort für ihren Einsatz bedanken. Darüber hinaus möchte ich auf einen weiteren entscheidenden Fakt hinweisen: Die Kosten für all das werden allein von den Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten getragen!
Die Nummer Elf6 Elf7 soll über 80 Millionen Menschen rund um die Uhr, an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung stehen. Das Ersteinschätzungsverfahren via SmED wird erstmalig für eine so große Zahl von Hilfesuchenden angewendet. Denn die Elf6 Elf7 ist für alle Bürgerinnen und Bürger da. Hinzu kommt die Entwicklung der App für die Elf6 Elf7 durch die KV Telematik. Mit ihr können die Nutzer selbst eingeben, wie dringend sie einen Termin benötigen. Die App vermittelt grundsätzlich die gleichen Angebote, wie es ein Anruf im Callcenter tun würde.
Denn heute bereits gilt: Der Patient, der sofort ärztliche Hilfe benötigt, kann einen Notruf an die 112 absetzen. Derjenige, der meint, heute noch einen Arzt zu benötigen, kann direkt eine Bereitschaftspraxis suchen. Und derjenige, bei dem die Behandlung etwas Zeit hat, kann die Arztsuche oder den regulären Terminservice nutzen. Für Letzteres wird die App mit unserem eTerminservice verbunden sein. Den eTerminservice nutzen die Praxen via KV-Connect, um direkt aus der Praxisverwaltungssoftware heraus freie Termine an die Terminservicestellen zu melden. Über die App können sich dann Patienten selbst freie Termine anzeigen lassen und direkt buchen.
Im Lauf des kommenden Jahres kann auch aus der App heraus SmED von den Hilfesuchenden selbst aktiviert werden – im Sinne einer „digitalen Ersteinschätzung".
All das funktioniert nur, weil KBV, KVen, Ärzte und Psychotherapeuten an einem Strang ziehen. Wie Herr Dr. Hofmeister eben schon sagte: Wir tun das alles nicht, weil der Gesetzgeber uns dazu nötigt. Das Planen und Entwickeln hat schon lange bevor das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in Kraft trat begonnen. So ist zum Beispiel das Vorhaben, die Elf6 Elf7 direkt mit der 112 zu verknüpfen, proaktiv vom KV-System vorangetrieben worden. Natürlich bedurfte es für bestimmte Kompetenzen der Unterstützung des Gesetzgebers, die wir mit dem TSVG bekommen haben. Ich finde dieses Projekt zeigt ganz hervorragend, wozu die ärztliche Selbstverwaltung fähig ist, wenn man ihr die Chance lässt, Versorgung aktiv zu gestalten.
Vielen Dank
(Es gilt das gesprochene Wort.)