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Europäischer Gerichtshof: Patienten müssen erste Kopie der Patientenakte nicht bezahlen

02.11.2023 - Patienten haben gegenüber Ärzten Anspruch auf eine kostenlose Erstkopie ihrer Patientenakte. Das hat der Europäische Gerichtshof am vergangenen Donnerstag entschieden und damit der nationalen gesetzlichen Regelung in Deutschland widersprochen.

Das Gericht verweist in seinem Urteil auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die das Recht auf eine unentgeltliche Erstkopie impliziere. Ärzte dürfen demzufolge nur dann eine Gebühr verlangen, wenn der Patient schon einmal eine Kopie kostenlos erhalten hat. Dies gilt auch für Psychotherapeuten.

Patienten brauchen Antrag nicht begründen

Zudem stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass Patientinnen und Patienten nicht verpflichtet sind, ihren Antrag zu begründen.

Und: Die in der Patientenakte befindlichen Dokumente müssen unter Umständen vollständig kopiert werden. Denn das Gericht hat auch entschieden, dass der Patient in der Lage sein muss, die Daten zu verstehen und deren Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Hierfür kann eine vollständige Kopie erforderlich sein. Dies schließt Informationen wie Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen ein.

DSGVO: Auskunftsrecht nicht durch wirtschaftliche Interessen einschränken

Hintergrund der Entscheidung ist die Klage eines Patienten gegen eine Zahnärztin auf eine kostenlose Kopie seiner Patientenakte, um Haftungsansprüche wegen vermeintlicher Behandlungsfehler geltend zu machen.

Die Zahnärztin wollte ihm den Aufwand – wie nach deutschem Recht vorgesehen – berechnen (siehe § 630g Abs. 2 Satz 2 BGB). Die DSGVO sieht dagegen vor, dass Auskünfte unentgeltlich erfolgen müssen (siehe Art. 12 Abs. 5). Nur bei offenkundig unbegründeten oder wiederholten Anträgen ist ein angemessenes Entgelt zulässig.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor, um dessen Auslegung der DSGVO zu berücksichtigen. Dieser hat entschieden, dass nationale Regelungen zum Schutz wirtschaftlicher Interessen von Verantwortlichen nicht im Einklang mit der DSGVO stehen, wenn dadurch Kosten für die Auskunft entstehen. Demnach dürfen den Patientinnen und Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie ihrer Patientenakte auferlegt werden.

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