Geschichte der Vertragsärzte
Die Gründung der Kassenärztlichen Vereinigungen geht auf Arbeitskämpfe und Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen bis zum Jahr 1931 zurück. Im Dezember werden die Körperschaften per Notverordnung geschaffen. Die Ärzte waren durch Einzelverträge in die Abhängigkeit der Kassen geraten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen als Vertragspartner stärkten ihre Position wieder.
Nach der Machtergreifung schalten die Nationalsozialisten die gerade gegründeten Kassenärztlichen Vereinigungen gleich. 1955 werden sie mit dem Gesetz über das Kassenarztrecht wieder eingeführt und auch die KBV gegründet.
Zur Aufarbeitung der Rolle der Ärzteschaft im Nationalsozialismus beteiligt sich die KBV an dem Herbert-Lewin-Preis, den sie zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und der Bundesärztekammer (BÄK) ausschreibt.
Das Forschungsprojekt "KBV übernimmt Verantwortung", in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Samuel Salzborn von der Technischen Universität Berlin, beschäftigt sich mit der Rolle der Vorgängerorganisation der KBV, der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD), während der Zeit des Nazi-Terrors zwischen 1933 und 1945.
Außerdem hat die KBV in der Vergangenheit die Gedenk- und Bildungsstätte am Ort der ehemaligen Führerschule der deutschen Ärzteschaft in Alt Rehse gefördert. Seit dem Jahr 2001 engagiert sich der Verein „Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse“ vor Ort, um die Geschichte der Führerschule historisch-kritisch aufzuarbeiten, unter anderem durch eine Ausstellung. Ziel des Vereins ist, Alt Rehse als Lern- und Gedenkort zu etablieren.
Daten zur Geschichte
1883
Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
In der Anfangsphase der Krankenversicherung – d.h. seit Inkrafttreten der Bismarckschen Sozialgesetzgebung - sind die Rechtsbeziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen gekennzeichnet durch den Abschluss von Einzeldienstverträgen zwischen den einzelnen Krankenkassen und abschlussbereiten Ärzten.
Wegen der großen Zahl verfügbarer Ärzte können die Krankenkassen die Vertragsbedingungen vorgeben. Dadurch geraten die Ärzte zunehmend in eine finanzielle Abhängigkeit von den Krankenkassen.
1900
Zusammenschluss der Ärzte
Um ihre Rechtsposition gegenüber den Krankenkassen wirksamer wahrnehmen zu können, schließen sich die Ärzte zum Verband der Ärzte Deutschlands (Leipziger Verband, später Hartmannbund) zusammen. Streikähnliche Auseinandersetzungen zwischen Ärzten und Krankenkassen sind die Folge. Die Versorgung der sozialversicherten Bevölkerung ist gefährdet.
1911
Umfassende Änderung des Krankenversicherungsgesetzes durch Reichsversicherungsordnung (RVO)
Das Krankenversicherungsgesetz gilt zum Zeitpunkt der Diskussion über die RVO als besonders reformbedürftig. Die gravierendsten Mängel:
- Die Anzahl der Versicherten ist nach wie vor zu gering. Tatsächlich ist eine erheblich größere Bevölkerungsgruppe in ihrer Existenz bedroht.
- Die große Zahl an unterschiedlich organisierten Kassen führt zu Unüberschaubarkeit, Rechtsunsicherheit und zu teilweise eingeschränkter Leistungsfähigkeit.
1913
Berliner Abkommen
Mit dem Berliner Abkommen von 1913 und mit der Verordnung über Ärzte und Krankenkassen von 1923 soll auf der Grundlage des Einzelvertragssystems der soziale Friede gesichert werden. Die in die Abhängigkeit der Krankenkassen geratenen Ärzte hatten versucht, durch Kampfaktionen mehr Rechte zu erhalten.
1930
Notverordnung
Die Wirtschaftliche Rezession verhindert, dass die neuen Rechtsverordnungen die Situation der Ärzte im Verhältnis zu den Krankenkassen verbessern. Die Notverordnung vom 26.07.1930 berechtigt die Krankenkassen erneut, Einzelverträge mit Ärzten ihrer Wahl abzuschließen.
1931
Errichtung Kassenärztlicher Vereinigungen als Körperschaften öffentlichen Rechts
Erneut einsetzende Arbeitskämpfe führen zur Notverordnung vom 8. Dezember 1931 und damit zur Errichtung der Kassenärztlichen Vereinigungen als Vertragspartner der Krankenkassen. Die Wahrung der Rechte der Kassenärzte gegenüber den Krankenkassen wird somit auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts verlagert. Zuvor wurde diese Wahrung der Rechte vom Hartmannbund (Leipziger Verband) als zivilrechtliche Vereinigung mit freiwilliger Mitgliedschaft wahrgenommen.
1933
Diskriminierung vieler Ärzte im Nationalsozialismus
Auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtengesetzes am 7. April 1933 werden die jüdischen und politisch missliebigen Ärzte im öffentlichen Gesundheitswesen aus ihren Stellungen vertrieben. Über eine Verordnung vom 22. April 1933 zur Zulassung von Kassenärzten wird das Ausschlussverfahren von den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen und dem Vorstand des Hartmannbundes abgewickelt.
1934
Auflösung der Selbstverwaltung
Weitgehender Verlust der Autonomie der Selbstverwaltung während des Nationalsozialismus Die Krankenversicherung wird durch das Gesetz über den Aufbau der Sozialversicherung von 1934 und der anschließenden Aufbaugesetzgebung völlig umstrukturiert. Die von Arbeitgebern und Versicherten verantwortlich getragene Selbstverwaltung wird aufgelöst und durch das sogenannte Führerprinzip ersetzt.
1949
Neuordnung der gesetzlichen Krankenversicherung
Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland beginnt auch eine Neuordnung der gesetzlichen Krankenversicherung. Durch das Selbstverwaltungsgesetz von 1951 wird die Voraussetzung für die Wiederherstellung der Selbstverwaltung geschaffen. Die Einführung des Grundgesetzes bedingte auch eine von den Verwaltungsbehörden getrennte Sozialgerichtsbarkeit.
1955
Errichtung der KBV auf Bundesebene
Mit dem Gesetz über das Kassenarztrecht von 1955 werden die Beziehungen zwischen den Ärzten und den Krankenkassen neu geregelt.
Ein
wesentlicher Punkt ist die Wiedergeburt der Kassenärztlichen
Vereinigungen und die Bildung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV) als Selbstverwaltungskörperschaften auf demokratischer Basis.
1969
Einführung der Lohnfortzahlung
1969 erfolgt die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten bei
der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die Pflicht zur Fortzahlung des
Arbeitsentgeltes wird weitestgehend auf den Arbeitgeber übertragen.
Das
Lohnfortzahlungsgesetz zeigt die Änderungen der ursprünglichen
Zielsetzung der gesetzlichen Krankenversicherung: Die vorsorgende und
heilende Medizin gewinnt an Bedeutung, die Sicherung von
krankheitsbedingten Einkommensverlusten tritt dagegen mehr und mehr in
den Hintergrund.
1971
Vorsorge wird Aufgabe der GKV
Die Vorsorge wird mit der Einführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten eine Pflichtaufgabe der Krankenkassen
1977
Kostendämpfung
In den Jahren 1977 bis 1983 werden eine Reihe von Kostendämpfungsgesetzen verabschiedet. Einschränkungen im Leistungsrecht, wie Begrenzung der Kosten bei Zahnersatz, Ausschluss bestimmter Arznei-, Verband- und Heilmittel und Selbstbeteiligung an diesen Mitteln sowie bei Brillen, Fahrtkosten, Krankenhauspflege und Kuren, sollen dem Kostenanstieg im Gesundheitswesen entgegenwirken. Insgesamt betrachtet haben diese Gesetze aber nur mäßigen Erfolg. Eine grundlegende Strukturreform im Gesundheitswesen erscheint den Sozialpolitikern unvermeidlich.
1989
Gesundheitsreformgesetz (GRG)
Der zuständige Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung verspricht ein Gesetz, das die Tradition der unwirksamen, rein kostenorientierten Maßnahmen beenden soll. Die Vertragsärzteschaft kritisiert den Gesetzentwurf heftig. Wesentlicher Kritikpunkt: Die zentralen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung, wie die Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner, der überproportionale Ausgabenzuwachs im Krankenhaus, die Überkapazitäten im Gesundheitswesen, bleiben ungelöst - stattdessen werden wiederum die Versicherten und die Ärzteschaft zusätzlich belastet.
1991
In jedem der fünf neuen Bundesländer besteht eine Kassenärztliche Vereinigung
in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Grundlagen für die Angleichung des Systems der ambulanten ärztlichen Versorgung sind durch den Einigungsvertrag vom 31.08.1990 und das Einigungsvertragsgesetz vom 23.10.1990 geschaffen worden.1993
Gesundheitsstrukturgesetz (GSG)
Das Gesetz soll die finanziellen Grundlagen der gesetzlichen
Krankenversicherung sichern und eine Beitragssatzstabilität
gewährleisten.
Maßnahmen sind u.a.:
- Begrenzung der Zahl der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte und Zahnärzte
- erweiterte Zuzahlungsregelung für Versicherte
- Erstellung einer Liste verordnungsfähiger Arzneimittel
- Grundlohnanbindung und damit Budgetierung der Ausgaben für Krankenhausleistungen, für stationäre Kuren, für die ambulante ärztliche und zahnärztliche Versorgung, für Arzneimittel und für die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen
1997
Erstes und zweites GKV-Neuordnungsgesetz und Beitragsentlastungsgesetz
Die beiden vorangegangenen Reformgesetze (GRG und GSG) reichten nicht aus, um die zunehmend größeren Probleme der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen. Das neue Gesetzespaket stellt die Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenkassen in den Vordergrund. Eine streng begrenzte Liberalisierung soll den Wettbewerb unter den Krankenkassen fördern und der Selbstverwaltung Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens an die Hand geben.
1998
Die psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten werden zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, wenn sie die Approbation nach § 12 des Psychotherapeutengesetzes und den Fachkundenachweis für Verfahren der Richtlinienpsychotherapie besitzen und in das Arztregister eingetragen sind.
1999
GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz (GKV-SolG)
Eine ganze Reihe von gerade erst eingeführten Neuregelungen wird wieder zurückgenommen, so erfolgt beispielsweise
- die Streichung von Elementen der privaten Krankenversicherung wie Selbstbehalt, Beitragsrückzahlung, erweiterte Leistungen
- die Einschränkung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in seinen Möglichkeiten
- der Wegfall der Erleichterung der Durchführung von Modellvorhaben
2000
GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000
Mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 erfolgt ein weiterer Eingriff in die GKV. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Krankenkassenbeiträge weiter steigen. In den Jahren 2001 und 2002 folgen zahlreiche Gesetze, wie zum Beispiel:
27.07.2001
Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte
10.12.2001
Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung
23.03.2002
Zehntes Gesetz zur Änderung des Fünften Sozialgesetzbuch (10. SGB VÄnderungsgesetz)
01.01.2002
Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz
01.03.2002
Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz
22.04.2002
Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser
01.07.2002
Rechtsverordnung zu den Disease-Management-Programmen (DMPs) für Diabetes- und Brustkrebspatienten
2004
GKV-Modernisierungsgesetz (GMG)
Die weiterhin bestehende Defizitsituation der gesetzlichen Krankenversicherung, die eine ernsthafte Gefährdung des Sozialsystems in Deutschland darstellt, veranlasste die Bundesregierung zu einer weiteren Reform des Gesundheitswesens. Mit dem GMG das in wesentlichen Teilen am 01.01.2004 in Kraft getreten ist, wurden die gesetzlichen Krankenkassen durch eine Vielzahl von Maßnahmen finanziell entlastet und erhielten gleichzeitig eine erweiterte Vertragskompetenz. Im Gegenzug beschränkt das Gesetz die Verwaltungsausgaben der Kassen für den Zeitraum 2004 bis 2007.
2005
Das GMG schreibt mit Wirkung ab 01.01.2005 die Fusion der bisher jeweils vier Kassenärztlichen Vereinigungen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz vor (§ 77 SGB V). Damit besteht dann mit Ausnahme des Landes Nordrhein-Westfalen in jedem Bundesland eine KV. Die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenäztlichen Bundesvereinigung arbeiten seit 2005 hauptamtlich.
2006
Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG)
Das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) tritt vor dem Hintergrund steigender Arzneimittelausgaben (16 Prozent im Jahr 2005) am 1. Mai in Kraft. Ziel ist es, die Arzneimittelausgaben der GKV nachhaltig zu senken. Zu dem Gesetzespaket gehören unter anderem die Absenkung von Festbeträgen für bestimmte Arzneimittel, das Einfrieren des Herstellerabgabepreises sowie ein Herstellerabschlag und eine Bonus-Malus-Regelung für Vertragsärzte. Zudem unterliegen elektronische Arzneimittelprogramme der Zertifizierungspflicht.
2007
Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG)
Zum 1. Januar tritt das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) in Kraft. Das VÄndG sieht eine Flexibilisierung der vertragsärztlichen Versorgung vor, durch die dem drohenden Ärztemangel begegnet werden kann.Zu den zahlreichen neuen Möglichkeiten für Vertragsärzte zählen beispielsweise Teilzulassungen, die Anstellung von Ärzten in Vertragsarztpraxen, eine KV-übergreifende Tätigkeit und sowie die Gründung überörtlicher Beraufsausübungsgemeinschaften.
Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG)
Mit dem „Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-WSG), das am 1. April in Kraft tritt, beschließt die Große Koalition weitreichende strukturelle Veränderungen für die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Die wesentlichen Bausteine des GKV-WSG sind:
- Reform der Finanzierungsordnung der GKV
(ab 1. Januar 2009 einheitlicher Beitragssatz in der GKV, Start des Gesundheitsfonds inklusive morbiditätsorientiertem Risikostrukturausgleich) - Ausweitung von Kassenleistungen (u. a. Einführung eines Rechtsanspruches auf Rehabilitation sowie auf häusliche Krankenpflege in Wohngemeinschaften und ähnlichen neuen Wohnformen; Impfungen und Kuren werden Pflichtleistungen der Krankenkassen; Verbesserung der Palliativmedizin; Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Behandlung von Menschen, die an schweren oder seltenen Krankheiten leiden)
- Einführung neuer Tarife bei den gesetzlichen und privaten Krankenkassen
(Einführung von Wahltarifen in der GKV; Einführung eines Basistarifs in der PKV) - Organisatorische Veränderungen in der GKV
(GKV-Spitzenverband übernimmt zum 1. Juli 2008 die gesetzlichen Aufgaben der bisherigen Spitzenverbände der Krankenkassen, Ausweitung der Insolvenzmöglichkeit auf alle Krankenkassen - näheres soll im noch nicht beschlossenen "Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen
Krankenversicherung" (GKV-OrgWG) geregelt werden) - Ärztliche Vergütung
(ab 1. Januar 2009 neue Gebührenordnung mit festen Euro-Preisen, Einführung einer mobiditätsbedingten Gesamtvergütung)
2008
Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
Das Gesetz ist am 1. Juli 2008 in Kraft getreten und beinhaltet folgende Änderungen:
- Versicherte: Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung ist um 0,25
Prozent auf 1,95 Prozent gestiegen. Für Versicherte ohne Kinder wurde
der Beitrag auf 2,2 Prozent erhöht. Ambulante Sachleistungen, stationäre
Leistungen und das Pflegegeld werden schrittweise angehoben. Ab 2015
werden dazu Geld- und Sachleistungen alle drei Jahre angepasst. Zudem
können Beschäftigte eine sechsmonatige Pflegezeit beantragen und sich
kurzzeitig zur Pflege von Angehörigen von der Arbeit freistellen lassen
(bis zu zehn Arbeitstage).
Eine weitere Neuerung ist, dass Leistungen von Pflegeeinrichtungen beispielsweise im Internet veröffentlicht werden. Dies soll die Transparenz erhöhen und einen Vergleich zwischen den Einrichtungen ermöglichen.
Die Vorversicherungszeit für Patienten wurde von fünf auf zwei Jahre verkürzt. Ebenfalls ist die Wartezeit für die erstmalige Inanspruchnahme der Verhinderungs- beziehungsweise Urlaubspflege auf sechs Monate vermindert (zuvor waren es zwölf Monate). Außerdem soll es finanzielle Anreize für Pflegeeinrichtungen geben, um die Prävention und Rehabilitation zu stärken. - Ärzte: Die Zusammenarbeit zwischen Pflegeeinrichtungen und den Leistungen der Niedergelassenen soll gestärkt werden. Hierzu werden Pflegeeinrichtungen stärker in den medizinischen Versorgungsbereich einbezogen.
- Krankenkassen: Sie sollen Qualitätssicherung und Qualitätsprüfungen in den Pflegeeinrichtungen ausbauen, beispielsweise durch verpflichtende Expertenstandards und Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung.
2009
Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG)
- Ärzte: Im Zuge des Gesetzes ist die Altersgrenze für die Dauer der Berufsausübung als Vertragsarzt weggefallen. Zuvor lag sie bei 68 Jahren. Zudem werden die bestehenden Regelungen zur Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung mit dem Ziel geändert, Nachwuchsärzte für eine allgemeinmedizinische Weiterbildung zu gewinnen.
- Krankenkassen: Ab 1. Januar 2010 sind alle gesetzlichen
Krankenkassen insolvenzfähig. Mit dem Gesetz wurden aber auch Regelungen
verabschiedet, die eine Insolvenz der Kassen vermeiden sollen. Dies
können beispielsweise Finanzhilfen innerhalb der Krankenkassen oder
Fusionen sein.
Zudem verpflichten sich Krankenkassen, über einen Zeitraum von bis zu 40 Jahren eine ausreichende Finanzierung für ihre Pensionslasten zu bilden.
Krankenkassen, deren Beitragsausgaben überdurchschnittlich hoch sind, können für eine begrenzte Zeit zusätzliche Mittel aus dem Gesundheitsfonds beziehen.
Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – KHRG)
Das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz tritt am 25. März 2009 in Kraft. Es beinhaltet strukturelle Reformen der Investitionsfinanzierung und zielt auf eine Verbesserung der Situation des Pflegepersonals in Krankenhäusern.
- Krankenhäuser: Ein Orientierungswert, der die Kostenstrukturen der Krankenhäuser berücksichtigt, wird eingeführt und die Anbindung an die Grundlohnsumme abgelöst. Der Gesetzgeber verlängert die Konvergenzphase zur Umstellung von krankenhausindividuellen Fallwerten auf einen einheitlichen Landesbasisfallwert um ein Jahr. Zwischen 2010 und 2014 gilt ein Bundesbasisfallwert-Korridor. Ein Förderprogramm zur Einstellung zusätzlichen Pflegepersonals wird eingeführt. Die Krankenhausinvestitionen der Länder werden auf leistungsbezogene Investitionspauschalen umgestellt.
- Krankenkassen: Die Krankenkassen finanzieren neue Pflegestellen in Krankenhäusern zu 90 Prozent. Die Obergrenze hierfür beträgt 0,48 Prozent des Gesamtbudgets eines Krankenhauses. Für die Prüfung einer Krankenhausrechnung, bei der die Krankenkassen keinen Abrechnungsfehler feststellen, müssen sie dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale von 300 Euro statt wie bisher 100 Euro zahlen.
2010
Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften (GKV-Änderungsgesetz)
Das Gesetz ist am 30. Juli 2010 in Kraft getreten. Die wichtigsten Änderungen sind:
- Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung (HzV): Der Gesetzgeber verlängert die Ausnahmeregelung zur Weitergabe von Informationen gesetzlich Krankenversicherter an private Abrechnungsstellen um ein Jahr bis zum 30. Juni 2011.
- Arzneimittelausgaben: Der Herstellerrabatt für Arzneimittel ohne Festbetrag steigt zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2013 von sechs auf 16 Prozent. Zeitgleich gilt ein Preismoratorium, wonach die Hersteller keine Preiserhöhungen vornehmen dürfen. Die Bundesregierung (CDU/FDP) erhofft sich dadurch Einsparungen auf Seiten der Krankenkassen von jährlich 1,15 Milliarden Euro.
2011
Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz – AMNOG)
Das AMNOG ist am 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Zentraler
Bestandteil des Gesetzes ist die Einführung einer frühen Nutzenbewertung
für neu zugelassene Arzneimittel. Seitdem müssen Hersteller bereits bei
der Markteinführung nachweisen, dass ihr Medikament einen Zusatznutzen
aufweist. Entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss auf Grundlage
eingereichter Dossiers, dass der Zusatznutzen erwiesen ist, müssen
GKV-Spitzenverband und Hersteller innerhalb von sechs Monaten einen
Erstattungsbetrag vereinbaren, den die Hersteller den Krankenkassen als
Rabatt auf den Abgabepreis gewähren müssen. Können sich die
Verhandlungspartner nicht einigen, setzt eine Schiedskommission den
Erstattungsbetrag fest.
Arzneimittel, bei denen kein Zusatznutzen
festgestellt wird, werden innerhalb von sechs Monaten nach ihrer
Markteinführung in das Festbetragssystem überführt. Festbeträge sind
Höchstpreise für bestimmte Arzneimittel, welche zu Lasten der
Krankenkassen verordnet werden dürfen.
Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzierungsgesetz – GKV-FinG)
Das GKV-FinG ist zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten und soll die Finanzierung der GKV sicherstellen. Zu den wichtigsten Maßnahmen des Gesetzes zählen:
- Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes von 14,9 auf 15,5 Prozent. Arbeitnehmer zahlen anteilig 8,2 Prozentpunkte, während der Arbeitgeberanteil auf 7,3 Prozent gesetzlich festgeschrieben wurde.
- Krankenkassen dürfen Zusatzbeiträge einkommensunabhängig und in der Höhe un-begrenzt erheben. Einführung eines Sozialausgleiches.
- Vereinfachter Wechsel in die private Krankenversicherung.
- Einmaliger Steuerzuschuss für den Gesundheitsfonds in Höhe von zwei Milliarden Euro.
- Die Verwaltungskosten der Krankenkassen dürfen bis 31.12.2012 im Vergleich zu 2010 nicht steigen.
- Begrenzung der Ausgabenzuwächse im ambulanten und stationären Sektor
2012
Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – VStG)
Das VStG ist zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Es wird auch Landärztegesetz genannt, da es als Ziel hat, dem Ärztemangel in ländlichen Regionen entgegenzuwirken. Damit ist es das erste Gesetz, das den (drohenden) Mangel an Ärzten und Psychotherapeuten in Deutschland anerkennt und Abstand von einer reinen Kostendämpfung nimmt. Die Politik stärkt mit den Maßnahmen die Rolle der ärztlichen Selbstverwaltung und erwartet eigenverantwortliche Lösungen für Probleme.
2013
Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung
Das Beitragsschuldengesetz
- sieht eine Entschuldung für Nichtversicherte in bestimmten Fällen vor
- legt einen niedrigeren Zinssatz für Beitragsschulden in der gesetzlichen Krankenversicherung sowohl für gesetzlich als auch privat Versicherte fest (1% statt zuvor 5%)
- führt einen Notlagentarif in der Privaten Krankenversicherung ein
Nichtversicherten, die sich bis zum 21. Dezember 2013 bei einer Krankenkasse meldeten, wurden ihre Schulden erlassen. Nichtversicherte, die sich nach diesem Termin bei einer Krankenkassen meldeten, erhielten eine Ermäßigung auf die nachzuzahlenden Beträge. Nachrangig Versicherte erhielten einen teilweisen Schuldenerlass auf ihre Beitragsschulden (Stichtag 21.12.2013).
2014
GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz
Ziel des Gesetzgebers war es, durch die nachhaltige Festigung der Finanzstruktur der Gesetzlichen Krankenversicherung die Versorgung weiter sicherzustellen, ohne die Versicherten unnötig zu belasten. Es sollten ein fairer Wettbewerb und die Stärkung der Versorgungsqualität erreicht werden.
Wichtige Punkte sind unter anderem:
- Festlegung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 14,6 Prozent, von denen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils die Hälfte übernehmen
- Förderung des Wettbewerbs durch kassenindividuelle Zusatzbeiträge
- Sonderkündigungsrecht erlaubt Versicherten, ihre Krankenkasse zu wechseln wenn diese einen Zusatzbeitrag erhebt oder diesen erhöht
- Bürokratieabbau, z.B. durch Angleichen der Beitragssätze an das Einkommen und Abzug der kassenindividuellen Zusatzbeiträge vom Gehalt oder der Rente
- Gründung eines Instituts zur Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen
- Finanzielle Entlastung für Hebammen
- Erhöhung der Fördersumme für die Unabhängige Patientenberatung auf 9 Mio. Euro
2015
GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG
Mit dem GKV-VSG soll die flächendeckende ambulante medizinische Versorgung gesichert und der Zugang von Patientinnen und Patienten zu ärztlichen Leistungen verbessert werden. Außerdem will der Gesetzgeber erreichen, dass innovative Versorgungsformen stärker gefördert werden.
Das Gesetz sieht unter anderem vor:
- Schaffung von Anreizen für eine Niederlassung auch in unterversorgten Regionen mithilfe eines Strukturförderfonds
- Weiterentwicklung von Gründungsmöglichkeiten medizinischer Versorgungszentren
- Mit einem Innovationsfonds werden neue Versorgungsformen sowie die Versorgungsforschung im Gesundheitswesen gefördert
- Erhöhung der Weiterbildungsstellen von 5.000 auf 7.500 jährlich und Angleichung der Vergütung an das Krankenhaus
- Einrichtung von Terminservicestellen durch die KVen
- Überarbeitung der Psychotherapierichtlinie
- Organisation eines Krankenhaus-Entlassmanagements und Ausbau strukturierter Behandlungsprogramme
E-Health-Gesetz
Das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) soll die Einführung einer digitalen Informations- und Kommunikationsstruktur im Gesundheitswesen vorantreiben. Ziel ist es, Informations- und Kommunikationstechnologie in der sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung zu etablieren und dadurch die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung weiter zu verbessern.
Praxen, Krankenhäuser, Apotheken und weitere Akteure des Gesundheitssystems sollen durch eine Telematikinfrastruktur (TI) miteinander vernetzt sein. Anwendungsmöglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und der Telemedizin sollen weiter ausgebaut werden.
2017
GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz
Das Gesetz zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung der Spitzenor-ganisationen in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Stärkung der über sie geführten Aufsicht (GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz) soll die Kontrollrechte des Bundesgesundheitsministeriums gegenüber der KBV stärken. Ziel ist es, durch erweiterte Aufsichtsmaßnahmen und veränderte Wahlmodalitäten zu kontrollieren, dass die Selbstverwaltung ihren staatlichen Auftrag der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung erfüllt.
- Der Vorstand der KBV muss aus drei Mitglieder bestehen. Die Wahl des dritten Vorstandes ist nicht länger eine freiwillige Option, sondern per Gesetz verpflichtend. Das dritte Vorstandsmitglied darf keinem der Versorgungsbereiche der gesetzlichen Krankenversicherung angehören.
- Der Vorstandsvorsitzende der KBV muss mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Sollte er diese nicht erreichen, genügt eine einfache Mehrheit erst im dritten Wahlgang.
- Alle Sitzungen der KBV-Vertreterversammlung müssen öffentlich stattfinden. Ein nicht öffentlicher Teil ist gestattet unter der Bedingung, dass es „berechtigte Interessen Einzelner zu berücksichtigen gibt, zum Beispiel in Personalfragen.
- Der/die Vorsitzende der Vertreterversammlung kann mit einfacher Mehrheit abgewählt werden, sofern in derselben Sitzung ein neuer Vorsitz gewählt wird.
- Das BMG kann künftig bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ dafür, dass die „ordnungsgemäße Verwaltung der Körperschaft“ gefährdet ist, eine so genannte „entsandte Person für besondere Aufgaben“ in der KBV einsetzen.
Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen - PsychVVG
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) soll die sektorenübergreifende Versorgung psychisch kranker Menschen stärken.
Ziel ist es, mit Mindestpersonalvorgaben, leistungsorientierter Vergütung und einem neuen ambulanten Versorgungsmodell die Qualität der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu steigern.