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Gassen: „Die Gesundheitspolitik bietet aus Sicht der ambulanten Versorgung wenig Anlass zur Zuversicht“

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, hat auf der heutigen Vertreterversammlung in Essen die aktuelle Gesundheitspolitik kritisiert und bessere Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung gefordert.

Essen, 15. Mai 2023 –„Die Gesundheitspolitik und insbesondere das Bundesgesundheitsministerium erinnert derzeit teilweise an eine Art Bergwerk“, sagte Gassen mit Blick auf den Veranstaltungsort in der Ruhrmetropole. Hier werde – oft auch quasi „unter Tage“, nämlich ohne Einblicksmöglichkeit von außen – an einer Vielzahl von Gesetzen gearbeitet. Ungefähr 15 Gesetzesvorhaben seien derzeit in der Pipeline. „Doch zu Tage gefördert wird bislang wenig: Fristen werden immer wieder verlängert, Schwerpunkte verschoben“, so Gassen.

Der KBV‐Chef warnte vor einer neuen „Architektur“ für die medizinische Versorgung, die zum Beispiel aus sogenannten Gesundheitskiosken, Primärversorgungszentren und Community Health Nurses bestehe. Tausende Ärztinnen und Ärzte würden in den kommenden Jahren ihre Praxis aufgeben, viele davon ohne eine Nachfolge zu finden. Gassen: „Und welche Lösung schlägt die Politik vor? Sie will minderwertige Ersatzangebote schaffen, um die Lücken zu füllen. Wenn die Menschen keinen Termin in einer Arztpraxis mehr bekommen, gehen sie zum Kiosk. Klingt das nach einem sinnvollen Fortschritt?“

„Die Gesundheitspolitik bietet aus Sicht der ambulanten Versorgung derzeit wenig Anlass zur Zuversicht“, konstatierte Gassen. „Was wir brauchen, sind Rahmenbedingungen, die es den Kolleginnen und Kollegen in den Praxen erlauben, ohne überbordende Regulierung die Menschen in diesem Land zu versorgen und dafür eine ihrer Arbeitsleistung und Ausbildung entsprechende Vergütung zu bekommen.“

Als ein Beispiel für die Defizite der aktuellen Gesundheitspolitik führte Gassen die geplante Krankenhausreform an, die kein rein stationäres Thema sei. „Sie wird zwangsläufig und in vielfältiger Art Auswirkungen auf den ambulanten Bereich haben, bis hin zur ärztlichen Weiterbildung.“ Gassen plädierte dafür, stationäre Ressourcen stärker zu bündeln: „Damit reden wir automatisch von einer stärkeren Ambulantisierung von Leistungen.“ Nicht zuletzt die Pandemie habe hier ein großes Potenzial deutlich gemacht. „Zwischen 2020 und 2022 sind die Fallzahlen im somatischen Bereich um 14 Prozentpunkte gesunken, bei den sogenannten ambulant‐sensitiven Behandlungen sind es rund 22 Prozentpunkte. Das kann nur die Vertragsärzteschaft auffangen und das tun wir ja auch. In dem Fall müssen wir aber über eine echte und nicht über eine Pseudo Ambulantisierung nach Gusto einiger wirtschaftlich taumelnder Krankenhäuser reden“, so Gassen. Unabdingbare Voraussetzung hierfür seien gleiche Bedingungen und eine gleiche auskömmliche Finanzierung für Praxen und Krankenhäuser.

Gassen begrüßte, dass die Unionsfraktion derzeit intern an einem Antrag arbeite, der eine Gebühr für diejenigen Menschen vorsehe, die eigenständig ohne vorherige medizinische Ersteinschätzung eine Notaufnahme aufsuchen. Gassen: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Es gehe nicht darum, jemanden zu bestrafen oder Patienten von den Notaufnahmen fernzuhalten. Viele wüssten einfach nicht, wohin sie sich bei welchem gesundheitlichen Problem wenden können. „Eine telefonische Ersteinschätzung hilft und steuert Patientinnen und Patienten dorthin, wo sie zielgerichtet behandelt werden können“, sagte der Vorstandsvorsitzende. „Wer sich aber bewusst nicht an die Empfehlungen hält und trotz besseren Wissens unbedingt in die Notaufnahme will, sollte eine Gebühr entrichten müssen. Denn er blockiert knappe medizinische Ressourcen für echte Notfälle.“

„Unser ambulantes System in Deutschland ist – noch – enorm leistungsfähig. Nicht zuletzt, weil es sich in der überwiegenden Zahl um inhabergeführte Praxen handelt, in denen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit ihren Teams mit viel Herzblut für die Menschen in diesem Land täglich da sind“, so Gassen. Das werde wie selbstverständlich hingenommen, eine politisch Anerkennung bleibe in der Regel aus, monierte der KBV‐Chef. Er betonte, dass die niedergelassene Ärzte‐ und Psychotherapeutenschaft Innovationen nicht entgegenstünde, sondern sie mit Nachdruck einfordere, sofern sie der Versorgung nützen.

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