Logo-KBV

KBV Hauptnavigationen:

Sie befinden sich:

 

Videos

Videointerview mit KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister

Warum trifft sich die VV am 18. August zu einer Krisensitzung?

Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV:
Die Situation in der ambulanten Versorgung spitzt sich Jahr für Jahr weiter zu. Die Kolleginnen und Kollegen sind zunehmend frustriert durch die Rahmenbedingungen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, aber auch die Bürokratie, die dysfunktionale digitale Infrastruktur, der sehr schwere Personalmarkt und die ja, man muss fast schon sagen, Ignoranz der Politik gegenüber den Leistungen der ambulanten ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen mit ihren Teams.

Wie sehen das die Niedergelassenen?

Ja, man merkt ja an dem langsamen Wegsterben der Praxen, an der Überalterung, die in den meisten Bereichen inzwischen eingetreten ist, an der Schwierigkeit, Nachwuchs zu gewinnen für die Selbstständigkeit, die aber erforderlich ist, um die Struktur aufrechtzuerhalten, dass einfach der Frust sehr, sehr tief sitzt. Die Arbeit an sich ist nach wie vor schön, das zeigen alle Umfragen. Die Versorgung von Patienten und Patienten ist das, was man machen möchte als Ärztin oder Arzt, als Psychotherapeut. Dazu braucht man aber stabile Rahmenbedingungen und man braucht vor allem Zeit am Patient und nicht Zeit für die Bürokratie und fürs System.

Was ist das Kern-Problem?

Wir haben insbesondere in Corona gemerkt, dass die Struktur der ambulanten Praxen eigentlich der Retter war für die Republik. Kann man gar nicht anders formulieren. Die Massenimpfungen waren erst möglich, als die Praxen mit eingestiegen sind. Und das hat eigentlich die Bevölkerung wirklich gerettet vor dem Corona-Virus. Und der Dank dafür waren ein paar laue Zeilen, ein paar warme Worte von Politikern und das ist es schon gewesen. Und die Struktur ist inzwischen so verkrustet und die gesetzliche Rahmenbedingungen wird immer schlimmer. Man würgt uns immer mehr ab, als ob man sagt, schwimmt und bindet Hände und Füße und wirft uns dann ins Wasser. Und das merken die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen. Und das ist eben sehr schwer zu sehen, wo da ein Ausweg ist. Und die Politik ignoriert das komplett. Um die Krankenhäuser wird jedes, fast jeden Tag kann man lesen und hören, was mit den Krankenhäusern alles gemacht werden muss, wie sie Hilfe brauchen, wie sie da ein paar Milliarden brauchen, dort ein paar Milliarden brauchen. Und über die ambulante Versorgung spricht überhaupt niemand, geschweige denn erkennt auf politischer Seite, dass dort wirklich energisch nachgebessert werden muss.

Welches Signal wollen Sie der Politik senden?

Ja, wir wollen erst mal jetzt ein Zeichen setzen, dass es hier nicht um das Klagen einiger Funktionäre in Berlin geht, sondern dass hier wirklich die gesamte ärztliche und psychotherapeutische Selbstverwaltung, die gewählten Vertreter aus den einzelnen Bundesländern, aus den KVen, 17 KVen und die Berufsverbände unisono zusammenstehen und sagen: So kann das nicht weitergehen, hier muss dringend was passieren, hier muss auf Gesetzgeber-Seite auf politischer Seite anerkannt werden, wie wichtig die ambulante Versorgung ist. Und die muss gestärkt werden.

Und wenn alles so weiterläuft?

Also es wird einfach ein langsames Sterben sein, so wie es schon begonnen hat. Das wird nach und nach einfach ausbrennen. Nicht nur im ländlichen Raum, auch im städtischen Raum. Und der Nachwuchs wird einfach nicht einsteigen, wird sich gegebenenfalls irgendwo noch anstellen lassen. Dazu braucht es aber jemand, der diese Institutionen auch betreibt. Und wir wissen alle von großen MVZ-Ketten, dass das einfach nicht die gleiche Versorgung ist und deshalb wird es ein schleichender Prozess, aber ein zunehmender dynamischer Prozess sein und am Ende wird eben eine katastrophal lückenhafte ärztliche und psychotherapeutische Versorgung stehen.

Wird es bei dieser einen Krisensitzung bleiben?

Die Veranstaltung ist ein Auftakt, das ist ein allererstes Zeichen nicht das Ende eines Prozesses, sondern der Beginn des Prozesses, mit dem wir zeigen wollen, es ist tatsächlich jetzt schon fünf nach zwölf und es muss jetzt was passieren. Und wir gehen davon aus, dass es sehr konkrete Forderungen am Ende der Veranstaltung geben wird, auch an die Politik, an den Gesetzgeber, an das Ministerium, was wir erwarten, was getan werden muss, was die ersten wichtigen, dringenden Schritte sind. Und dieser Prozess wird sich im Herbst fortsetzen, abhängig davon, wie reagiert wird und wie ernst die Situation genommen wird, ob erkannt wird, dass es fünf nach zwölf ist.

Der Praxenkollaps droht, wenn die Politik nicht schnell gegensteuert. "Es ist bereits fünf nach zwölf und es muss jetzt etwas passieren", mahnt Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.