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Stellungnahme der KBV zum Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Genehmigungsvorbehaltes bei der Verordnung von Cannabis

Allgemeine Anmerkungen

Mit den vorliegenden zwei Gesetzentwürfen verschiedener Abgeordneter sowie den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke soll der bislang in § 31 Abs. 6 SGB V bestehende Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse vor der erstmaligen Verordnung von Cannabis-Präparaten gestrichen werden.

Begründet werden die vorgesehenen Änderungen u. a. mit dem hiermit verbundenen bürokratischen Aufwand, einer hierdurch verzögerten oder verhinderten Behandlung des Patienten mit diesen Präparaten und der Therapiefreiheit der Ärzte.

Zur Kommentierung

Zu den einzelnen Regelungsinhalten wird im Folgenden kommentiert.
Aus Gründen der Lesbarkeit wurde meist die männliche Form gewählt. Hiermit ist selbstverständlich auch die weibliche Form gemeint.

Regelungsinhalte im Einzelnen - Änderung des § 31 Abs.6 SGB V

1. Gesetzentwurf verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
2. Gesetzentwurf verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Die Linke

In dem Gesetzentwurf zur Änderung des fünften Buches Sozialgesetzbuch – Erleichterte Verordnung von medizinischem Cannabis für Patientinnen und Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung (Nr. 1) ist folgende Regelung vorgesehen:

§ 31 Abs. 6 Satz 2 und 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – […] wird aufgehoben.

In dem Gesetzentwurf zur Änderung des fünften Buches Sozialgesetzbuch – Aufhebung des Genehmigungs-vorbehaltes der Krankenkassen bei der Verordnung von Cannabis (Nr. 2) ist folgende Regelung vorgesehen:

§ 31 Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – […] wird wie folgt geändert:

  1. Satz 1 wird wie folgt geändert:
    1. Nummer 1 wird aufgehoben
    2. Die Nummernbezeichnung „2.“ wird gestrichen
  1. Die Sätze 2 und 3 werden aufgehoben

Aufgrund des übereinstimmenden Ziels, der Aufhebung des Genehmigungsvorbehaltes der Krankenkassen bei der Verordnung von Cannabis, gibt die KBV nachfolgend gleichzeitig zu beiden Gesetzentwürfen eine Stellungnahme ab.

Bewertung

Die KBV lehnt die beiden Gesetzentwüfe zur Aufhebung des Genehmigungsvorbehaltes einer Therapie mit Cannabis durch die Krankenkassen ab und bezweifelt, dass die aufgezeigten Probleme hiermit abschließend gelöst werden können. Sie sieht außerdem andere vom Gesetzgeber im GSAV bereits vorgesehene Maßnahmen als geeigneter an, Lösungen herbeizuführen.

Die Therapiefreiheit des Arztes darf auch aus Sicht der KBV grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Bei der Behandlung mit medizinischem Cannabis handelt es sich jedoch nicht um eine allgemein anerkannte Therapie. Die Studienlage hierzu ist häufig unzureichend, die eingesetzten Präparate sind entweder nicht als Arzneimittel zugelassen (Cannabisblüten, Cannabisextrakt) oder werden außerhalb der zugelassenen Indikation eingesetzt. Eine Verordnung entsprechender Präparate wurde über die bestehende gesetzliche Regelung in § 31 Abs. 6 SGB V für bestimmte Patienten überhaupt erst ermöglicht. Insofern ist es aus Sicht der KBV sinnvoll und begründet, hier einen Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen vorzugeben.

Zu berücksichtigen hierbei ist außerdem, dass diese Regelung für den Vertragsarzt die Verordnungs-sicherheit erhöht und er sich nicht im Nachgang gegenüber den Krankenkassen in Wirtschaftlichkeits-prüfungen dafür rechtfertigen muss, entsprechende Präparate verordnet zu haben. Diese – im Falle des Wegfalls des Genehmigungsvorbehaltes – fehlende Verordnungssicherheit kann in der Praxis dazu führen, dass die Ziele der Gesetzgebungsvorschläge, mehr und leichtere Verordnungen von medizinischem Cannabis zu ermöglichen, nicht erreicht werden bzw. entsprechende Verordnungen sogar zurückgehen können.

Natürlich sollte über den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen die Behandlung eines Patienten nicht unnötig verzögert oder behindert werden. So ist die Forderung nachvollziehbar, dass beispielsweise bei einem – zur optimalen Einstellung des Patienten erforderlichen – Wechsel von einer Cannabissorte zu einer anderen keine erneute Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich ist. Die Bundesregierung hat hier jedoch bereits entsprechende Maßnahmen vorgesehen. Im Entwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sind entsprechende Klarstellungen und auch Neuregelungen zur besseren Versorgung der betroffenen Patienten enthalten. Danach ist im Falle einer als notwendig erachteten Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels innerhalb verschiedener getrockneter Cannabisblüten beziehungsweise innerhalb verschiedener Cannabisextrakte in jeweils standardisierter Qualität eine erneute Genehmigung der Verordnung nicht mehr notwendig, wodurch auch eine bürokratische Entlastung des Vertragsarztes erfolgt.

Zusätzlich wird auch die Versorgung von Patienten nach einem stationärem Aufenthalt verbessert. Hier ist im Entwurf zum GSAV vorgesehen, dass der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen für entsprechende Verordnungen weiter bestehen bleibt, aber die Frist zur Genehmigung im Sinne der Patienten auf drei Tage verkürzt und an die bei der Versorgung im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) angepasst wird.

Insofen sieht die KBV keine Notwendigkeit, den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen vor einer Behandlung mit Cannabis-Präparaten aus § 31 Abs. 6 SGB V zu streichen und befürchtet bei einer solchen Regelung sogar eher eine Verschlechterung der bisherigen Versorgungssituation. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich das Antragsverfahren – nach einigen Anlaufschwierigkeiten – mittlerweile eingespielt hat.