Versichertenbefragung 2020: Unter dem Eindruck der einsetzenden Pandemie
Grundsätzlich würde man ja sagen, etwas weniger Arztbesuche wäre gar nicht schlecht, weil wir immer angemahnt haben, dass oft auch unnötig zum Arzt gegangen wird. Man muss sicherlich das im Kontext von Covert sehen, und da wurden die Patienten auch ermahnt oder ermuntert, wenn es nicht so ganz dringend ist, doch eher zu Hause zu bleiben. Die 116117 hat ja im letzten Jahr schon deutlich im Bekanntheitsgrad zugelegt, wir haben sogar Veränderungen in der Inanspruchnahme des ärztlichen Notdienstes gesehen. Jetzt ist natürlich die Situation noch deutlich anders. Die 116117 ist in der Bekanntheit geradezu nach oben geschossen, allerdings weniger als die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienst oder die Termineservicestellen Nummer, sondern tatsächlich als Covid 19 Nummer. Es war eigentlich die einzige Nummer, die bundesweit zur Verfügung stand, in nennenswertem Umfängen auch genutzt wurde, weil viele öffentlich Gesundheitsdienste mit dem Anrufaufkommen, völlig überfordert waren. Und wir haben ja sogar erlebt, dass das Bundeskanzler mit der Nummer geworben hat, sofern die Bekanntheit sicherlich extrem groß die Nummer ist genutzt worden und hat uns auch sehr geholfen für einen Zweck, für den sie nie bestimmt war. Man kann also schon sagen, dass das System an sich die Feuerprobe bestanden hat. Und jetzt muss man das im Nachgang einfach mal sortieren, wenn das Thema Covid 19 in den Hintergrund tritt, inwieweit man das auch konservieren kann und die Bekanntheit der Nummer auch für die ärztlichen Bereitschaftsdienst Situationen oder Termineservicestelle im Gedächtnis bleibt? Ich bin da sehr zuversichtlich. Das Thema Wartezeiten ist für die Patienten kein Thema, es ist unverändert für einige Politiker unterschiedlicher Provenienz ein Thema, aber wir erleben mit jedem Jahr der Versicherten erfahren, dass sich die Wartezeiten gesetzlich und privat immer weiter annähern. Mitunter sind sie identisch, sodass völlig klar wird Es gibt keine Zwei-Klassen-Medizin im Sinne von Inanspruchnahme Möglichkeiten. Wir erleben einfach bei den Patienten sehr wohl im Bewusstsein, dass es insgesamt zu einer Verknappung der Ressource Arzt kommt und dass sowohl für privat als auch gesetzlich Versicherte. Ich finde aber auch bemerkenswert, dass nur eine Handvoll von Patienten, dass Wartezeiten relevant Relevantes für die Versorgung in Deutschland im Sinne der Gesundheit sieht, sondern eher den Ärztemangel als Problem adressiert. Acht von zehn haben für den Fall, dass sie Wartezeiten haben, kein Problem mit der Länge der Wartezeit. üBer 50 Prozent haben keine Wartezeit, weil sie direkt zum Arzt gehen können. Also, auch wenn es sicherlich für einen anderen Politiker schwierig wird, weil dieses liebgewonnene Thema irgendwann kein Thema mehr ist, muss man sagen, dass Wartezeit ein Thema ist wirklich keins, wo es sich lohnen würde, Energien rein zu stecken, um hier etwas zu verändern, weil wir befinden uns immer international in einem extrem kommoden Bereich, und der hat sich eher noch verbessert und vermeintliche Unterschiede zwischen privat und gesetzlich Versicherten sind praktisch zur Unkenntlichkeit verwischt. Die Ressource Arzt wird knapper, weil die Köpfe weniger werden, die in der Versorgung tätig sind, aber wir erleben einfach ein verändertes berufliches Leben der ÄrztInnen und Ärzte. Wir haben einen extrem hohen Anteil von weiblichen Kollegen, Tendenz steigend. Das ist sicherlich nicht der einzige Grund. Aber es ist sicherlich auch ein Grund, warum Teilzeittätigkeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine größere Rolle spielen und sich eins zu eins in der Zeit in der Arbeitszeit niederschlägt. Veränderung hin zum Angestelltendasein trägt dazu bei, wenn Sie davon ausgehen, dass der durchschnittliche Niedergelassene in der eigenen Praxis üblicherweise deutlich über 50 Stunden in der Woche am Patienten zubringt, dann braucht jeder nur sein persönliches Angestelltenverhältnis zu hinterfragen und weiß ungefähr, dass bei maximal 40 Stunden beim Angestellten Schluss ist und allein das gibt ja schon wieder, wie wir Arztzeit verlieren und Ressource Arzt verlieren. Wie man dem begegnen kann, da gibt es verschiedene Optionen. Sicherlich kann man schauen sind alle Arztbesuche notwendig. Kann man da Optimierungsbedarf identifizieren? Das wird sicherlich schwierig, weil wir ja nun gesehen, das ist nur begrenzt zu reduzieren. Moderne Technologie helfen nur begrenzt weiter, weil auch eine Videosprechstunde kostet Zeit. Dadurch wird die Minute ja nicht länger, insofern ist die Frage, Stärkung der Niederlassung in der eigenen Praxis sicherlich ein Thema. Man muss es attraktiv gestalten und sollte viele bürokratische Hindernisse versuchen abzubauen, nicht noch neue aufzubauen. Und vielleicht muss man tatsächlich über mehr Studienplätze nachdenken. Vielleicht muss man sogar ganz ketzerisch die Frage stellen, es gibt überall die Quote, vielleicht brauchen wir tatsächlich auch eine Quote für männliche Studenten, die ja, wie wir wissen, häufig im Numerus clausus etwas schlechter dastehen als ihre weiblichen Mitschüler und von daher zunehmend ins Hintertreffen bei der Vergabe von Studienplätzen geraten. Viele dieser Themen sind ja leider nicht durch die Ärzteschaft alleine abzudecken. Bürokratische Regelungen, Erfordernisse an vielen Stellen werden durch den Gesetzgeber und durch bürokratische Vorgaben diktiert. Natürlich müssen wir auch schauen, wie wir aus unserem eigenen Verständnis die jüngere Generation für den Beruf des Niedergelassenen begeistern können. Ich glaube, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn wir den hohen Stand der Versorgung erhalten wollen, der, gerade noch mal in Coronazeiten, wurde das nochmal deutlich, uns doch lieb und teuer ist und auch eine große Sicherheit für die Bevölkerung darstellt. Dann sollten wir uns hier anstrengend, dieses kostbare Gut zu erhalten. Es ist nicht selbstverständlich, das zeigt der Blick auch in andere Industrieländer, dass für die Gesamtbevölkerung 83 Millionen eine wohnortnahe Versorgung im Haus und im Bereich zur Verfügung steht. Will man das erhalten und ich plädiere intensiv dafür, dann muss man sich ja anstrengen und muss alle Wege versuchen, um das zu bewerkstelligen.
Die Antworten der mehr als 2.000 Befragten sind gewiss unter dem Eindruck der Berichte über „Lockdowns“ in anderen Ländern sowie die Diskussionen um ähnliche Maßnahmen hierzulande zu werten: Der Befragungszeitraum lag in der zweiten Märzhälfte. Dennoch lassen sich auch über die Pandemie hinaus wertvolle Erkenntnisse ableiten. Was die befragten Versicherten beispielsweise über Wartezeiten oder die 116117 zu sagen hatten, ordnet der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen ein.