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Stand 04.12.2020

Reden

Bericht von Dr. Andreas Gassen an die Vertreterversammlung

Online-Treffen der Mitglieder der KBV-Vertreterversammlung am 4. Dezember 2020

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist wieder, für manche überraschend, Winter und wir befinden uns, nicht ganz so überraschend, im zweiten Lockdown dieses Jahres, wenn auch noch in einer sogenannten Light-Version.

Frau Merkel sagte kurz vor der ersten Runde mit den Ländern im November, die „zweite Welle“ werde uns noch den ganzen Winter beschäftigen. Jetzt spricht die Kanzlerin von einer möglichen dritten Welle. Vielleicht ist es doch nicht so falsch, es so zu formulieren, wie wir es in unserem Positionspapier vom Oktober getan haben: Wir werden uns an ein Leben mit dem Virus gewöhnen müssen, versuchen es zu kontrollieren – zumindest bis ein Impfstoff da ist.

Man hat mittlerweile den Eindruck: Es gibt nur noch Corona.Internationale Hilfsorganisationen warnen, dass wegen der Corona-Maßnahmen bereits Rückschläge im Kampf gegen HIV/Aids, Tuberkulose, Kinderlähmung und andere Infektionskrankheiten zu verzeichnen sind.

Immer noch sterben jedes Jahr weltweit 30 bis 40 Millionen Menschen an den Folgen von Unterernährung. Auch hier gibt es eine Altersabhängigkeit, nur anders als bei Corona – es sterben vor allem die Kinder. Man würde sich in diesem Segment ein nur ansatzweise so engagiertes Vorgehen wünschen wie bei Corona. Sind das alles nur „Kollateralschäden“?

Doch wir müssen gar nicht so weit schauen, auch bei uns gibt es unerwünschte Nebenwirkungen. Eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK bestätigt die Befürchtung, dass viele Menschen trotz akuter Beschwerden sich nicht in die Praxen und Krankenhäuser getraut haben.

Wie groß das Ausmaß dieses Problems tatsächlich ist, werden wir wahrscheinlich erst im nächsten Jahr ganz ermessen können.

Es mutet fast schon zynisch an, wenn ein Ministerpräsident nach dem jüngsten Bund-Länder-Gipfel sagt: „Wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Todeszahlen sind aktuell so hoch, als würde jeden Tag ein Flugzeug abstürzen.“ Wohlgemerkt: Er redet hier nur von den Todeszahlen, die mit Covid-19 assoziiert sind. Wenn dann auch noch Äußerungen kommen wie die, dass jeder individuelle Tod durch Covid-19 verhindert werden müsse, dann sind Zweifel angebracht. Sie suggerieren, dass es möglich sei, jeden individuellen Tod zu verhindern.

Warum gibt die Politik dieses Ziel dann nicht auch bei anderen Krankheiten vor? Rund ein Drittel aller Sterbefälle in Deutschland sind auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen, rund ein Viertel auf Krebs. Das sind mehrere Flugzeugabstürze am Tag, um mal in diesem drastischen Bild zu bleiben. Gleiches gilt für andere Todesfälle. Schätzungsweise 30.000 Menschen sterben jedes Jahr durch Infektionen mit multiresistenten Keimen. Rund 10.000 Menschen begehen jedes Jahr Selbstmord.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es schon oft betont und tue es an dieser Stelle wieder: Schicksale können nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Jedes Leben ist einzigartig und kostbar. Aber es bedarf schon eines Blickes auf das ganze Bild, nicht nur auf einen Ausschnitt, um die Situation zu bewerten. Der Tunnelblick scheint mir eine der psychologischen Nebenwirkungen dieser Pandemie zu sein.

Ja, es gibt schwere und schwerste Fälle unter Covid-19-Erkrankten, und jeder einzelne davon ist tragisch und nicht wieder gut zu machen. Die Gefahr an Covid-19 schwer zu erkranken ist für alte Menschen rund 3.000 Mal höher als für junge Menschen.

Unsere Kolleginnen und Kollegen auf den Intensivstationen, die an der Belastungsgrenze arbeiten, sehen vor allem diese schweren Fälle. Für sie stellt sich Corona deshalb logischerweise anders dar als für die niedergelassenen Ärzte, welche die weniger schwer Erkrankten behandeln, die keiner Klinikeinweisung bedürfen. Auch ich habe in der Klinik ganz andere unfallchirurgische Schweregrade erlebt als in der Praxis.

Leichter erkrankt – im Sinne von nicht stationär behandelt – sind derzeit 93 Prozent der bekannten Infizierten. Die Zahl der Symptomlosen bleibt weiter unklar und ist wahrscheinlich erheblich. Intensivmedizinisch behandelt werden müssen derzeit etwa 1,5 Prozent. Mitte April waren es übrigens 4,4 Prozent.

Die Sterblichkeit an Corona betrug damals sieben Prozent. Aktuell sind wir bei einem Prozent Fallsterblichkeit. Das zeigt, dass wir das Virus mittlerweile besser verstehen und somit die Covid-19-Patienten besser behandeln können.

Langsam wird das Bild der Gesamt-Infektionshäufigkeit auch klarer – es ist wissenschaftlich unstrittig, dass die Infektionszahlen deutlich unterschätzt sind. Somit dürfte die Sterblichkeit noch deutlich niedriger liegen.

 Deshalb ist Corona trotzdem nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Für die schwer Erkrankten kann es lebensgefährlich werden. Deshalb ist es richtig, zu versuchen, die Zahl der Neuinfektionen nicht zu stark steigen zu lassen, da bei sehr hohen Infizierten-Zahlen auch die vergleichsweise niedrige Prozentzahl von 1,5 Prozent Intensivpflichtigen absolut gesehen dann doch sehr viele Betroffene bedeutet.

Natürlich wissen wir noch längst nicht alles. Deshalb sind Aussagen zu Langzeitschäden nach den paar Monaten, seit denen das Virus zirkuliert, seriös noch gar nicht zu treffen; und derartiges immer wieder zu behaupten wie mancher Politiker dies tut, ist bedenklich und unverantwortlich. Eine sachliche Diskussion scheint in bestimmten Kreisen kaum mehr möglich.

Deshalb haben wir als Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gemeinsam mit unstrittig renommierten Wissenschaftlern, die die Entwicklung ebenfalls kritisch begleiten, ein Positionspapier verfasst, das wir im Oktober veröffentlicht haben. Ich darf noch mal an den Titel des Papiers erinnern: „Evidenz- und Erfahrungsgewinn im weiteren Management der Covid-19-Pandemie berücksichtigen“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ging nie darum, irgendetwas zu verharmlosen oder gar zu negieren. Wir wollten damit eine Diskussion anstoßen, die aus unserer Sicht bisher zu kurz kommt. Nämlich, wie praktische Erfahrungen aus der Versorgung – und nicht nur solche aus den Zahlenlaboren der Wissenschaft – genutzt werden können, um im weiteren Verlauf besser mit der Pandemie umgehen zu können. Und zwar möglichst ohne solche Pauschalanweisungen wie „Alle müssen ihre Kontakte um drei Viertel reduzieren“ und ohne unsere Grundrechte auf Dauer einzuschränken.

Erfreulich ist, dass wir erheblich mehr Zuspruch und Unterstützung als sachliche Kritik an dem Papier bekommen haben. Die Kritik, die es gab, bezog sich zum allergrößten Teil auf die Art und Weise der Veröffentlichung, weniger aber auf die inhaltliche Stoßrichtung. Kurz gesagt: Wir haben einen Aufschlag gemacht, der von der Art und Weise vielleicht nicht ganz glücklich, von der Sache her aus unserer Sicht aber dringend nötig war.

Ich danke Ihnen als Mitgliedern der Vertreterversammlung sowie allen Kassenärztlichen Vereinigungen und Berufsverbänden für Ihr offenes kollegiales Feedback und hoffe sehr, dass wir die damit begonnene Diskussion zielorientiert und unaufgeregt weiterführen. Wir möchten ausdrücklich alle ärztlichen und auch psychotherapeutischen Kolleginnen und Kollegen weiter ermutigen, sich einzubringen.

Wir brauchen diesen innerärztlichen Dialog und wir brauchen ärztliche Stimmen in der politischen und gesellschaftlichen Debatte. Lassen Sie uns gemeinsam um die beste Lösung ringen. Denn von wem lässt sich die Kanzlerin, selbst bekanntermaßen Physikerin, in dieser Sache beraten? Von Mathematikern und Naturwissenschaftlern.

Das sind in ihrem Fachgebiet sicher hochkompetente Menschen, die aber oft eher auf einer abstrakt theoretischen Ebene forschen und arbeiten. Aber auf uns, die in der Versorgung tätigen Ärzte oder Ärztinnen, hört man nicht. Und das, wo es sich eindeutig um ein medizinisches Problem handelt, das zuallererst in der Praxis – wortwörtlich und im übertragenen Sinne – gelöst werden muss und nicht, ich wiederhole mich, am Rechenschieber.

Das Leben ist nicht exakt berechenbar. Der Mensch ist nicht exakt berechenbar. Ärzte und Psychotherapeuten wissen das. Wir werden diesem Virus weder durch Modellberechnungen beikommen noch durch rhetorische Einschüchterung! Es geht um Verhältnismäßigkeit und Effizienz von Maßnahmen.

Wir wissen, dass die Einzelkontaktnachverfolgung schon seit langem, bei damals deutlich niedrigeren Infektionszahlen, nur teilweise möglich war, wie Briefe aus Gesundheitsämtern belegen. Rund 75 Prozent der Infektionen sind keinem Setting zuzuordnen. Es verwundert schon, wenn Bund und Länder dann mit der Schließung von Gastronomie, Fitnessstudios und Tattooshops eine relevante Reduktion von Infektionszahlen erreichen wollen.

Entsprechend ist die Wirkung von rund fünf Wochen Lockdown auch nicht so, wie von manchen angekündigt. In den letzten 24 Stunden gab es mit 23.400 Neuinfektionen einen höheren Wert als in den letzten Wochen.
Gerade die Risikogruppen werden weiter nicht geschützt – sie dürften auch nicht zu den Stammkunden der geschlossenen Strukturen gehören. Die Medizin erkennt aber zunehmend, wo tatsächlich Infekti-ons-Cluster entstehen: in Altenheimen, Pflegeheimen und mal wieder in der fleischverarbeitenden Industrie.

Ausreichender Schutz der Risikogruppen – da müssen wir ran. Geschieht das nicht, wird man sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, die Erkrankung und den Tod der Menschen in den Pflegeheimen billigend in Kauf zu nehmen. Effektiv wäre theoretisch wohl ein vollständiger Lockdown über zwei bis drei Wochen gewesen. Den haben Bund und Länder aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt.

Jetzt haben wir einen Lockdown light, der für November geplant war und mangels ausreichender Wirkung immer weiter verlängert wird. Es war Einstein, der gesagt hat: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

Viel gravierender als ein weitgehend wirkungsloser Lockdown, der trotzdem massive wirtschaftliche und soziale Schäden aus-löst, ist aber das unverändert unzureichende Handeln in Richtung Schutz der Risikogruppen. Zweifel müssen erlaubt sein, nicht zuletzt, weil die Prämisse, auf der alle Maßnahmen der Politik beruhen, zumindest diskutabel ist. Ich spreche von der Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche.

Diese Zahl ist das goldene Kalb, um das alle herumtanzen – oder, wie ein Ministerpräsident sagte, die „Mutter aller Zahlen“. Er ging sogar so weit zu behaupten, man könne von dieser Zahl Krankenhausbelegungen und Todesfälle ableiten. Die Aussage ist nicht korrekt.

Es wird nach wie vor suggeriert, dass es nur gelingen muss, die Inzidenz unter diesen magischen Wert zu drücken, und dann sind auch die Krankenhäuser nicht voll und es wird nicht mehr gestorben – kurz: Alles ist gut. Funktioniert aber nicht. Schon gar nicht im Winter, wenn Infektionskrankheiten sich so oder so leichter verbreiten.

Hinzu kommt, dass die Politik mittlerweile ja ihre eigene Zielmarke ständig modifiziert.In den jüngst beschlossenen Regelungen von Bund und Ländern tauchen auf einmal weitere Werte auf. Neben einer Inzidenz von 200 pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen, bei der Maßnahmen verschärft werden sollen, ist dort auch von dem Wert 35 auf 100.000 die Rede. Kommunen mit einer derart niedrigen Rate von Neuansteckungen sollen früher als andere lockern dürfen. Wieso ist denn jetzt die 50 plötzlich nicht mehr gut genug? Das Ganze wirkt immer erratischer.

Hinzu kommt ein methodisches Problem, dass aber konsequent ausgeblendet wird. Die angebliche Inzidenz ist in Wahrheit gar keine, denn wir sehen ja nur die positiv getesteten Neuerkrankten. Es ist aber unstrittig, dass Menschen das Virus übertragen können, ohne dass oder bevor sie selbst Symptome zu zeigen. Wie soll man diese erkennen?

Aktuell behilft man sich damit, alle positiven Testergebnisse einfach auf die Gesamtbevölkerung hochzurechnen. Da aber nur ein Bruchteil der Menschen überhaupt getestet wird, gibt es zwangsläufig eine mehr oder weniger hohe Dunkelziffer.

Antikörperstudien, die zeigen, wie viele Menschen in einer Region eine Infektion bereits durchgemacht haben – oft ohne es zu merken –, lassen laut der Autorengruppe um den ehemaligen Gesundheitsweisen Prof. Matthias Schrappe die Annahme zu, dass in Deutschland bislang nicht eine Million Menschen sich infiziert haben, sondern bis zu sechs Millionen.

Auch die WHO sprach schon von mehr als 700 Millionen Infizierten weltweit. Damit wäre die Basis allen politischen Handelns methodisch auf Sand gebaut. Die Ziele von 50 beziehungsweise 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern seien, ich zitiere Schrappe et al., „unrealistisch und verletzen das zentrale Gebot der Erreichbarkeit“.

Das wiederum würde aber bedeuten, dass die Politik von der Bevölkerung Disziplin und Opfer einfordert für ein Ziel, das gar nicht erreicht werden kann. Politik trifft aktuell Entscheidungen, Gerichte kassieren sie wieder.
Wir leben in einem ständigen Provisorium.

Auch als Politiker würden mir da schon mal Zweifel kommen. Deshalb glauben Schrappe et al. ebenso wie wir, dass es eines Strategiewechsels bedarf. Das heißt unter anderem: gezielter und besserer Schutz der vulnerablen Bevölkerungsgruppen. Diejenigen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit, im Krankenhaus und schließlich auf der Intensivstation zu landen, sind nun einmal alte Menschen mit Vorerkrankungen und andere Risikogruppen.

Gelingt es, diese zielgerichtet zu schützen, wäre auch die Gefahr einer Überforderung der Krankenhäuser sehr viel geringer – und das war ja mal das ursprüngliche Ziel aller Maßnahmen. Das entspräche auch dem Nationalen Pandemieplan. Dessen Ziel ist es vor allem, schwere Verläufe von Infektionen zu verringern – nicht aber, die Infektionszahlen grundsätzlich so gering wie möglich zu halten. Anders formuliert: Leere Kinos schützen Risikopatienten nicht. 
Wie besonders gefährdete Menschen besser geschützt werden können, dafür haben wir in unserem Papier erste Vorschläge gemacht. Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, Freiheitsräume einzuschränken. Sondern im Gegenteil darum, genau diese zu ermöglichen, indem bestimmte Vorsorgemaßnahmen getroffen werden und indem man diesen Menschen einen wirksamen Selbstschutz ermöglicht. Das ausreichende Zur-Verfügung-Stellen von FFP-2-Masken sowie von Antigenschnelltests sind nur zwei dieser Maßnahmen.

Klar ist: Wir können nicht im Lockdown verharren bis Deutschland durchgeimpft ist. Es wird sich auch noch zeigen, wie groß die Impfbereitschaft tatsächlich ist. Wie gut und schnell das Impfen gelingt, hängt natürlich zuallererst von der zur Verfügung stehenden Menge des Impfstoffes ab.

Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, alles daran zu setzen, dass möglichst schnell Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht, damit wir alle Impfwilligen zügig impfen können. Spätestens dann muss auch Schluss sein mit allen Restriktionen.

Der zweite entscheidende Punkt ist die Organisation. Wir wissen, dass aufgrund der Menge und Beschaffenheit der ersten Impfstoffe nicht direkt in den Praxen geimpft werden kann. Aber die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie die Medizinischen Fachangestellten sind natürlich bereit, in den Zentren zu helfen. Viele Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) haben entsprechende Aufrufe gestartet. Die Resonanz ist vielerorts beeindruckend.

Das zeigt: Die Vertragsärztinnen und -ärzte stehen auch in dieser entscheidenden Phase der Pandemie in der ersten Reihe. Ohne sie wird es nicht gehen, das war so und das bleibt so. Vertreter von Kliniken und des Öffentlichen Gesundheitsdienstes haben schon bekundet, dass ihre Ärzte unabkömmlich seien und nicht auch noch für das Impfen zur Verfügung stehen könnten. Das lasse ich mal so stehen.

Es ist also keiner außer den Niedergelassenen da, der die Bürgerinnen und Bürger im großen Stil impfen kann. Jetzt kommt es darauf an, dass die Länder, die für diese Impfungen verantwortlich sind, Organisationsstrukturen wie Impf-benachrichtigung, Callcenter, Impflogistik etc. rechtzeitig etablieren, damit die Ärztinnen und Ärzte ihre Aufgabe erfüllen können, die Menschen zu impfen und sie so vor Covid-19 zu schützen.

Erinnern Sie sich an den alten Werbespruch „Nie war er so wertvoll wie heute“? Das könnte der Slogan für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in dieser Zeit sein.

Leider wird deren Engagement von Politik und Leistungsträgern scheinbar als so selbstverständlich angesehen, dass alle dadurch entstehenden Aufwände und auch Einbußen für die Praxen als bereits eingepreist gelten.
Während die Krankenhäuser mittlerweile eine Meisterschaft darin entwickelt haben, immer neue milliardenschwere Geldspritzen durch den Staat zu fordern, müssen wir seit Wochen darum kämpfen, dass der Schutzschirm für die Praxen in der Pandemie erhalten bleibt.

Für diesen Schutzschirm muss noch nicht einmal der Steuerzahler aufkommen, es handelt sich nur um das ohnehin schon verhandelte und geplante Honorar für das Jahr 2021.

Die Krankenkassen werden sagen, es sei kein Geld da, das tun sie aber immer und man sollte das nicht zu ernst nehmen. Es wird notwendig sein, Aufwände, beispielsweise für Hygiene, zu finanzieren, da sonst die ambulante Struktur perspektivisch nicht überleben kann. Das wäre fatal – die Pandemie hat gezeigt, dass es diese ambulante Struktur ist, die den Unterschied macht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nächstes Jahr ist Bundestagswahl – davon können wir trotz aller Unwägbarkeiten mal ausgehen. Im Bundesgesundheitsministerium hat man den Stellenwert des KV-Systems spätestens jetzt, in der Pandemie, wahrscheinlich so sehr schätzen gelernt wie nie zuvor.

Und auch von der Landesebene weiß ich, dass viele von Ihnen gut mit den Regierungsverantwortlichen zusammenarbeiten.

Es gibt aber gewisse parteipolitische Vorstellungen auf Bundesebene, die dieses System offensichtlich zur Disposition stellen zugunsten mehr staatlicher Regulierung. Dabei stellen Sie als KVen, stellen wir alle gemeinsam mit den Vertragsärztinnen und -ärzten seit Monaten ganz plastisch unter Beweis, was die ambulante Versorgung mit ihrer Selbstver-waltung in Deutschland leistet.

Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass sich diese Erkenntnis in den nächsten Monaten weiter durchsetzen wird. Wir werden als KBV und KVen alles tun, um die Schlagkraft der ambulanten Versorgung für die Menschen in unserem Land zu erhalten und würden uns über die inhaltliche Diskussion hierzu freuen.

Vielen Dank.

(Es gilt das gesprochene Wort.)