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KBV fordert über zehn Prozent mehr für die ambulante Versorgung – Gassen: Inflationsausgleich muss jetzt kommen

09.08.2023 - Die KBV fordert eine Anhebung des Orientierungswertes und damit der Mittel für die ambulante Versorgung um 10,2 Prozent. „Die Praxen brauchen schnellstens mehr Mittel, um ihre Patientinnen und Patienten auch perspektivisch weiter versorgen zu können“, sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen nach der ersten Verhandlungsrunde mit dem GKV-Spitzenverband am Mittwoch in Berlin.

Der GKV-Spitzenverband lehnte die Forderungen der KBV ab und bot eine Anhebung des Orientierungswertes (OW) um 2,1 Prozent an. „Die Krankenkassen verkennen völlig die aktuelle wirtschaftliche Situation der Arzt- und Psychotherapeutenpraxen, da sie sich ausschließlich mit veralteten Daten auseinandersetzen", betonte Gassen gegenüber den PraxisNachrichten. Der KBV-Chef appellierte an sie, ihrer Pflicht zur ausreichenden Finanzierung der ambulanten Versorgung nachzukommen.

Vier zusätzliche Forderungen

In der von der KBV geforderten OW-Steigerung sind neben den üblicherweise zu berücksichtigenden Kostensteigerungen des Vorjahres (2022 zu 2021) auch Gelder für eine Erhöhung der Gehälter des nicht ärztlichen Personals sowie eine Inflationsausgleichsprämie für das laufende Jahr enthalten. Außerdem fordert die KBV eine Anhebung der Kostenpauschalen sowie eine Vergütung des erheblichen Mehraufwandes infolge von Arzneimittelengpässen.

Die KBV begründete ihre Forderungen mit den explodierenden Kosten und dem akuten Mangel an qualifiziertem Personal. „Wir brauchen eine deutliche Aufstockung der Finanzmittel, damit die Praxen noch arbeitsfähig sind“, betonte Gassen. Ansonsten würden mehr und mehr Ärzte ihren Leistungsumfang reduzieren müssen.

300 Euro mehr für jede MFA

In der geforderten OW-Anhebung ab 1. Januar 2024 ist die Finanzierungsgrundlage für eine Gehaltserhöhung der nicht ärztlichen Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter einkalkuliert. So fließt eine Erhöhung in Höhe von monatlich 300 Euro (brutto) in die Berechnung der Veränderungsrate des Orientierungswertes ein.

Inflationsausgleichsprämie für das laufende Jahr

Die KBV verlangt außerdem einen Ausgleich für die inflationsbedingten Mehrbelastungen der Praxen im laufenden Jahr, die in der OW-Anpassung für 2023 nicht berücksichtigt wurden. „Zur Korrektur fordern wir eine Inflationsausgleichsprämie für die Ärzte und Psychotherapeuten“, sagte Gassen. Der Orientierungswert war zu Jahresbeginn nur um 2 Prozent angehoben worden; die Inflationsrate im ersten Quartal lag bei 8,3 Prozent.

Die Gelder für die geforderte Inflationsausgleichsprämie sind ebenfalls in der Anhebung der Vergütung von 10,2 Prozent enthalten. Zur Ermittlung der Prämie als Aufschlag auf den OW 2024 rechnet die KBV mit einer Einmalzahlung in Höhe von 3.000 Euro je Arzt und Psychotherapeut.

Dieser Wert lehnt sich an den Tarifabschluss an, der zwischen den Tarifpartnern des öffentlichen Dienstes angesichts der hohen Inflation für das Jahr 2023 vereinbart wurde. Der Gesetzgeber hat bei der Anpassung der Gehälter für Minister und Bundesbeamte diese Vereinbarung ebenfalls genutzt. Nach dem Gesetz zur Anpassung der Bundesbesoldung gilt diese Einmalzahlung im Jahr 2023 auch für Empfänger von Dienstbezügen.

Dynamisierung der Kostenpauschale

Die KBV verlangt außerdem eine Dynamisierung sämtlicher Kostenpauschalen, unter anderem für die Dialyse und Laboruntersuchungen. Diese sollen künftig automatisch um die jährliche OW-Steigerung angehoben werden. Dies passiert bislang nicht, sodass die Kosten vielfach nicht gedeckt sind.  

Aufwandspauschale bei Arzneimittelengpässen

Die vierte Forderung zur Anhebung der Vergütung betrifft das aktuelle Problem der Arzneimittelengpässe. Durch den Austausch von Medikamenten sowie durch zahlreiche Rückfragen in den Praxen entsteht ein erheblicher Arbeitsaufwand in den Praxen. Hierfür fordert die KBV eine pauschale Vergütung.

Verhandlungen ohne Ergebnis vertagt

Die Verhandlungen am Mittwoch wurden erwartungsgemäß ohne Ergebnis beendet. Sie sollen am 24. August im Bewertungsausschuss fortgesetzt werden.

Bei den jährlichen Finanzierungsverhandlungen zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband geht es vornehmlich um die Festlegung des bundeseinheitlichen Orientierungswertes und damit um die Finanzierung der ärztlichen und psychotherapeutischen Untersuchungen und Behandlungen bei gesetzlich versicherten Patienten. Anders als bei Tarifverhandlungen gibt es dafür gesetzliche Vorgaben, wie die Höhe der Anpassung zu ermitteln ist.

Die regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie, die ebenfalls festzulegen sind, hat der Bewertungsausschuss bereits im Juli beschlossen. Sie bilden neben dem Orientierungswert die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen, die im Herbst beginnen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verhandeln dann mit den Krankenkassen vor Ort, wie viel Geld diese im neuen Jahr für die ambulante Versorgung ihrer Versicherten in der Region bereitstellen.

Die Forderungen der KBV im Überblick

Anhebung der für den Orientierungswert (OW) relevanten Vergütung um 10,2 Prozent

Darin sind neben den üblicherweise zu berücksichtigenden Kostensteigerungen im Vorjahr (Kostenentwicklung in 2022 zu 2021) zusätzlich einkalkuliert:

  • Inflationsausgleichsprämie für jeden Arzt und Psychotherapeuten für das Jahr 2023
  • Finanzierung einer monatlichen Gehaltserhöhung von 300 Euro (brutto) für nicht ärztliche Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter
  • Aufwandspauschale für Mehraufwand bei Arzneimittelengpässen
  • Erhöhung der Kostenpauschalen, unter anderem für die Dialyse und Laboruntersuchungen, entsprechend der OW-Steigerung

Der GKV-Spitzenverband hat in der ersten Verhandlungsrunde eine OW-Anhebung um 2,1 Prozent angeboten.

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