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KBV legt Vorschläge zu geplanten Vergütungspauschalen für Hausärzte vor – Anhörung zu den Gesetzesplänen am Montag

02.05.2024 - Für die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Vergütungspauschalen für Hausärzte hat die KBV konkrete Vorschläge zur Umsetzung vorgelegt. Notwendig seien „gesetzliche Leitplanken“, um „riskante und kaum kalkulierbare Auswirkungen auf die Versorgung“ zu vermeiden, betont sie in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz. Am Montag findet die Anhörung der Verbände statt.

Die KBV begrüßt die Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung grundsätzlich und hält die schnellstmögliche Einführung für unabdingbar. Die weiteren Änderungen erwiesen sich jedoch als sehr komplex und würden die Gefahr „erheblicher Honorarumverteilungen“ bergen, heißt es in der Stellungnahme. Um das zu vermeiden, müssten diese deutlich angepasst und „mit aller gebotener Sorgfalt entwickelt und kalkuliert werden“. „In keinen Fall gibt es einen Grund, dass diese die Entbudgetierung verzögern oder gar aufhalten sollten“, stellte die KBV klar.

Mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) will Lauterbach unter anderem zwei neue Jahrespauschalen für Hausärztinnen und Hausärzte einführen: Eine Versorgungspauschale, die bei chronisch kranken Patientinnen und Patienten die jetzigen Versicherten- und Chronikerpauschalen ersetzen und einmal im Jahr von nur einer Arztpraxis berechnungsfähig sein soll, und eine Vorhaltepauschale. Letztere soll an bestimmte Bedingungen geknüpft sein, zum Beispiel monatliche Abendsprechstunden. Sie würde die derzeitige Gebührenordnungsposition (GOP) 03040 im EBM ersetzen.

Hofmeister: Wir brauchen gesetzliche Leitplanken

„Die Umstellung von Quartals- auf Jahrespauschalen mag auf den ersten Blick einfach erscheinen, ist aber höchst komplex und birgt die große Gefahr erheblicher Honorarumverteilungen“, sagte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Stephan Hofmeister, den PraxisNachrichten. Hinzu komme, dass der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums kein zusätzliches Geld für die neuen Pauschalen vorsehe.  

Die KBV hält beide Pauschalen „grundsätzlich für denkbar“. Dafür müssten aber bestimmte Bedingungen erfüllt sein, die auch für die Krankenkassen bindend seien, betonte Hofmeister und fügte hinzu: „Wir brauchen gesetzliche Leitplanken.“ Nach Inkrafttreten des Gesetzes müssen KBV und GKV-Spitzenverband im Bewertungsausschuss die Details verhandeln.

Diese Bedingungen müssen erfüllt sein

In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf für das GVSG führt die KBV aus, was durch gesetzliche Leitplanken sichergestellt sein muss. Eine wichtige Bedingung für die Versorgungspauschale ist, dass deren Einführung nicht dazu führen darf, dass die Vergütung für die Behandlung eines chronisch erkrankten Patienten sinkt. Denn sie reduziere nicht den medizinisch erforderlichen Behandlungsbedarf pro Patienten.

Ein weiterer Änderungsvorschlag betrifft die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte. Bei der Behandlung von chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten sei im Laufe eines Jahres nicht in jedem Quartal ein Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich. Daher könnten behandlungsfallbezogen drei Kontakte innerhalb eines Jahres an einen Kontakt mit dem Praxisteam (auch telemedizinisch) geknüpft werden. Damit könne sich der Arzt auf die medizinisch erforderlichen Fälle konzentrieren.

Zudem müsse die Pauschale in medizinisch erforderlichen Fällen auch bei Mehrfachinanspruchnahmen bezahlt werden, zum Beispiel bei paralleler Behandlung durch eine Hausarztpraxis und eine Diabetologische Schwerpunktpraxis oder eine HIV-Schwerpunktpraxis. In anderen Fällen müsse zumindest die Versichertenpauschale abrechenbar bleiben.

Auch für die Einführung einer Versorgungspauschale fordert die KBV gesetzliche Leitplanken, um vor allem Honorarumverteilungen zu vermeiden. „Das Finanzvolumen der Vorhaltepauschale muss definiert werden“, fordert sie. Die neue Vorhaltepauschale sei daher als Anteil an der derzeitigen GOP 03040 des EBM zu bilden. Die Vorhaltepauschale dürfe von den Krankenkassen zudem nicht dazu genutzt werden, leistungsbezogene Gebührenordnungspositionen abzuwerten.

Kriterien wie Samstagssprechstunde nur mit neuem Geld

Bei den Kriterien, die Ärztinnen und Ärzte für den Erhalt der Vorhaltepauschale erfüllen müssen, darf es sich aus Sicht der KBV nur um solche handeln, die bereits Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind. Völlig neue Kriterien, zum Beispiel die Samstagssprechstunde, müssen auch mit neuem Geld finanziert werden. Zudem sollte nicht jede Praxis alle Kriterien erfüllen müssen. Strukturelle Benachteiligungen beispielsweise von Einzelpraxen oder städtischen Praxen müssten ausgeschlossen werden.  

Die KBV begründet ihre Änderungsvorschläge zur Vorhaltepauschale unter anderem damit, dass die im Referentenentwurf genannten Kriterien nur von einem Teil der Hausarztpraxen erfüllt werden können. Damit werde ein relevanter Teil von Umsatzeinbußen betroffen sein, die nicht aufgefangen werden könnten und folglich das Angebot an hausärztlicher Versorgung bundesweit verknappen würden. Zugleich drohe durch die Regelung ein tiefgreifender Eingriff in die Praxisorganisation und damit eine massive Ausweitung bürokratischer Anforderungen.

Weniger Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch Bagatellgrenze

Positiv bewertet die KBV die geplante Einführung einer Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von 300 Euro für die Wirtschaftlichkeitsprüfung verordneter Leistungen. Durch diese Maßnahme würden rund 70 Prozent der bislang durchgeführten Prüfungen entfallen. Dies sei ein wichtiger Beitrag zur Entbürokratisierung. Die KBV schlägt vor, diese Regelung auch für Abrechnungsprüfungen anzuwenden.

Einseitige Förderung der Kliniken verstößt gegen EU-Recht

Stärkere Investitionen in die haus- und fachärztliche Versorgung hält die KBV auch mit Blick auf die geplante Krankenhausreform für unerlässlich. In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) erteilt sie der Ermächtigung von Krankenhäusern für die hausärztliche Versorgung eine klare Absage – nicht zuletzt aufgrund der erneut einseitigen finanziellen Förderung der Krankenhäuser.

Der Referentenentwurf verstoße mit der einseitigen finanziellen Förderung gegen Regelungen zum EU-Beihilferecht. Zu diesem Ergebnis komme auch ein Gutachten, so die KBV. Dies werde die Europäische Kommission gegebenenfalls zu prüfen haben. Die Verbändeanhörung zum KHVVG fand bereits letzten Montag statt.

Neue Vergütungssystematik für Hausärzte: Das sieht das geplante Gesetz vor

Der Entwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) sieht neben der Entbudgetierung eine jahresbezogene Versorgungspauschale und eine Vorhaltepauschale für Hausarztpraxen vor.

Versorgungspauschale für chronisch Kranke

Eine neue Versorgungspauschale soll bei chronisch Kranken die jetzigen Versicherten- und Chronikerpauschalen ersetzen. Sie soll einmal im Jahr von nur einer Arztpraxis berechnungsfähig sein, ohne dass sich der Patient einschreiben muss. Für nicht chronisch erkrankte Patientinnen und Patienten würde weiterhin die Versichertenpauschale einmal im Behandlungsfall gezahlt.

Nach Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) werden derzeit 35 Prozent der chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten durch mehr als eine Hausarztpraxis behandelt. Die Pauschale soll nach jetzigem Stand aber nur einmal pro Arztpraxis und Jahr gezahlt werden. Die KBV befürchtet zugleich erhebliche Umverteilungen zulasten betreuungsintensiver Patientinnen und Patienten.

Vorhaltepauschale

Für Hausarztpraxen mit mehr als 450 Patientinnen und Patienten im Quartal ist eine Vorhaltepauschale geplant. Die Vergütung soll an bestimmte Bedingungen geknüpft sein, zum Beispiel monatliche Abendsprechstunden und ein ergänzendes Angebot an Samstagssprechstunden sowie regelmäßige Haus- und Pflegeheimbesuche vor allem bei über 75-Jährigen.

Die neue Vorhaltepauschale würde die Gebührenordnungsposition 03040 im EBM ersetzen, die der Vorhaltung notwendiger Strukturen zur Erfüllung der Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung dient. Sie soll nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums bei chronisch Kranken ebenfalls nicht mehr jedes Quartal, sondern nur einmal jährlich gezahlt werden.

Hausärztliche Versorgung durch Krankenhäuser: Das sieht das geplante Gesetz vor

Der Referentenentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sieht vor, Krankenhäuser als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen zur hausärztlichen Versorgung zu ermächtigen. Sie sollen auch in nicht unterversorgten Regionen neue Einrichtungen eröffnen dürfen.

Die KBV fordert, dass die Erbringung ambulanter Leistungen auf bestehende Krankenhäuser beschränkt werde. Ansonsten sei zu befürchten, dass es zu Neugründungen von sektorenübergreifenden Einrichtungen durch Krankenhausbetreiber kommt und damit zu neuen stationären Versorgungsangeboten in einem grundsätzlich ambulanten Bereich.

Transformationsfonds

Die Erbringung ambulanter Leistungen in sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen soll unter anderem mit Mitteln aus einem Transformationsfonds finanziert werden. Dieser soll zur Hälfte mit Krankenkassenbeiträgen in Höhe von bis zu 25 Milliarden Euro ausgestattet werden.

Die KBV sieht hierdurch eine Wettbewerbsverzerrung, denn Hausärztinnen und Hausärzte erhalten diese Förderung nicht. Ein Gutachten sieht sogar ein Verstoß gegen das Beihilfenrecht der Europäischen Union.

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