Hausärztliche Leistungen werden ab Oktober entbudgetiert – Eckpunkte zur neuen Vorhaltepauschale vereinbart
22.05.2025 - Der Weg für den Wegfall der hausärztlichen Honorarbudgets ist frei. Nach Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes Mitte Februar hat der Erweiterte Bewertungsausschuss am Dienstag das Verfahren der Entbudgetierung beschlossen. Damit können Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung ab 1. Oktober in voller Höhe vergütet werden.
Mit der Entbudgetierung der Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung wird eine zentrale Forderung der Ärzteschaft erfüllt. Die KBV hatte immer wieder die vorherige Bundesregierung ermahnt, ihre Ankündigung, die Budgets in der hausärztlichen Versorgung abzuschaffen, einzulösen. Kurz vor seiner Auflösung hat der alte Bundestag mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) die Entbudgetierung schließlich beschlossen.
Leistungen des EBM-Kapitels 3 und Hausbesuche
Danach werden ab Oktober alle Leistungen des EBM-Kapitels 3 und die hausärztlichen Hausbesuche (GOP 01410 bis 01413 sowie 01415) ohne Budgetierung bezahlt. Die restlichen Leistungen verbleiben in der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV).
Zur Finanzierung der Leistungen wird es künftig einen neuen Honorartopf für Hausärzte, die sogenannte Hausarzt-MGV, geben. Darin fließen die Gelder, die jetzt in der MGV für die Leistungen enthalten sind, die ab Oktober ohne Budgetierung bezahlt werden. Reichen diese Finanzmittel nicht aus, haben die Krankenkassen Ausgleichszahlungen zu leisten. Eventuelle Unterschreitungen aus Vorquartalen sind dabei zu verrechnen.
Finanzierung von Sicherstellungsmaßnahmen unklar
Unklar bleibt nach dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses, wie künftig notwendige und gesetzlich geforderte Maßnahmen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung finanziert werden sollen. Das GVSG enthält dazu keine eindeutige Regelung, weshalb die Krankenkassen es im Bewertungsausschuss ablehnten, die Gelder vor Festlegung der neuen Hausarzt-MGV der MGV zu entnehmen, und stattdessen verlangten, dass die Hausärzte die Sicherstellungsmaßnahmen über einen Honorarabzug finanzieren sollen.
Auch der Erweiterte Bewertungsausschuss, den die KBV aus diesem Grund eingeschaltet hatte, kritisierte die fehlende rechtliche Klarstellung und folgte daher der Argumentation der Kassen.
Die KBV hatte während des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach gefordert, dass die Finanzierung von Strukturmaßnahmen in dem Gesetz zur Entbudgetierung klar geregelt werden muss. Dies war nicht erfolgt. Das Bundesgesundheitsministerium bedauerte im Nachgang, dass diese Klarstellung fehlt und appellierte an die Vertragspartner, sich auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung entsprechend zu einigen. Bislang werden solche Maßnahmen aus der MGV finanziert (siehe Infokasten).
KBV sieht Sicherstellungsmaßnahmen gefährdet
Die KBV fordert eine schnelle gesetzliche Änderung, um die fehlende Regelung im Gesetz zu implementieren. Ansonsten können die Kassenärztlichen Vereinigungen bewährte Maßnahmen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung nicht im bewährten Umfang fortführen – und das in einer Zeit, wo schon über 5.000 Hausarztsitze nicht besetzt sind.
Verhandlungen zur Vorhaltepauschale gehen weiter
KBV und GKV-Spitzenverband haben am Dienstag außerdem zu der neuen Vorhaltepauschale für Hausärzte verhandelt. Der gesetzliche Rahmen für die Vorhaltepauschale wurde ebenfalls mit dem GVSG beschlossen (neuer Absatz 2q im § 87 SGB V).
Beide Seiten einigten sich auf Eckpunkte, auf deren Basis nun im Bewertungsausschuss weiterverhandelt werden soll. So besteht Konsens darüber, dass es eine Konvergenzphase geben soll, damit Praxen sich schrittweise auf die neuen Anforderungen einstellen können.
Neufassung der GOP 03040
Der Bewertungsausschuss hat mit dem GVSG den Auftrag erhalten, die Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags (GOP 03040) neu festzulegen, die Hausärzte seit dem Jahr 2013 für die Vorhaltung von Strukturen erhalten, die zur Erfüllung von Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung notwendig sind. Dabei sollen Kriterien wie eine Mindestzahl an Haus- und Pflegeheimbesuchen und bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten vereinbart werden.
Die KBV hat vor Honorarumverteilungen infolge der gesetzlich vorgegebenen Ausgabenneutralität gewarnt. In den Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband setzt sie sich dafür ein, die möglichen Verluste für einige Praxen so gering wie möglich zu halten. Ein Ziel ist unter anderem, dass auch kleinere Praxen weiterhin die Vorhaltepauschale erhalten, um die hausärztliche Versorgung aufrechterhalten zu können. Die Vorhaltepauschale soll zum 1. Oktober eingeführt werden.
Stichwort: Strukturfonds
Zur Finanzierung von Fördermaßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung haben die Kassenärztlichen Vereinigungen unter anderem einen Strukturfonds zu bilden (§ 105 Abs. 1a SGB V). Für diesen Strukturfonds sollen sie mindestens 0,1 Prozent und höchstens 0,2 Prozent der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zur Verfügung stellen. Die Krankenkassen sind verpflichtet, einen Betrag in gleicher Höhe in den Strukturfonds zu entrichten.
Die Mittel des Strukturfonds sollen unter anderem für Zuschüsse zu den Investitionskosten bei Neuniederlassungen und Praxisübernahmen, für Zuschüsse zur Vergütung und Ausbildung sowie für Stipendien verwendet werden. Sie dienen weiterhin der Förderung von Eigeneinrichtungen, Sonderbedarfszulassungen und des Betriebs der Terminservicestellen.