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Wirtschaftlichkeitsbonus: Kurzer Überblick
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Der Wirtschaftlichkeitsbonus stellt einen Anreiz dar: Bleiben die Kosten für veranlasste und eigenerbrachte Leistungen (Abschnitt 32.2 und 32.3 EBM) innerhalb der Bewertungsgrenze, können Ärzte zusätzliches Geld erhalten. Je nach Fachgruppe und Zahl der Behandlungsfälle können das einige tausend Euro im Jahr sein. Ein kurzer Überblick:
- Der Wirtschaftlichkeitsbonus ist Bestandteil des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Die Abrechnung erfolgt mit der Gebührenordnungsposition (GOP) 32001. Die GOP wird von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugesetzt.
- Ärzte, die eine Versicherten-, Grund- und/oder Konsiliarpauschale der EBM-Kapitel 3, 4, 7 bis 11, 13, 16 bis 18, 20, 21, 26, 27 oder 30.7 abrechnen, können einen Wirtschaftlichkeitsbonus erhalten.
- Die GOP 32001 wird je nach Fachgruppe unterschiedlich hoch vergütet. Die Spannbreite reicht ab April 2018 von 32 Cent bei Chirurgen bis 3,94 Euro bei Nephrologen und Endokrinologen. Generell gilt: Bei Fachgruppen, die umfangreiche Labordiagnostik veranlassen oder durchführen, ist der Betrag höher.
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Die neue Systematik
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Zur Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus gibt es ab 1. April 2018 zwei entscheidende Parameter: Die tatsächlich veranlassten und eigenerbrachten Laborkosten der Praxis und die neuen arztgruppenspezifischen begrenzenden Fallwerte. Letztere geben vor, wie hoch die durchschnittlichen Kosten je Behandlungsfall sein dürfen, um den Wirtschaftlichkeitsbonus zu erhalten. Beide Werte werden schließlich miteinander verglichen.
Begrenzende Fallwerte für jede Arztgruppe
Die arztgruppenspezifischen begrenzenden Fallwerte basieren auf aktuellen Leistungsdaten. In die Berechnung sind alle Laborleistungen eingeflossen, die von der jeweiligen Arztgruppe selbst durchgeführt oder veranlasst wurden. Hierbei wurden auch die Kennnummern und die im Ziffernkranz der Kennnummern hinterlegten GOP, wie sie ab 1. April gelten, berücksichtigt.
Die arztgruppenspezifischen begrenzenden Fallwerte sind im EBM abgebildet. Dabei gibt es für jede Fachgruppe zwei Werte: einen unteren begrenzenden Fallwert – bis zu dem erhalten Ärzte den Bonus in voller Höhe – und einen oberen begrenzenden Fallwert – ab dem erhalten Ärzte keinen Bonus. Liegen die Laborkosten der Praxis zwischen beiden Werten, wird der Bonus anteilig ausgezahlt.
Die Fallwerte bieten eine Orientierung. Ärzte können besser abschätzen, wie sie mit ihren Laborkosten pro Fall im Vergleich zur arztgruppenspezifischen Vorgabe liegen.
Vorteil: Die durchschnittlichen Laborkosten der Praxen je Fall werden mit Fallwerten verglichen, die auf Basis aktueller Daten und unter Berücksichtigung der neu gefassten Kennnummern ermittelt wurden.
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Die Rechenschritte im Detail
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Ärzte müssen sich um die genaue Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus eigentlich nicht kümmern: Diese Aufgabe übernimmt die KV bei der Quartalsabrechnung. Der Bonus wird automatisch zugesetzt. Um aber die Rechenschritte nachvollziehen zu können, sind ein paar Erläuterungen hilfreich:
1. Ermittlung des arztpraxisspezifischen Fallwertes
Um die Laborkosten der Praxis mit den arztgruppenspezifischen Fallwerten vergleichen zu können, wird zunächst der arztpraxisspezifische Fallwert berechnet. Dies sind die durchschnittlichen Laborkosten einer Praxis je Behandlungsfall. Dazu werden die Laborkosten der Praxis durch die Anzahl der Behandlungsfälle dividiert.
Welche Kosten fließen ein: In die Summe der Kosten fließen alle Laborleistungen nach den Abschnitten 32.2 und 32.3 EBM ein, die eine Praxis von Laborgemeinschaften bezogen (Formular 10A), als Auftragsleistung überwiesen (Formular 10) und/oder selbst durchgeführt hat.
Welche Kosten fließen nicht ein: Nicht addiert werden die Kosten der Laboruntersuchungen, die unter die Kennnummern-Regelung fallen. Auftragsleistungen, die von der Arztpraxis abgerechnet werden, bleiben ebenfalls unberücksichtigt.
Welche Fälle werden gezählt: Es werden alle Behandlungsfälle im Quartal gezählt, in denen mindestens eine Versicherten-, Grund- und/oder Konsiliarpauschale der EBM-Kapitel 3, 4, 7 bis 11, 13, 16, 17, 18, 20, 21, 26, 27 oder 30.7 abgerechnet wurde.
Bei Ärzten, die an einem Selektivvertrag teilnehmen, werden auch folgende Fälle berücksichtigt: wenn Laborleistungen für Selektivvertragspatienten weiter als kollektivvertragliche Leistung veranlasst oder abgerechnet werden und in diesen Behandlungsfällen keine Versicherten-, Grund- und/oder Konsiliarpauschale berechnet wird. Diese Fälle sind gegenüber der KV mit der Zusatznummer 88192 zu kodieren. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Wirtschaftlichkeitsbonus nicht Gegenstand des Selektivvertrags ist.
2. Ermittlung des Wirtschaftlichkeitsfaktors
Im nächsten Schritt wird der arztpraxisspezifische Fallwert mit dem arztgruppenspezifischen unteren und oberen Fallwert verglichen. Dabei wird ein Wirtschaftlichkeitsfaktor bestimmt:
- Ist der arztpraxisspezifische Fallwert kleiner oder gleich dem arztgruppenspezifischen unteren Fallwert, beträgt der Wirtschaftlichkeitsfaktor 1. Die Praxis erhält den Bonus in voller Höhe.
- Ist der Wert größer oder gleich dem arztgruppenspezifischen oberen Fallwert, beträgt der Wirtschaftlichkeitsfaktor 0. Die Praxis erhält keinen Bonus.
- Liegt die Praxis mit ihren Kosten zwischen dem unteren und oberen Fallwert, dann liegt der Wirtschaftlichkeitsfaktor zwischen 0 und 1. Die Praxis bekommt einen anteiligen Bonus.
Zur Berechnung des Wirtschaftlichkeitsfaktors wird die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen oberen Fallwert und dem arztpraxisspezifischen Fallwert dividiert durch die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen oberen und unteren Fallwert.
3. Abschließende Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus
Um zu wissen, wie hoch der Wirtschaftlichkeitsbonus für die Praxis letztlich ausfällt, werden die anzurechnenden Fälle der Praxis, die Punktzahl der GOP 32001 und der Wirtschaftlichkeitsfaktor multipliziert. Bei einer Hausarztpraxis (GOP 32001: 19 Punkte) mit 1.000 Scheinen und einem Faktor von 0,9 wären dies 17.100 Punkte (1.818 Euro).
Besonderheit: (Teil-)BAG, MVZ und Praxen mit angestellten Ärzten
Der Wirtschaftlichkeitsbonus wird nicht pro Arzt, sondern pro Praxis ermittelt. Folglich sind für (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften (BAG), Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Praxen mit angestellten Ärzten ein paar zusätzliche Rechenschritte nötig. Denn für jede Fachgruppe sind die arztgruppenspezifischen Fallwerte und die GOP 32001 unterschiedlich hoch.
Da in den Einrichtungen in der Regel Ärzte verschiedener Fachrichtungen tätig sind, müssen mehrere arztgruppenspezifische Fallwerte berücksichtigt werden. Dazu werden die Fallwerte, zum Beispiel eines Hausarztes, eines Rheumatologen und eines Orthopäden, unter Berücksichtigung ihrer Arztfälle im Abrechnungsquartal gewichtet.
Das Ergebnis ist ein spezifischer unterer und oberer Fallwert für die Praxis beziehungsweise das MVZ, mit denen schließlich die Laborkosten der Einrichtung verglichen werden.
Genauso wird mit der GOP 32001 für den Wirtschaftlichkeitsbonus verfahren: Die unterschiedlichen Punktzahlen je Fachgruppe werden unter Berück-sichtigung der Arztfälle gewichtet. In einer BAG beispielsweise mit einem Hausarzt (19 Punkte), einem Chirurgen (3 Punkte) und einem Gynäkologen (10 Punkte) ist die GOP 32001 folglich mit 3 bis 19 Punkten bewertet. Der gewichtete Punktwert wird ebenso wie die gewichteten Fallwerte jedes Quartal auf Basis der Arztfälle neu ermittelt.
Außerdem: Sofern in einer (Teil-)BAG, einem MVZ und in Praxen mit angestellten Ärzten auch Vertragsärzte, die keinen Wirtschaftlichkeitsbonus erhalten, Laboruntersuchungen veranlassen oder abrechnen, fließen diese Kosten in die Bestimmung des arztpraxisspezifischen Fallwertes ein.
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Rechenbeispiel Hausärzte
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Hausärzte
Arztgruppenspezifischer unterer und oberer begrenzender Fallwert 1,60 Euro bzw. 3,80 Euro / Bonus je Fall 19 Punkte (2,02 Euro)
Fallbeispiel: Praxis mit 1.000 Behandlungsfällen, 2. Quartal 2018
Bonus in voller Höhe: Die Praxis hat Laborkosten von durchschnittlich 1,55 Euro je Fall. Die Kosten liegen also unter dem arztgruppenspezifischen unteren begrenzenden Fallwert von 1,60 Euro. Der Wirtschaftlichkeitsfaktor beträgt 1. Ergebnis: Der Bonus wird in voller Höhe ausgezahlt. Die Praxis erhält 2.020 Euro (2,02 Euro x 1.000 Behandlungsfälle x Wirtschaftlichkeitsfaktor 1).
Bonus anteilig: Die Praxis hat Laborkosten von durchschnittlich 2,80 Euro je Fall. Die Kosten liegen also zwischen dem arztgruppenspezifischen unteren und oberen begrenzenden Fallwert. Der Wirtschaftlichkeitsfaktor beträgt 0,455. Ergebnis: Der Bonus wird anteilig ausgezahlt. Bei einem Wirtschaftlichkeitsfaktor von 0,455 erhält der Arzt rund 919 Euro (2,02 Euro x 1.000 Behandlungsfälle x Wirtschaftlichkeitsfaktor 0,455).
Der Wirtschaftlichkeitsfaktor wurde so bestimmt: Die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen oberen Fallwert und dem arztpraxisspezifischen Fallwert (3,80 - 2,80 = 1,00) wurde dividiert durch die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen unteren und oberen begrenzenden Fallwert (3,80 - 1,60 = 2,20). Also: 1,00 : 2,20 = 0,455.
Kein Bonus: Die Praxis hat Laborkosten von durchschnittlich 3,80 Euro je Fall. Die Kosten sind gleich dem oberen begrenzenden Fallwert von 3,80 Euro. Der Wirtschaftlichkeitsfaktor beträgt 0. Ergebnis: Es wird kein Bonus ausgezahlt.
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Rechenbeispiel Fachärzte
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Fachärzte für Hämatologie / Onkologie
Arztgruppenspezifischer unterer und oberer begrenzender Fallwert 10,90 Euro bzw. 30,50 Euro / Bonus je Fall 23 Punkte (2,45 Euro)
Fallbeispiel: Praxis mit 1.000 Behandlungsfällen, 2. Quartal 2018
Bonus in voller Höhe: Die Praxis hat Laborkosten von durchschnittlich 9,75 Euro je Fall. Die Kosten liegen also unter dem arztgruppenspezifischen unteren begrenzenden Fallwert von 10,90 Euro. Der Wirtschaftlichkeitsfaktor beträgt 1. Ergebnis: Der Bonus wird in voller Höhe ausgezahlt. Die Praxis erhält 2.450 Euro (2,45 Euro x 1.000 Behandlungsfälle x Wirtschaftlichkeitsfaktor 1).
Bonus anteilig: Die Praxis hat Laborkosten von durchschnittlich 18 Euro je Fall. Die Kosten liegen also zwischen dem unteren und oberen Fallwert. Der Wirtschaftlichkeitsfaktor beträgt 0,638. Ergebnis: Der Bonus wird anteilig ausgezahlt. Bei einem Wirtschaftlichkeitsfaktor von 0,638 erhält die Praxis 1.563 Euro (2,45 Euro x 1.000 Behandlungsfälle x Wirtschaftlichkeitsfaktor 0,638).
Der Wirtschaftlichkeitsfaktor wurde so bestimmt: Die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen oberen begrenzenden Fallwert und dem arztpraxisspezifischen Fallwert (30,50 - 18,00 = 12,50) wurde dividiert durch die Differenz zwischen dem arztgruppenspezifischen oberen und unteren begrenzenden Fallwert (30,50 - 10,90 =19,60). Also: 12,50 : 19,60 = 0,638.
Kein Bonus: Die Praxis hat Laborkosten von durchschnittlich 35 Euro je Fall. Die Kosten liegen damit über dem oberen begrenzenden Fallwert von 30,50 Euro. Der Wirtschaftlichkeitsfaktor beträgt 0. Ergebnis: Es wird kein Bonus ausgezahlt.
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Neue Bewertung GOP 32001
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Durch die neue Systematik musste teilweise auch die Bewertung der GOP 32001 für den Wirtschaftlichkeitsbonus verändert werden. Bei einigen Arztgruppen wird die Punktzahl angehoben, bei anderen abgesenkt. Diese Anpassung erfolgt mit dem Ziel, den Bonus gerechter zu verteilen.
Doch Achtung: Die Erhöhung oder Absenkung der Punktzahl führt nicht automatisch dazu, dass die betroffenen Arztgruppen einen höheren oder niedrigeren Bonus erhalten. Denn die Höhe des Bonus hängt letztlich davon ab, wie sich die neue Systematik insgesamt auswirkt. So wird nicht nur die Bewertung der GOP 32001 angepasst, ab April werden auch alle Fälle gezählt, die mit einer Kennnummer gekennzeichnet sind.