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PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

„Hier wird mal wieder mit zweierlei Maß gemessen“ – Bundestag verabschiedet Digitalisierungsgesetze

14.12.2023 - Mit scharfer Kritik hat der Vorstand der KBV auf die heute im Bundestag verabschiedeten Digitalisierungsgesetze reagiert. „Hier wird mal wieder mit zweierlei Maß gemessen“, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. So würden die Niedergelassenen unter Androhung von Sanktionen zur Anwendung des eRezepts verpflichtet, während Krankenhäuser einen Freifahrtschein erhielten.

Mit den Gesetzen zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz) und zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz) will der Gesetzgeber die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben. Zudem sollen mehr Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken bereitgestellt werden.

Ein Kernelement ist die elektronische Patientenakte (ePA), die ab 2025 jeder gesetzlich Krankenversicherte erhalten soll, sofern er dem nicht widerspricht. Weitere Punkte sind unter anderem das eRezept und der eArztbrief – beide Anwendungen sollen in Arztpraxen verpflichtend eingeführt werden. Zudem soll die Interoperabilität verschiedener Systeme gefördert werden. 

Insbesondere das Digital-Gesetz stößt beim Vorstand der KBV auf deutliche Kritik. Über kurzfristig vorgelegte Änderungsanträge der Regierungsfraktionen seien die Aufklärungs- und Befüllungspflichten der Niedergelassenen bei der ePA noch umfangreicher geworden, während andernorts großzügige Ausnahmen gemacht würden, kritisierte Gassen.

„Es ist die altbekannte Leier“, pflichtete der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Stephan Hofmeister, bei. „Die Praxen werden unter Sanktionsandrohungen in die Pflicht genommen, auch was die Befüllung der elektronischen Patientenakte angeht.“ Das werde für alles andere als Begeisterungsstürme in den Praxen sorgen.

„Apropos Verpflichtungen: Auch die Krankenkassen müssten eigentlich ihrer Pflicht zur Aufklärung über die ePA nachkommen, tun dies aber weiterhin nicht zufriedenstellend“, betonte Hofmeister. Das ließe befürchten, dass auf die Praxen letztlich doppelte Arbeit zukomme.

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner ergänzte: „Die beiden Gesetze mitsamt Änderungsanträgen haben das Potenzial, die Arbeit der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erneut mit Bürokratie und ‚Digitalisierungsberatung‘ zu belasten. Mit den umfangreichen Aufklärungspflichten dürfte die effektive Behandlungszeit an Patientinnen und Patienten noch weiter abnehmen.“

Vor diesem Hintergrund wies Steiner noch einmal auf die erst letzte Woche vorgestellte Ärztebefragung von KBV und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hin. Schon jetzt klagten viele Praxen über die Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung. Neun von zehn Befragten hätten berichtet, dass Digitalisierungsmaßnahmen ihren Praxisablauf beeinträchtigten. Nur ein gutes Viertel erachtete die zur Verfügung stehende Zeit für Patientinnen und Patienten als ausreichend.

Steiner: „Ich habe daher große Sorge, dass beide Gesetze den Frust in den Praxen weiter erhöhen und am Ende noch mehr Kolleginnen und Kollegen über einen vorzeitigen Ausstieg aus der Versorgung nachdenken.“

Der Bundesrat wird sich am 2. Februar im zweiten Durchgang mit dem Digital-Gesetz und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz befassen. Erst danach können sie in Kraft treten.

Über die Inhalte der Gesetze und deren Auswirkungen auf die Praxen werden die PraxisNachrichten berichten.
 

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