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Steiner: „Wir wollen vor allem über digitale medizinische Versorgungskonzepte reden“

Für eine patienten- und nutzerorientierte Digitalisierung im Gesundheitswesen sprach sich Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), auf der heutigen Vertreterversammlung in Essen aus. Die KBV sei bereit, Verantwortung für die Digitalisierung zu übernehmen und aktiv mitzugestalten.

Essen, 15. Mai 2023 – „Nicht das Ob ist Inhalt unserer Kritik, sondern das Wie“, betonte Steiner, die im März in den KBV-Vorstand gewählt worden war. Digitalisierung biete viele Chancen für die ambulante medizinische Versorgung von morgen. Allzu oft kreisten Digitalisierungsprozesse aber hauptsächlich um technische Machbarkeit, Standards, Kontrolle und Nachweispflichten. „Wir als KV-System wollen nicht nur über das technisch Notwendige und Machbare reden, sondern vor allem über digitale medizinische Versorgungskonzepte“, hielt Steiner dem entgegen.

Weit oben auf der Agenda des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) stehe derzeit die Ausweitung telemedizinischer Angebote. Die BMG-Digitalstrategie sieht unter anderem eine Streichung der 30-Prozent-Beschränkung für Videosprechstunden vor. „Man sollte mit dem ersten Schritt beginnen, bevor man an der Umsetzung des dritten Schrittes arbeitet“, kommentierte Steiner die Pläne. Die ärztliche und psychotherapeutische Leistungserbringung zu flexibilisieren und mobiles Arbeiten auch für Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu ermöglichen, darüber berate die Vertreterversammlung der KBV auch am heutigen Tage.

Weiteres zentrales Element der Digitalstrategie des BMG sei die elektronische Patientenakte (ePA). Mit der sogenannten „ePA für alle“ sollen laut BMG innerhalb der nächsten zwei Jahre 80 Prozent der Versicherten die ePA nutzen. Das BMG wolle hier lediglich mit dem Krankenhaus-Entlassbrief und einer Medikationsübersicht starten. Letztere müsse aber automatisiert und übersichtlich auf dem Praxisbildschirm erscheinen, um einen Mehrwert ohne Mehraufwand zu bieten, so Steiner. „Recherche- oder gar händische Pflege-Pflichten sind für die Ärztinnen und Ärzte weder praktikabel noch zumutbar.“ Und auch für Patientinnen und Patienten müsse die ePA einen echten Nutzen bringen. Der Patientenschutz müsse gewahrt bleiben.

Die Praxisverwaltungssysteme (PVS) will Gesundheitsminister Karl Lauterbach für das automatische Befüllen der ePA ebenfalls weiterentwickeln lassen. „Der Plan findet bei uns Unterstützung, muss aber verbindliche Standards miteinschließen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Steiner. Zwar könne die KBV inzwischen Rahmenvereinbarungen mit PVS-Herstellern zu Leistungspflichten und Qualitätskriterien aushandeln. Aber: „Wir können keinen Hersteller dazu zwingen, Rahmenvereinbarungen mit uns zu schließen.“ Daher forderte Steiner eine zusätzliche, unabhängige Instanz, die das Einhalten der Standards überwacht und gegebenenfalls sanktioniert. Echten Druck könne nur eine staatlich beauftragte Stelle ausüben.

Ein weiteres drängendes Anliegen für die Praxen sei die Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI). Hier hofft das BMG immer noch auf eine Einigung der Selbstverwaltung, obwohl die Verhandlungen über die TI-Pauschale gescheitert waren. Die KBV setze weiterhin auf Kostendeckung – und das auch bei neuen Anwendungen.

Schlussendlich habe das Thema Wirtschaftlichkeitsprüfungen verordneter Leistungen insbesondere bei Arzneimittelverordnungen nach wie vor hohe Brisanz, sagte Steiner: „Finanzielle Einsparungen bei Off-Label-Use-Verordnungen nehmen die Krankenkassen gerne an.“ Im umgekehrten Fall regressierten sie aber die gesamten Verordnungskosten – und nicht nur die Differenz zwischen dem wirtschaftlichen und dem tatsächlich verordneten Präparat. „Das kann und darf so nicht bleiben“, kritisierte die Ärztin und sprach sich für eine Klarstellung des Gesetzgebers aus.

Die angesprochenen Beispiele würden die Kritiker Lügen strafen, die behaupteten, Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten würden immer nur nach mehr Geld rufen. „Das Gegenteil ist der Fall: Sie gehen ständig in Vorleistung“, resümierte Steiner.

 

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