Neue Bundesregierung: KBV ist offen für Dialog
Wie bewerten Sie die aktuelle politische Situation?
Dr. Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorsitzender der KBV
Ja, wir haben eine neue Bundesregierung, immerhin, kein ganz einfacher Start. Wir haben eine neue Bundesgesundheitsministerin, Frau Warken, und sind gespannt, Frau Warken kennenzulernen und in den Austausch zu treten.
Was ist von der neuen Bundesregierung zu erwarten?
Bezogen auf die Gesundheitspolitik erwarten wir vor allem und hoffen wir darauf, dass wieder mit uns gesprochen wird, gesprochen im Sinne eines echten Dialogs, in den wir dann unsere Ideen und Vorschläge einbringen können zur Weiterentwicklung der ambulanten Gesundheitsversorgung.
Ich kann nachvollziehen, dass die Situation für den GKV-SV, für die gesetzlichen Krankenkassen herausfordernd ist und nach den ursprünglichen Ideen im ersten Entwurf des Koalitionsvertrags war das Thema ja auch adressiert. Jetzt ist es in eine Kommission und nach 2027 verlagert, das ist bestimmt eine Herausforderung. Gleichzeitig ist ein Ausgabenmoratorium für das ambulante Gesundheitswesen vollkommen unangemessen, denn wir sind nicht der Preistreiber, sondern im Gegenteil, wir sind ein preiswertes System und das System weiter zu schwächen, macht das System erst richtig teuer.
Welche Themen bewegen die Niedergelassenen aktuell besonders?
Ganz stark und weit vorne steht nach wie vor die Entbürokratisierung, also ein substanzieller, spürbarer Bürokratieabbau, der es den Praxen und den Mitarbeitenden in den Praxen ermöglicht sich viel intensiver wieder um ihre Patientinnen und Patienten zu kümmern, anstatt Formulare auszufüllen. Die Bagatellgrenze, die die KBV seit vielen, vielen Jahren fordert, was die Regresse angeht, wäre da ein ganz wichtiger Schritt, der ist nun im Koalitionsvertrag enthalten, auch in der Forderungshöhe, wie wir ihn eingebracht haben mit 300 Euro, das wäre tatsächlich ein großer Schritt, eine große Entlastung, ein Abbau bürokratischer Hürden und in diese Richtung muss es noch ganz viele geben. Das Konzept des Primärarztsystems enthält viele gute Ansätze, Steuerungen, Angebote machen, wir haben mit der 116117 auch aus dem KV-System heraus ein hervorragendes Produkt im Angebot mit SMED und 116117, das muss skaliert werden, muss finanziell so hinterlegt werden, dass es bundesweit tatsächlich 24/7 leistungsstark an Start geht. Das Modell an sich funktioniert, aber skaliert werden kann es eben nur, wenn entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden, das ist ein weiterer Punkt und dann ist die Entbudgetierung der Hausärzte, die ja noch aus dem alten Gesetzgebungsverfahren kommt, noch eine Herausforderung, die wir jetzt lösen müssen, die haben wir schon lange gefordert, wir fordern sie auch für andere Arztgruppen, aber für die Hausärzte ist es jetzt da, so wie es die KBV immer gefordert hat mit den von uns immer ausgeführten Schwächen, die es jetzt versuchen kleinzuhalten gilt, hier gibt es intensiven Dialog mit dem GKV-SV, der sich wie erwartet sehr sperrig zeigt und sehr deutlich spüren lässt, dass er eigentlich gar nichts hält von dieser Entbudgetierung, wir werden das aber auch noch in diesem Sommer zeitgerecht alles hinkriegen.
Gibt es darüber hinaus Dinge, die die KBV umtreiben?
Ja also wir haben wie gesagt den Dialog in den letzten Jahren insofern vermisst, als der Dialog in der Regel darin bestand, dass man uns Dinge mitgeteilt hat oder zwar mit uns gesprochen hat und dann nachher aber trotzdem anders verfahren ist und wir glauben, das geht sehr viel besser und wir sind immer bereit zu einem solchen konstruktiven Dialog und aus dem System heraus kommen eine ganze Reihe von hervorragenden Vorschlägen, wie Dinge gemacht werden können und das System ist gewillt und bereit sich weiterzuentwickeln, das gilt für die Digitalisierung, an der wir konstruktiv mitarbeiten, zu der wir aber fordern, dass sie funktioniert, das ist die absolute Minimalforderung in den Praxen, dass sie Datenschutzaspekte berücksichtigt, Patientendaten sind nun mal sehr wertvoll und sehr heikel und insofern, wir sind zum Dialog bereit, wir haben Ideen und wir brauchen jetzt eine Regierung und einen Gesetzgeber, der mit uns zusammen den Weg geht.
Wie wird die Agenda der KBV in den nächsten Wochen aussehen?
Wir werden jetzt mit den handelnden Politikerinnen und Politikern aus dem Gesundheitsausschuss in den Dialog treten, natürlich mit der Ministerin, mit dem BMG, auf der Fach- und Sachebene gibt es ja den Austausch weiterhin, wir werden unsere neuen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner kennenlernen und dann schauen, welche Gesetzgebungsverfahren der Reihe nach angegangen werden, das Primärarztsystem steht im Koalitionsvertrag, hier gilt es sicher, sich einzubringen, dann wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Gesetz zum Notdienst geben, zur akuten Notfallversorgung, auch da haben wir Vorschläge und bringen uns in die Diskussion ein und all das wird in den nächsten Wochen und Monaten Fahrt aufnehmen.
Die neue Bundesregierung und auch eine neue Bundesgesundheitsministerin haben ihre Arbeit aufgenommen. Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, hofft vor allem auf einen konstruktiven Dialog mit dem Bundesgesundheitsministerium. Nur so können aus seiner Sicht die großen Baustellen des Gesundheitswesens sinnvoll bearbeitet werden.