Bericht von Dr. Andreas Gassen an die Vertreterversammlung
Rede des KBV-Vorstandsvorsitzenden am 06. Dezember 2024
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
heute vor einem Monat war ein denkwürdiger Tag. Donald Trump gewann die Präsidentschaftswahlen in den USA und die Ampel-Koalition zerbrach endgültig mit einem Knall. Was eine zweite Trump-Legislatur bedeuten mag, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sorgt sich die deutsche Politik gegenwärtig schon wegen möglicher Konsequenzen.
Blicken wir auf Deutschland, dann sehen wir eine gescheiterte Ampel-Regierung. Wir sind nun mitten im Wahlkampf angekommen. Die bisherigen hektischen Vorbereitungen lassen wenig Gutes erahnen. Aus Mangel an überzeugenden Kandidaten wird es wahrscheinlich zu einem emotionalen Themenwahlkampf kommen. Aber Sachkenntnis war schon während der Ampel-Regierung nicht bei allen Kabinettsmitgliedern oberste Priorität.
Das Ampel-Aus führte insbesondere bei Vertretern der SPD zu rustikalem Auftreten, das Zuschauer peinlich betroffen zurückließ. Zuletzt beim Ministerpräsidenten von Brandenburg, der die grüne Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) entließ, weil sie anderer Meinung war als er.
Heute am 6. Dezember ist nicht nur Nikolaus, sondern auch das Dienstjubiläum von Karl Lauterbach, der heute vor drei Jahren zum Bundesgesundheitsminister berufen wurde. Der damals designierte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte aus diesem Anlass: „Nikolaus ist, wenn Wünsche erfüllt werden. Ihr wolltet ihn – ihr kriegt ihn.“ Schon damals klang dieser Satz ein bisschen, als wolle Herr Kühnert den vielen Lauterbach-Anhängern in der Pandemie sagen: „Selbst schuld.“
Auf jeden Fall kann man wohl sagen, dass die Corona-Wellen den Minister ins Amt gespült haben. Nach der Pandemie rief er die Revolution aus und schickte sich an, unser im Großen und Ganzen funktionierendes Gesundheitssystem auf links zu drehen. An einem solchen Vorhaben kann man sich nur verheben. Und so ist es dann leider auch gekommen. Dabei waren Karl Lauterbachs Problembeschreibungen gar nicht immer verkehrt. Etwa, wenn es um die Diskrepanz von, neudeutsch, Input und Outcome an manchen Stellen der Versorgung oder um die Fehlverteilung von Ressourcen ging.
Auch die Diagnose bezüglich der deutschen Krankenhauslandschaft war nicht verkehrt. Allerdings waren die Gesetzesvorlagen aus dem Hause Lauterbach dann meistens vollkommen überfrachtet und lösten nicht nur keine Probleme, sondern schufen vor allem neue. So wundert es nicht, dass das KHVVG – das ja lediglich zu einer Handvoll Gesetzen gehört, die überhaupt abgeschlossen wurden – zu chaotischen Situationen führte. Letztendlich entließ mit Herrn Woidke sogar ein SPD-Ministerpräsident seine Gesundheitsministerin, weil er das vom SPD-geführten Bundesministerium initiierte KHVVG stoppen wollte. Professionalität, Seriösität und Verlässlichkeit in der Politik sehen anders aus!
Somit bleibt nach dem vorzeitigen Ende der Ampel-Regierung nicht viel mehr für die gesundheitspolitische Bilanz übrig als ein teures Krankenhausgesetz; es bleibt eine „Volks-ePA“ – eine elektronische Aldi-Tüte, die immer noch mehr Fragen als Antworten aufwirft – und es bleibt Cannabis. Selbst das eigene sogenannte „Regierungsmonitoring“ auf der Website der Bundesregierung weist zum nahen Ende der Legislatur so gut wie kein abgeschlossenes Gesundheitsthema aus dem Koalitionsvertrag aus. Die ministerielle Prioritätensetzung war aus vertragsärztlicher und -psychotherapeutischer Sicht ohnehin meistens zweifelhaft. Bleibt zu hoffen, dass es gelingt, die zurückliegenden drei Jahre ohne allzu großen Flurschaden in der Versorgung noch abzuschließen.
Was wir mit einer neuen Bundesregierung brauchen, ist ein kompletter Neustart der Gesundheitsgesetzgebung. Notwendig und erfolgreich ist nur sinnvolle Evolution, nicht aber die viel zitierte Revolution, die Herrn Lauterbach vorschwebt. Fast keines seiner Gesetze hat die richtigen Probleme adressiert. Fast keines seiner Gesetze hat an den richtigen Stellschrauben gedreht.
Wer auch immer den Job im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) künftig übernehmen wird: Es wird darauf ankommen, mit den betroffenen Akteuren Veränderungen anzuschieben, und nicht wie bisher nach der Devise „Karl gegen den Rest der Welt“. Es ist sträflich und unklug, die Kompetenz und den Sachverstand der Selbstverwaltung zu ignorieren oder gar als Lobbyismus zu desavouieren. Nicht umsonst haben die Gründerväter und -mütter der Bundesrepublik das Prinzip der Selbstverwaltung ins Grundgesetz geschrieben. Sinnvoll wäre es, den gesetzlichen Rahmen abzustecken und die Detailregelungen der Selbstverwaltung zu überlassen – wie es Jens Spahn als Bundesgesundheitsminister zwar auch nicht immer, aber oft noch getan hat.
Am 20. Dezember ist jedenfalls Stichtag: Gesetzentwürfe, die bis dahin nicht im Parlament abgestimmt sind, werden in dieser Legislatur nicht mehr kommen. Die wichtigsten Themen werden mutmaßlich die Rentenproblematik, Maßnahmen gegen die kalte Progression, Asylrechts- und Wirtschaftsthemen wie Sofortmaßnahmen für die Industrie sein. Im Januar und Februar finden dann die Bundesparteitage statt, um die Schlussphase des Wahlkampfes einzuläuten. Gesundheitspolitisch wird also kaum noch etwas passieren. Da aber ohnehin fast keines der avisierten Gesetze den dringenden Reformbedarf wirklich gelöst hätte, ist es vielleicht sogar besser so. Das KHVVG ist zwar formal beschlossen, dürfte aber wegen der vielen handwerklichen Fehler, juristischer Probleme und unveränderter Dissense eine Generalüberholung durch die nächste Regierung erfahren.
Es ist übrigens nichts weniger als ein Wortbruch von Karl Lauterbach, dass eines der wenigen sinnvollen Vorhaben der Ampel in der Gesundheitspolitik, nämlich die Entbudgetierung der Hausärzte, wohl nicht mehr kommt. Es ist müßig hier zu versuchen, den Schwarzen Peter zwischen den Parteien hin und her zu schieben. Die Entbudgetierung der Kinderärzte zeigt, wie einfach dieser Schritt gewesen wäre, wenn er wirklich gewollt gewesen wäre. Aber ein Blick ins KHVVG zeigt deutlich, wie und wo Karl Lauterbach sich hausärztliche Versorgung und Weiterbildung zukünftig vorstellt – jedenfalls nicht in hausärztlichen Praxen.
Trotzdem ist das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) noch nicht völlig tot, sondern wird quasi auf einer gesetzgeberischen Palliativstation am Leben gehalten. Dabei degeneriert es jetzt zum sogenannten Pizzagesetz: Von allen Themen, die die verschiedenen Parteien unbedingt noch realisieren wollen, wird noch etwas drauf gepackt. „Lumpensammlergesetz“ wäre wohl eine treffendere Bezeichnung. Hingegen fällt die überfällige Notfallreform zum zweiten Mal der Diskontinuität anheim. Das große Versprechen der Ambulantisierung, mit dem die Ampel angetreten war, ist zu einer Handvoll Hybrid-DRGs und einer Exitstrategie für unrentable Krankenhäuser verkommen. Entbürokratisierung, Stärkung der Freiberuflichkeit – Fehlanzeige.
Eines hat Minister Lauterbach allerdings geschafft: Er hat die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen vereint, wie kaum einer seiner Amtsvorgänger – nämlich in der Opposition gegen seine Gesundheitspolitik. Und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, denken wir, dass es an der Zeit ist, sich auf die gemeinsame Stärke zu besinnen und Allianzen zu schmieden. Schon 2023 haben wir als KBV gemeinsam mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gemeinsam im Haus der Bundespressekonferenz die aus unserer Sicht fehlgesteuerte Gesundheitspolitik scharf kritisiert. Im Frühjahr dieses Jahres schloss sich auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) unserem Protest an. Ich meine, wir müssen hier strategisch längerfristig denken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten einen gemeinsamen „Pakt für die Selbstverwaltung“ schließen. Die letzten Monate haben es gezeigt: Die KZBV, ABDA, DKG und wir, die KBV, können Partnerschaft! Denn wir sind es, die die medizinische Versorgung der Menschen in Deutschland organisieren! Wir sind die tragenden Säulen unseres Gesundheitssystems!
Wir als KBV werden in den nächsten Wochen auf unsere Partner in der Selbstverwaltung aktiv zugehen. Dabei sollten wir aber auch den GKV-Spitzenverband als Ansprechpartner nicht ganz vergessen und in unserer Strategie mindestens mitdenken. Gerade in den gegenwärtigen herausfordernden Krisenzeiten. Gemeinsam finanzieren, organisieren und gewährleisten wir die Versorgung – das tut nicht die Politik, sondern das tun die Praxen, Apotheken und Krankenhäuser vor Ort! Es ist Zeit, dass wir die Gesundheitspolitik vom Kopf auf die Füße stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Schauen wir doch nur kurz auf die krisenhaften Rahmenbedingungen in unserem Land. Die letzten Monate haben es gezeigt: Unsere Wirtschaft ist stehend k.o., Arbeitsplätze verschwinden im Rekordtempo und zudem ist angesichts des grausam geführten russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die sicherheitspolitische Lage fragil. Nach der Corona-Starre – die, wie wir mittlerweile wissen, von Karl Lauterbach wider besseres Wissen und gegen die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) künstlich und nicht zuletzt zum wirtschaftlichen Schaden für Deutschland bewusst verlängert wurde – und dank einer erratischen Wirtschafts- und Energiepolitik bleibt für die Gesundheitsversorgung wenig politischer Raum. Dabei gibt es dringenden Handlungsbedarf. Gerade wenn die Ausgaben nicht ins Unermessliche steigen sollen, die Versorgung zeitgemäß bleiben und Leistungen nicht drastisch gekürzt werden sollen, muss die neue Bundesregierung sofort handeln. 100 Tage Einarbeitungsfrist werden die Menschen einer neuen Regierung nicht geben.
Wie eine erfolgreiche Gesundheitspolitik auch in Krisenzeiten aussehen kann, das haben wir in unserer gestrigen Klausursitzung diskutiert und in Gestalt eines Forderungspapiers an die künftige Bundesregierung formuliert. An dieser Stelle bedanke ich mich bei Ihnen allen für Ihre konstruktiven und sachorientierten Beiträge hierzu. Es bedarf künftig vor allem einer verlässlichen Gesundheitspolitik, die stabile gesetzliche Leitplanken setzt und ansonsten den Akteuren der gemeinsamen Selbstverwaltung die nötige Beinfreiheit lässt, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Dinge im Sinne der Subsidiarität selbst zu regeln.
Die beste Versorgung ist wohnortnah, wirtschaftlich und patientenorientiert und folgt der Devise „ambulant vor stationär“. Die Finanzierung des Gesundheitswesens ist eine Investition in die Zukunft und in die öffentliche Daseinsvorsorge. Umso wichtiger ist es, eine sachfremde Verwendung der Mittel zu vermeiden. Denn diese treibt die Kosten und damit am Ende die Beiträge in unnötiger Weise, was im Endeffekt zu einem Standortnachteil der Bundesrepublik im internationalen Wettbewerb führt. Anders gesagt: Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gehören in die Versorgung und sonst nirgendwo hin!
Investitionen in infrastrukturelle Maßnahmen, sei es der Umbau von Krankenhäusern oder der Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI), sind Sache von Bund und Ländern. Eine konsequente Ambulantisierung hilft, unnötige Kosten zu vermeiden und setzt wiederum Mittel für Investitionen frei. Der Finanzierungsmechanismus der ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung, allem voran die Budgetierung, ist leistungs- und innovationsfeindlich und gehört endlich reformiert. Erst mit Abschaffung der Budgets werden Praxen wieder in die Lage versetzt, eigenverantwortlich unternehmerisch zu handeln – ein Prinzip, das gewissen ideologisch geprägten Politikern ein Dorn im Auge ist. Eigenverantwortlichkeit ist aber die Grundvoraussetzung für leistungs- und ergebnisorientiertes Handeln. Anders gesagt: Wer mehr für die Versorgung leistet, muss auch besser bezahlt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die veränderten politischen Rahmenbedingungen erfordern auch eine Anpassung unserer Kampagne „Wir sind für Sie nah“. In der ersten Phase der Kampagne von April bis Juni dieses Jahres standen die Ärzte und Psychotherapeuten selbst im Fokus. Wir haben auf die angespannte Situation in den Praxen aufmerksam gemacht, auf den stressigen Versorgungsalltag mit hohen Patientenzahlen, wenig Zeit und viel Bürokratie. Dazu haben wir vor allem TV-Spots in öffentlich-rechtlichen Sendern geschaltet, flankiert durch Plakate in diversen Städten, Social-Media-Formate und klassische Printanzeigen. In dieser ersten Phase konnten wir rund 182 Millionen Kontakte in der Bevölkerung mit der Kampagne und ihren Botschaften erzielen.
In einer Zwischenphase im Sommer und frühen Herbst haben wir wegen der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen die mediale Präsenz heruntergefahren, dafür aber gezielt Politikerinnen und Politiker angesprochen, indem wir vor allem Medien bespielt haben, die von dieser Zielgruppe genutzt werden, wie politische Newsletter und Podcasts. Dabei haben wir vor allem die Auswirkungen der aktuellen Gesetzgebung thematisiert, verbunden mit der Frage „Wollen Sie das wirklich?“. Daraufhin gab es Reaktionen aus der Politik, einige Bundestagsabgeordnete haben sich bei uns gemeldet und das Gespräch gesucht.
Seit Ende Oktober bis Mitte Dezember läuft nun die zweite Phase der Kampagne, in der wir die Frage stellen, ob die Menschen als Gesellschaft und als Patienten akzeptieren wollen, die bedrohte Nähe zu ihren Ärzten und Psychotherapeuten zu verlieren. Die Botschaft kommt an, das zeigte sich unter anderem darin, dass sogar private Fernsehsender sensibel auf die begleitende Kampagnenwebsite „rettet-die-praxen.de“ und die dort bereitgestellten Informationen reagiert haben.
Nun werden wir die Kampagne noch einmal inhaltlich anpassen und haben hierzu kurzfristig Anfang dieser Woche entsprechende Maßnahmen im Lenkungsausschuss diskutiert und beschlossen. Wir wollen die Einzigartigkeit der ambulanten Versorgung in Deutschland herausstellen, und zwar unter der Überschrift „Praxenland“. „Praxenland“ zeichnet sich durch die besondere Nähe zu den Menschen aus, statt durch zentralisierte Versorgung, durch persönliches Vertrauen in „meinen“ Arzt oder „meine“ Ärztin, Psychotherapeuten oder Psychotherapeutin, statt durch anonyme Gesundheitsdienstleister. „Praxenland“ steht für verlässliche und nachhaltige Strukturen und trägt auch zur volkswirtschaftlichen Stabilität bei. Immerhin 734.000 Menschen sind in unseren ärztlichen und psychotherapeutschen Praxen beschäftigt, Tendenz seit Jahren steigend, trotz Fachkräftemangels. In der Automobilindustrie, um die sich derzeit fast alles dreht, sind rund 780.000 Menschen beschäftigt, mit in den letzten Jahren und absehbar auch weiterhin eher fallender Tendenz. „Praxenland“ ist also in vielerlei Hinsicht ein Garant für gelebtes Gemeinwohl unseres Landes in diesen schwierigen Zeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen, haben wir am 28. November im Gebäude der KBV die Wanderausstellung „Systemerkrankung. Arzt und Patient im Nationalsozialismus“ feierlich eröffnet. Dabei waren unter anderem die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sowie Gäste aus Israel, etwa die Vizepräsidentin der Knesset und eine Sprecherin der Opposition im israelischen Parlament, sowie Nachkommen von Opfern des nationalsozialistischen Regimes. Alle Rednerinnen und Redner waren sich einig: Das aktuelle Aufwallen von Antisemitismus, Hass und Hetze gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger – welches sich immer öfter nicht in verbalen Attacken erschöpft, sondern in direkter Gewalt bis hin zu Jagdszenen in den Straßen, wie neulich in Amsterdam, gipfelt – ist widerwärtig, durch nichts zu rechtfertigen und erfordert eine klare Positionierung aller. Auch hier müssen unser Staat und unsere Gesellschaft ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen.
Die Aufarbeitung der Geschichte der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands im Rahmen des Forschungsprojekts „KBV übernimmt Verantwortung“ zeigt auf erschütternde Weise, wie auch Ärzte und ärztliche Funktionäre im Nationalsozialismus sich zu Mittätern gemacht haben. Das reicht von Diffamierung und Hetze gegen jüdische Kollegen, über deren Ausschluss aus der Standesvertretung und aus dem Beruf bis hin zur aktiven Beteiligung an der Mordmaschinerie der Nazis, etwa als KZ-Ärzte oder im Rahmen der sogenannten Aktion T4.
Es ist schwer erträglich, sich diese historischen Quellen und Zeitdokumente anzusehen, die einem in ihrem bürokratischen Duktus teilweise erschreckend vertraut vorkommen, etwa wenn es um die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht geht. Noch erschütternder ist die Vorstellung, dass vieles davon in unserem eigenen historischen Archiv, teilweise sogar in einem seit Jahrzehnten nicht geöffneten Büro-Safe lagerte.
Es ist spät, aber nie zu spät, sich mit dieser Vergangenheit auseinanderzusetzen und sie immer wieder neu ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen. Genau das tun wir mit dieser Wanderausstellung, die ab Februar durch alle KV-Regionen reisen wird. Ich danke Ihnen, der Vertreterversammlung der KBV, ausdrücklich für ihre immerwährende Unterstützung dieses Projekts über mehrere Jahre und die bewilligte Finanzierung. Das war es unbedingt wert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das bringt mich zum letzten kurzen Punkt: Zu den üblichen, aber gleichwohl wichtigen Formalia einer Dezember-Vertreterversammlung gehört die Verabschiedung des Haushalts für das kommende Jahr. Anders als die Bundesregierung haben wir eine solide Haushaltsführung und -planung vorlegen können und ich bitte Sie diesbezüglich um Ihre Zustimmung.
Und nun bleibt mir nur noch Ihnen allen, trotz der wenig Optimismus verbreitenden Weltlage, eine angenehme, besinnliche und vor allem friedliche Weihnachtszeit zu wünschen. Kommen Sie gut und gesund in das neue Jahr.
Vielen Dank
(Es gilt das gesprochene Wort)