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Prof. Thomas Mertens zur Wirksamkeit der COVID-19-Impfung

Prof. Dr. Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO)

Frage 1: Wie sinnvoll ist die Impfung, wenn man trotzdem erkranken oder andere anstecken kann?

Also, unsere Möglichkeit gegen dieses Corona-Virus zu impfen, ist die entscheidende Voraussetzung für das Überwinden unserer derzeit noch bestehenden pandemischen Situation. Das ist eigentlich von allen Wissenschaftlern so bestätigt worden und das ist auch ganz sicher so. Und es geht immer um zwei Dinge: Es geht zum einen um den Schutz des Individuums, also des Einzelnen, vor allen Dingen der Menschen, die, wenn sie sich infizieren, ein großes Risiko haben, schwer zu erkranken und auch dann intensivpflichtig zu werden und im ungünstigsten Falle auch zu versterben. Und es geht natürlich auch um die sogenannte Grund-Immunität in der Bevölkerung. Das heißt, wir können aus dem pandemischen Zustand erst in einen sogenannten endemischen Zustand übergehen, wenn ein sehr großer Teil der Bevölkerung Kontakt mit dem Erreger hatte bzw. geimpft worden ist. Aber auch hier ist die Situation etwas komplizierter. Denn man müsste sie an der Stelle noch erklären, weil es so ist, dass auch eine Infektion mit der jetzigen Omikron-Variante, die derzeit kursiert, nicht sicher genug genug vor einer Infektion, zum Beispiel mit dem zuvor präsenten Delta-Virus, schützt. Insofern brauchen wir auf jeden Fall auch im Augenblick die Impfung.

Frage 2: Was wissen wir aktuell über Impfdurchbrüche?

Wenn wir von Impfdurchbrüchen sprechen, müssen wir zwischen zwei Dingen unterscheiden: Das eine ist die Tatsache, dass sich Menschen, auch wenn sie geimpft sind und auch wenn sie einmal geboostert sind, infizieren können. Das ist ganz klar der Fall. Und gerade jetzt auch mit der derzeitigen Omikron-Variante, weil die Schutzwirkung der Impfung gegenüber einer Infektion durch die Omikron-Variante schwächer ist als die Schutzwirkung gegenüber einer Infektion mit der Delta-Virus-Variante. Also es geht hier um die Frage der Infektion. Das zweite, was wir bedenken müssen, ist, wie gut schützt die Impfung vor einer schweren Erkrankung, einer Hospitalisierung und Tod. Da muss man sagen, die Impfung, auch die jetzt verfügbare Impfung, schützt sehr gut vor dem Fall einer schweren Erkrankung, der Notwendigkeit einer Hospitalisierung, einer intensiv-medizinischen Behandlung und auch vor Tod. Dazu sind die Zahlen international und auch die deutschen Zahlen ganz eindeutig.

Frage 3: Kann eine Omikron-Infektion eine COVID-19-Impfung ersetzen?

Nein, das ist, wie ich eingangs erwähnt habe, keine gute Lösung, weil wir wissen, dass diese durchgemachte Omikron-Infektion nicht sicher genug vor anderen Varianten, die noch da sind, muss man sagen, die nur jetzt im Augenblick nicht in Erscheinung treten, schützt. Ideal ist es, wenn man geimpft ist und auch eine Omikron-Infektion ohne Erkrankung durchgemacht hat. Das ist ein sehr guter Zustand, der sich dann ergibt. Aber ohne Impfung geht es im Augenblick nicht. Und bei der Gelegenheit muss man auch gleich sagen, dass es nicht sinnvoll ist, derzeit auf einen Omikron-adaptierten Impfstoff zu warten. Aus zwei Gründen: Erstens ist die tatsächliche Verfügbarkeit dieses Impfstoffes noch nicht wirklich abzusehen. Die Studiendaten sind jetzt mittlerweile für Mai angekündigt. Aber wir wissen, dass auch die Gespräche zwischen dem Hersteller und den Zulassungsbehörden noch im Gange sind und noch nicht ganz klar ist, welche Voraussetzungen für die Zulassung gefordert werden. Das heißt, bis dieser Impfstoff, der Omikron-angepasste Impfstoff, zur Verfügung steht, werden meiner Einschätzung nach noch einige Monate vergehen. Die andere Aussage, die man noch dazu treffen kann, ist, dass es eben nicht sicher ist, dass auch ein Omikron-angepasster Impfstoff ausreichend gut vor anderen Varianten, die im Herbst wieder auftreten könnten, zum Beispiel die Delta-Variante, die nicht weg ist, muss man klar sagen, sondern die einfach nur derzeit nicht in Erscheinung tritt, insofern ist es nicht sinnvoll, jetzt die Impfung zu verschieben, weil man denkt, ich warte jetzt, bis es einen Omikron-angepassten Impfstoff gibt.

Frage 4: Müssen wir uns nun alle drei Monate impfen lassen?
Ich bin überzeugt davon, dass es auf Dauer nicht nötig sein wird, die ganze Bevölkerung in kurzen Zeitabständen von mehreren Monaten zu impfen. So kann man sich die Zukunft nicht vorstellen. Was ich glaube, ist, dass wir in den kommenden Jahren immer mal wieder Menschen impfen müssen, die ein besonderes Risiko für schwere Erkrankung haben und dass man aber nicht versuchen soll, die ganze Bevölkerung zu impfen, um Infektionen zu vermeiden. Es geht hier dann darum, Erkrankungen zu vermeiden und nicht Infektionen zu vermeiden. Und das wird man auf dem Wege der gezielten Impfung von Risikogruppen erreichen können.

Frage 5: Ist die Impfung mit dem Übergang zur Endemie noch notwendig?

Vielen Menschen ist nicht klar, was der Unterschied zwischen einer pandemischen und einer endemischen Situation bei einer Virusinfektion ist. Eine pandemische Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass ein neuer Erreger auf eine Bevölkerung trifft, die überhaupt keine Erfahrung mit diesem Erreger hat. Das definiert aus wissenschaftlicher Sicht eine Pandemie. In dem Augenblick, wo der größte Teil der Bevölkerung eine Erfahrung mit diesem Erreger gemacht hat, sei es über Infektion oder über Impfung, dann geht diese Pandemie zu Ende, von der Definition her und wir erreichen eine endemische Situation. Endemisch bedeutet, der Erreger bleibt weiter in der Bevölkerung bestehen und es kommt auch gelegentlich zu Ausbrüchen. Aber es gibt eben eine Grund-Immunität in der Bevölkerung, die dafür sorgt, dass diese Ausbrüche kein enormes Maß annehmen können. Und in dieser Situation, der endemischen Situation, bleibt es wichtig, Menschen gegebenenfalls durch erneute Impfung zu schützen, die ohne einen solchen Impfschutz ein hohes Risiko hätten, bei einer Infektion, die in der Endemie möglich ist, auch schwer zu erkranken.

Trotz vollständiger Impfung erkranken auch geimpfte Menschen an COVID-19. Heißt das, dass die Impfung nicht wirkt? kbv4u hat dazu beim STIKO-Vorsitzenden Prof. Dr. Thomas Mertens nachgefragt.

Dr. Andreas Gassen zur Umsetzung der Impfung in den Arztpraxen

Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV
Wie erlebten die Arztpraxen die Impfkampagne?

Für die Arztpraxen war die Impfkampagne natürlich eine deutliche Mehrarbeit, die allerdings natürlich gerne verrichtet wurde. Es waren ja bis zu 90.000 Kolleginnen und Kollegen an der Impfkampagne beteiligt. Und das hat dann auch zu Rekordwerte bei der Impfkampagne geführt. Dreiviertel aller Impfungen sind in Praxen durchgeführt worden. Das ist aktuell immer noch der Fall, auch wenn natürlich die Zahl der Impfungen mit mittlerweile rund eine Million pro Woche deutlich abgesunken ist.

Wird der Impfstoff von Novavax nun neuen Schwung in die Impfkampagne bringen?

Es bleibt abzuwarten, weil dieser Impfstoff ja wahrscheinlich nur in einer Größenordnung von rund 4 Millionen Dosen verfügbar sein wird, also für rund 2 Millionen Impflinge reicht. Es ist ein proteinbasierter Impfstoff, der möglicherweise den oder die ein oder anderen noch überzeugen kann, die bisher bei mRNA-Impfstoffen noch ein gewisses Unwohlsein verspürt haben. Insofern hoffen wir, dass wir noch damit einige Menschen erreichen können. Denn jeder Geimpfte ist natürlich von Vorteil.

Welche Erfahrungen haben Ärztinnen und Ärzte beim Impfen gemacht?

Also bei Menschen, die sich impfen lassen wollen, ist es natürlich eine angenehme Tätigkeit, wir haben auch zu Hochzeiten der Impfkampagne viele Menschen auch bei uns in der Praxis weit über 2.000 Impfungen durchgeführt. Und das waren natürlich alles fröhliche Menschen, die eine Impfung bekamen, von der sie sich Sicherheit und Freiheit erhofften. insofern war das relativ einfach, hier entsprechend aufzuklären. Bei den Menschen, die Zweifel und Sorge haben bei der Impfung ist das natürlich sehr aufwendig. Da ist das Arzt-Patienten-Verhältnis von ganz entscheidender Bedeutung, weil doch mancher sich nach einem Gespräch mit Ärztin oder Arzt doch überzeugen lässt, weil die Patienten, und das können sie mit allem Recht, davon ausgehen, dass natürlich die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen tatsächlich nur das Patientenwohl im Auge haben und vor allen Dingen auch in der Lage sind, die wenigen Kontraindikationen, die es ja für Impfungen gibt, sicher zu identifizieren.

Wie wichtig ist das Impfen in dieser Phase der Pandemie?

Also wir befinden uns natürlich im Moment sozusagen im Übergang zur endemischen Phase, also das Corona Teil des normalen Krankheits-Geschehens sein wird, auch da werden wir aber immer wieder Wellen erwarten können, wahrscheinlich ähnlich wie bei der Influenza zum Winter hin. Insofern ist die Impfung, insbesondere für Risikogruppen, nach wie vor eine sinnvolle Maßnahme, weil sie im Grundsatz zwei positive Aspekte hat. Zum einen schützt sie unverändert vor schwerem Verlauf und Tod mit sehr großer Sicherheit. Und zum Zweiten zeigen eigentlich die allermeisten Zeichen mittlerweile darauf hin, dass auch Long-Covid-Symptome bei geimpften Patienten in deutlich geringeren Umfängen auftreten oder erst gar nicht. Insofern gibt es sehr viele gute Gründe sich impfen zu lassen. Es ist nach wie vor der beste Individualschutz. Von daher appellieren wir an alle, insbesondere die Gruppe über 60, sich noch impfen zu lassen.

Bei Impfungen, auch gegen COVID-19, ist für viele der Arzt der erste Ansprechpartner. KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen berichtet, wie die Praxen ihre Rolle dabei erlebt haben und erleben.

Prof. Hendrik Streeck zur Sicherheit der COVID-19-Impfung

Die COVID-19-Impfstoffe waren sehr schnell verfügbar. Wurde dafür der Zulassungsprozess abgekürzt?

Der Zulassungsprozess für Impfstoffe ist eigentlich sehr genau vorgegeben und da wurde auch keine Abkürzung genommen, sondern was gemacht wurde, ist, dass man den zeitlichen Verlauf zusammengezogen hat. Man hat die wissenschaftliche Beratung dazu gezogen, also während des Review-Prozesses. Man hat ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren gemacht, dass wenn Fragen aufgekommen sind, dass man die sofort beantworten konnte. Aber die einfache Antwort dazu ist: Nein, man hat hier keine Abkürzung genommen, sondern es ist der geregelte Ablauf durchgelaufen, wie das auch vor der Pandemie gewesen wäre.

Wie sieht der Zulassungsprozess von Impfstoffen aus?

Bei der Zulassung von Impfstoff-Kandidaten müssen bestimmte Phasen durchlaufen werden und das beginnt zunächst damit, dass in der allerersten Phase an einer kleinen Gruppe die Verträglichkeit geschaut wird, also die Sicherheit von dem Impfstoff und auch, ob genügend Immunantworten induziert werden. In der zweiten Phase wird dieser Impfstoff dann an mehreren Menschen durchgeführt, also getestet auf vor allem Verträglichkeit und auch schon getestet, ob seltenere Nebenwirkungen auftreten. In dieser Phase wird eben auch geschaut, was die richtige Dosierung eines Impfstoffes ist. In der dritten Phase wird der Impfstoff erst getestet, ob er überhaupt vor einer Erkrankung schützt. Er wird erst auf die Sicherheit und Verträglichkeit getestet, bevor überhaupt getestet wird, ob dieser Impfstoff auch eine Effektivität hat, also vor der Infektion oder vor dem schweren Verlauf schützt. Und in der letzten Phase, der Phase 4, also nach der Zulassung, wird noch weiterhin genau nachbeobachtet, ob nicht doch seltene Nebenwirkungen auftreten können. Und genau diese Phasen sind auch bei den Impfstoffen, die zugelassen wurden, durchlaufen worden.

Weiß man genug über die Sicherheit der Impfstoffe, auch in Bezug auf Langzeitschäden?

Der eigentlich so im Volksmund geläufige Begriff von Langzeitschäden oder Langzeitfolgen, den gibt es bei Impfstoffen in dem Sinne eigentlich nicht. Es gibt Nebenwirkungen, die relativ bald nach einer Impfung auftreten können. Und davon gibt es einige wenige Nebenwirkungen, die vielleicht als Langzeitfolgen beschrieben werden können. Wenn eine Nebenwirkung nämlich sehr, sehr, sehr selten auftritt, also zum Beispiel eine Autoimmun-Reaktion, dann merkt man das erst im Zeitverlauf, also erst, wenn das häufiger aufgetreten ist und dann bezeichnete man das gegebenenfalls als Langzeitfolgen. Der Vorteil aber bei den COVID-19-Impfstoffen, dass fast acht Milliarden Menschen weltweit geimpft wurden mit den neuen Impfstoffen und eigentlich diese Art von Langzeitfolgen nicht auftreten. Auch Novavax hat den regulären Zulassungs-Prozess durchlaufen und das Paul-Ehrlich-Institut beobachtet natürlich jetzt genau, ob zusätzliche, seltene Nebenwirkungen auftreten könnten. Von den Menschen, die weltweit mit Novavax geimpft wurden, ist das aber nicht der Fall.

Was sagen Sie zu Bedenken hinsichtlich nicht zugelassener Inhaltsstoffe?

Es gibt in den Impfstoffen keine Inhaltsstoffe, die nicht zugelassen sind. Es wird hierüber spekuliert, dass die ALC-0 3 15 und ALC-0 1 5 9 angeblich nicht zugelassen wären, aber das ist nicht so. Das sind zwei Bestandteile, die diese Lipid-Hülle formen, damit die RNA auch in die Muskelzellen gelangt. Aber auch die wurden im Review-Prozess, im Begutachtungs- und Zulassungsverfahren zugelassen. Es ist damit kein Bestandteil, der nicht zugelassen wurde und auch aben am Menschen verwendet werden kann.

Nicht einmal ein Jahr lag zwischen der Entdeckung von SARS-CoV-2 bis zum ersten Impfstoff dagegen. Ist die Impfung trotzdem sicher? Diese Frage hat kbv4u dem Virologen Prof. Dr. Hendrik Streeck gestellt.