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Stand 27.10.2023

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Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG-V)

Stellungnahme der KBV zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (Bearbeitungsstand der Verordnung: 21. September 2023)

Die KBV begrüßt ausdrücklich das Vorhaben, nachhaltige Reformansätze an der Schnittstelle zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung umzusetzen. Sie folgen der Patientensouveränität und sind zugleich wirtschaftlich. Mit der Einführung der speziellen sektorengleichen Vergütung gemäß § 115f SGB V wurde vom Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, an dieser Stelle ambulante Operationen zu fördern. Durch diese Ambulantisierung werden auch aus Sicht der KBV im Gesundheitssystem auf Dauer Kosten gespart sowie die Versorgung patientenfokussiert gefördert. Zusätzlich werden Deutschlands Krankenhäuser von vielen unnötig stationär behandelten Fällen und damit das in diesen Krankenhäusern beschäftigte Pflegepersonal entlastet.

Der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages in § 115f SGB V kommt aus Sicht der KBV daher eine große Bedeutung zu. Nachdem die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband als Vertragsparteien nach § 115b Abs. 1 Satz 1 SGB V bis zum 31. März 2023 keine Einigung erzielen konnten, liegt mit dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG-V) ein Lösungsvorschlag zur Umsetzung und Zielerreichung vor.

Aus Sicht der KBV werden die zu begrüßenden Ziele des Reformvorhabens mit diesem vorliegenden Lösungsansatz nicht erreicht werden können. Für die Zielerreichung bedarf es eines Wettbewerbes zwischen den Akteuren in der Sektorenschnittstelle. Die Notwendigkeit eines Wettbewerbs zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor ergibt sich daraus, dass für die Krankenhäuser eine Ambulantisierung Umsatzverluste im Sinne einer Kostenanpassung an die entsprechenden Einsparungen bedeutet. Die Umsetzung der speziellen sektorengleichen Vergütung muss diesen Wettbewerb zwingend anreizen.

Aus Sicht der KBV verfehlt der vorliegende Entwurf der Hybrid-DRG-V diese notwendige Ausrichtung aus folgenden Gründen:

  1. Der Umfang des Startkataloges, der fünf Leistungsbereiche mit 244 OPS-kodierten Verfahren umfasst, ist wesentlich zu klein, um den Wettbewerb in ausreichendem Maße anzukurbeln.
  2. Die aus vertragsärztlicher Sicht unzureichende Abgrenzung der von den Hybrid-DRG umfassten Leistungen, führt dazu, dass Vertragsärzte nicht umfassend in den Wettbewerb einsteigen werden. Dies betrifft insbesondere unklare Regelungen in Bezug auf viele beteiligte Fachgruppen, die in der vertragsärztlichen Versorgung als eigenständige Abrechnungseinheiten fungieren, und der pauschale Einbezug der fallindividuell sehr unterschiedlichen Sachkosten.
  3. Die Höhe der Bewertung der Hybrid-DRG setzt kaum bzw. nur in Teilen den notwendigen Anreiz für Vertragsärzte. Dies betrifft insbesondere die Abrechnung ambulanter Operationen in höheren EBMKategorien. Die einheitliche Vergütung nach den Hybrid-DRG-Pauschalen, ohne die in § 115f SGB V vorgesehene Schweregraddifferenzierung, verhindert in großen Teilen den für den Wettbewerb notwendigen Anreiz.
  4. Vertragsärzte werden mit der Hybrid-DRG-V gezwungen, die bisher ausschließlich im stationären Sektor angewendete DRG-Groupersystematik mittels einer Datenverarbeitungslösung einzusetzen. DiesSeite 4 von 10 / KBV / Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG-V) / 27. Oktober 2023 bedeutet eine zusätzliche Hürde für die Teilnahme von ambulant tätigen Vertragsärzten an der sektorengleichen Versorgung gemäß des vorgelegten Entwurfes der Hybrid-DRG-V.

Im Detail werden die genannten Punkte in der Kommentierung der Einzelvorschriften nochmals aufgegriffen.

Darüber hinaus möchten wir erneut anmerken, dass der durch die Änderung des § 115f SGB V im Pflegestudiumstärkungsgesetz (Drucksache des Dt. Bundestages 20/8901) vorgesehene Zeitraum für die Überarbeitung der Hybrid-DRG mit dem Ziel der Erweiterung durch die Vertragsparteien nach § 115b SGB V erfahrungsgemäß kritisch einzuschätzen ist. Nach Einschätzung der KBV führen die vorgegebenen Fristen zu Fristüberschreitungen, deren Ursache nicht in unzureichenden Beratungsprozessen und fehlendem Engagement der Vertragsparteien, sondern in zu engen Zeitvorgaben liegt.

Abgesehen davon ist die vom Gesetzgeber in § 115f Abs. 4 Satz 1 SGB V aufgenommene Ermächtigung des BMG zum Erlass der vorliegenden Rechtsverordnung bei Nichteinigung der Selbstverwaltungspartner verfassungsrechtlich problematisch und nicht zielführend. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb – anderes als etwas beim Ambulanten Operieren nach § 115b SGB V – nicht das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a SGB V als Streitschlichtungsorgan vorgesehen ist, sondern die näheren Vorgaben unmittelbar vom Staat erlassen werden. Die in § 115f Abs. 4 Satz 1 SGB V enthaltene Verordnungsermächtigung ist ein weiterer Beleg für den Weg in die Staatsmedizin und die Aushöhlung der seit Jahrzehnten bewährten funktionalen Selbstverwaltung. Dies lehnen wir ab.

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