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Praxisnachrichten

PraxisNachrichten: Hinterher ist man immer schlauer

Neu: Anspruch auf Zweitmeinung vor Implantationen von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren

04.08.2022 - Vor planbaren Implantationen von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren haben gesetzlich Versicherte ab sofort Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung. Der entsprechende Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses ist jetzt in Kraft getreten.

Ärztinnen und Ärzte, die als „Zweitmeiner“ tätig sein möchten, können nunmehr eine Genehmigung bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung erhalten. Diese Möglichkeit besteht für (Kinder- und Jugendlichen-) Kardiologen sowie Herzchirurgen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte im Mai die Details festgelegt (siehe Infokasten). Damit können Patientinnen und Patienten unabhängig von ihrer jeweiligen Grunderkrankung eine zweite ärztliche Meinung einholen, bevor ein Herzschrittmacher oder Defibrillator (Herzschrittmacher, ICD-, CRT-P- und CRT -D-Aggregate) implantiert wird.

Der Anspruch auf eine Zweitmeinung gilt nur für planbare Eingriffe und nicht für Notfalleingriffe, dringliche Eingriffe sowie Eingriffe zum Wechsel von Geräten alleine aufgrund von Batterieermüdung ohne gleichzeitigen Wechsel zwischen den Systemen.

Die für die Abrechnung notwendigen Gebührenordnungspositionen, die „Erstmeiner“ und „Zweitmeiner“ abrechnen können, sind bereits im EBM enthalten.

Zweitmeinung bei acht Eingriffen möglich

Damit besteht nun bei acht Eingriffen, soweit diese planbar sind, Anspruch auf eine Zweitmeinung. Neben dem neuen Verfahren sind dies beispielsweise Hysterektomien sowie kathetergestützte elektrophysiologische Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen.

Information über den Anspruch

Alle Ärztinnen und Ärzte („Erstmeiner“) sind verpflichtet, Versicherte über ihren Rechtsanspruch auf eine Zweitmeinung zu informieren, wenn sie die Indikation für einen dieser planbaren Eingriffe stellen. Dies gilt nunmehr auch für die Implantation von Herzschrittmachern oder Defibrillatoren.

Kein Rechtsanspruch auf Zweitmeinung besteht bei solchen Eingriffen, die aufgrund von akuten traumatischen Ereignissen oder aufgrund von akut auftretenden neurologischen Komplikationen notwendig sind. Gleiches gilt bei Eingriffen aufgrund von Tumorerkrankungen, da in beiden Fällen die vorgegebene Mindestwartezeit vor der Zweitmeinung nicht adäquat ist.

Details zum Zweitmeinungsverfahren Implantation eines Herzschrittmachers oder Defibrillators
Eingriffe

Unabhängig von der jeweiligen Grunderkrankung ist eine Zweitmeinung bei einer geplanten Implantation eines Herzschrittmachers oder eines Defibrillators (Herzschrittmacher, ICD-, CRT-P- und CRT -D-Aggregate) möglich. Nicht umfasst sind Notfalleingriffe, dringliche Eingriffe sowie Eingriffe zum Wechsel von Geräten alleine aufgrund von Batterieermüdung ohne gleichzeitigen Wechsel zwischen den Systemen.

Facharztgruppen „Zweitmeiner“

Für die Beratung über die Notwendigkeit eines empfohlenen Eingriffs können folgende Facharztgruppen eine Genehmigung erhalten:

  • Innere Medizin und Kardiologie
  • Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie
  • Herzchirurgie
  • Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinderkardiologie
  • Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendkardiologie

Leistungsinhalt

Die Zweitmeinung umfasst die Durchsicht vorliegender Befunde der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes und ein Anamnesegespräch. Hinzu kommen ärztliche Untersuchungen, sofern sie zur Befunderhebung und Überprüfung der Indikationsstellung zwingend erforderlich sind.

Regelungen zur Vergütung

„Erstmeiner“: Der Arzt, der die Indikation stellt, kann für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem ärztlichen Zweitmeinungsverfahren die Gebührenordnungsposition (GOP) 01645 einmal im Krankheitsfall (vier Quartale) abrechnen. Sie ist mit 75 Punkten bewertet. Die Leistung beinhaltet auch die Zusammenstellung aller erforderlichen Unterlagen für die Patientin oder den Patienten.

„Zweitmeiner“: Die Abrechnung der Zweitmeinung ist im Abschnitt 4.3.9 „Ärztliche Zweitmeinung“ im Allgemeinen Teil des EBM geregelt. Danach rechnet der Arzt, der die Zweitmeinung abgibt, für die Patientin oder den Patienten seine jeweilige arztgruppenspezifische Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale ab. Sind für seine Beurteilung ergänzende Untersuchungen notwendig, kann er diese ebenfalls durchführen, muss sie aber medizinisch begründen.

Hinweis: Die Vergütung der Leistungen erfolgt ab dem Inkrafttreten des jeweiligen Zweitmeinungsverfahrens befristet für drei Jahre extrabudgetär.

Kennzeichnung der Leistungen

Ärztinnen und Ärzte müssen alle Leistungen des Zweitmeinungsverfahrens bei der Abrechnung nach bundeseinheitlichen Vorgaben eingriffsspezifisch kennzeichnen.

Für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem Zweitmeinungsverfahren bei Eingriffen zur Implantation eines Herzschrittmachers oder eines Defibrillators durch den „Erstmeiner“ ist die neue bundeseinheitliche GOP 01645H vorgesehen.

Durch den „Zweitmeiner“ hat eine indikationsspezifische Kennzeichnung aller im Zweitmeinungsverfahren durchgeführten und abgerechneten Leistungen als Freitext im Feld freier Begründungstext (KVDT‐Feldkennung 5009) mit dem Code 88200H zu erfolgen.

Eingriffe mit Anspruch auf Zweitmeinung

Bei diesen planbaren Eingriffen können Versicherte eine zweite Meinung einholen:

  • Mandeloperationen (Tonsillektomie, Tonsillotomie)
  • Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien)
  • arthroskopische Eingriffe an der Schulter
  • Amputationen beim diabetischen Fußsyndrom
  • Implantationen einer Knieendoprothese
  • Eingriffe an der Wirbelsäule
  • kathetergestützte elektrophysiologische Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen
  • Implantation von Herzschrittmachern und Defibrillatoren

Gesetzlicher Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung

Der Anspruch auf Zweitmeinung ist im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 verankert (§ 27b SGB V). Damit haben gesetzlich versicherte Patienten einen Rechtsanspruch auf Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung bei bestimmten planbaren Eingriffen. Im Gesetz ist auch festgelegt, dass die Krankenkassen die Kosten tragen, die Ärzten durch die Bereitstellung von Befundunterlagen zur Zweitmeinung entstehen. Die Verfahrensregeln für die Zweitmeinung hat der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie festgelegt.

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