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PraxisBarometer 2023: Praxen nutzen deutlich öfter digitale Anwendungen

18.01.2024 - Die Digitalisierung in den Arztpraxen ist in vielen Bereichen deutlich gestiegen. Das geht aus dem aktuellen PraxisBarometer Digitalisierung hervor, dessen Ergebnisse die KBV am Dienstag vorgestellt hat. Insgesamt werden TI-Anwendungen beträchtlich öfter genutzt.

Vor allem hat die digitale Kommunikation der Niedergelassenen untereinander stark zugenommen. So versenden mittlerweile rund 38 Prozent der Praxen über den E-Mail-Dienst „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) Nachrichten. Vor einem Jahr waren dies erst 20 Prozent. Zugleich wurden Wünsche nach einer verstärkten digitalen Kommunikation mit Krankenhäusern und Pflegeheimen geäußert.

Über 3.000 Teilnehmer

Die Befragung hat das IGES Institut zum sechsten Mal im Auftrag der KBV durchgeführt. Mit 3.165 Ärzten und Psychotherapeuten haben sich diesmal so viele wie noch nie daran beteiligt und ihre Erfahrungen mit der Digitalisierung kundgetan. Die Befragung fand im September und Oktober 2023 statt.

Steiner: Praxen wünschen sich mehr digitale Kommunikation 

„Die Ergebnisse zeigen zweifelsfrei: Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sind für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell sehr aufgeschlossen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner auf einer Pressekonferenz. Voraussetzung sei, dass die Digitalisierung – ob von Prozessen oder nur einzelnen Formularen – durch einen konkreten Mehrwert für die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung überzeugen müsse. 

Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten

Die Einführung digitaler Anwendungen sollte sich auf die Bereiche fokussieren, in denen aus medizinischer Sicht der größte Nutzen zu erwarten sei, betonte Steiner. Dies seien derzeit die digitale Übermittlung von Krankenhaus-Entlassbriefen, Arztbriefen, Befund- und Labordaten. Hier gebe es laut Befragung auch die größte Nachfrage.

Insbesondere an den digitalen Kommunikationswegen von Patienten und Ärzten untereinander werde deutlich, hob Steiner hervor, dass die Niedergelassenen digitale Anwendungen auch ohne gesetzliche Vorgabe nutzten, wenn sie der Versorgung dienten. 

So bietet jede vierte Praxis den Patientinnen und Patienten an, online Termine zu vereinbaren. Weiterhin hoch ist der Anteil der Praxen, die Videosprechstunden durchführen. Bei den Psychotherapeuten sind dies laut Befragung 73 Prozent und bei den Ärzten 20 Prozent. Die meisten berichteten, dass die Konsultation via Kamera technisch in der Regel gut funktioniere und sich am ehesten bei bekannten Patientinnen und Patienten anbiete. Einen hohen Nutzen in der digitalen Patientenkommunikation sehen viele Umfrageteilnehmer auch in der Erinnerung an Termine, Früherkennungsuntersuchungen und Impfungen. 

Arbeitgeber akzeptieren eAU häufig noch nicht

Eine deutliche Zunahme ist dem PraxisBarometer zufolge bei der Inanspruchnahme der Anwendungen in der Telematikinfrastruktur (TI) erkennbar. So nutzten zum Befragungszeitpunkt 92 Prozent die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Dabei gab jeder zweite an, eher bis sehr zufrieden mit der Anwendung zu sein. 

Unzufriedenheit besteht weiterhin damit, dass das Verfahren nicht unvollständig digitalisiert ist und weiterhin Papierausdrucke für Patientinnen und Patienten und teilweise für deren Arbeitgeber notwendig sind. So geben 29 Prozent der Praxen an, dass Patienten wegen eines Akzeptanzproblems des Arbeitgebers einen Ausdruck fordern und 34 Prozent, weil der Arbeitgeber die eAU nicht abrufen kann. 

Weit über die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte empfangen der Umfrage zufolge eArztbriefe, im Vorjahr waren es nur 40 Prozent. Fast ebenso stark werden Befunddaten und Labordaten im digitalen Austausch versendet.

TI-Störungen hemmen Praxisbetrieb enorm

Beklagt wurden auch in dieser Befragung häufige Störungen in der TI. Immerhin berichten über die Hälfte der befragten Praxen, dass sie mindestens einmal wöchentlich  Probleme mit der TI haben. Die Auswirkungen der TI-Störungen auf den Praxisbetrieb sind groß. So geben knapp 83 Prozent an, dass die Praxisorganisation hierdurch gestört ist und knapp 86 Prozent, dass ein Neustart von Kartenlesegeräten oder des Konnektors erforderlich gewesen ist.

Zu wenig digitale Kommunikation mit Kliniken 

Als Manko kristallisierte sich in der Befragung wiederum heraus, dass der Anteil der digitalen Kommunikation von Vertragsarztpraxen mit Krankenhäusern weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau stagniert. So sagen die Befragten, dass sie nur sechs Prozent der Entlassbriefe elektronisch erhielten. Nur knapp sieben Prozent geben an, dass die schriftliche Kommunikation mit Krankenhäusern nahezu oder mehrheitlich digital erfolgt.

Besonders gravierend ist dies angesichts der Tatsache, dass 71 Prozent der Befragten einen enormen Nutzen in der digitalen Übermittlung von Krankenhaus-Entlassbriefen sehen. In den Fokusgruppeninterviews gaben viele Niedergelassene an, dass sie die Entlassbriefe derzeit nur über die Patientinnen und Patienten oder mit großer zeitlicher Verzögerung vom Krankenhaus erhielten. Eine zuverlässige digitale Übermittlung an die behandelnden Arztpraxen könnte aus Sicht der Befragten die Patientensicherheit deutlich verbessern.

Viele Niedergelassene thematisierten auch die fehlende Anbindung der Pflegeheime an die TI. Dadurch sei kein digitaler Austausch möglich.

PraxisBarometer Digitalisierung seit 2018

Mit dem PraxisBarometer Digitalisierung hat die KBV seit 2018 die bislang umfassendste repräsentative, wissenschaftlich begleitete Befragung von Ärzten und Psychotherapeuten zum Stand der Digitalisierung vorgelegt. Ein zentrales Ergebnis war auch in den vergangenen Jahren, dass die Ärzte und Psychotherapeuten der Digitalisierung durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen. Das gilt aber nur dann, wenn die Praxis daraus einen konkreten Nutzen für die Organisation oder die Patientenversorgung ziehen kann. 
 

Fünf Forderungen der KBV: Abgeleitet aus den Ergebnissen und anschließenden Fokusgruppeninterviews 

  • Anwendungen sowie deren Softwareimplementierung müssen vor ihrer Einführung in die Praxen ausreichend getestet werden. Digitalisierung bringt nur dann einen Nutzen, wenn sie Abläufe beschleunigt und vereinfacht. 
  • Die Einführung digitaler Anwendungen sollte sich auf die Bereiche fokussieren, in denen aus medizinischer Sicht der größte Nutzen zu erwarten ist. Dies sind derzeit die digitale Übermittlung von Krankenhaus-Entlassbriefen, Arztbriefen, Befund- und Labordaten.
  • Durch die Digitalisierung dürfen nicht weitere administrative Aufgaben in die Praxen verlagert werden. Die Zeit für administrative Tätigkeiten geht zulasten der Patientenversorgung. Auch die anderen Akteure des Gesundheitswesens müssen ihren Aufgaben nachkommen. So ist es beispielsweise an den Krankenkassen, ihre Versicherten über das eRezept und die ePA aufzuklären.
  • Verfahren müssen vollständig digitalisiert werden, denn eine teilweise Digitalisierung schafft doppelte Aufwände. Bevor neue Bereiche für die Digitalisierung in den Blick genommen werden, sollten bereits eingeführte Verfahren komplett digitalisiert werden. Beispiele sind die eAU und das eRezept.  
  • Die Qualität der Hard- und Softwarekomponenten muss flächendeckend sichergestellt werden. Die sanktionsbewehrte Einführung von Anwendungen ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit des Gesetzgebers angesichts unzureichend funktionierender Technik.

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