Arbeitszeit und Weiterbildung: mehr Flexibilität für alle
Werner Leibig:
„Mein Name ist Werner Leibig. Ich bin Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Diabetologe zusammen mit meiner Schwester Petra Leibig in der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Dannstadt-Schauernheim, seit 1993 niedergelassen. Hier an diesem Standort sind wir seit 2015. Wir haben uns diese größeren und schöneren Räume gewünscht und dann letzendes selbst gebaut. Das Arbeiten ist hier sehr viel angenehmer und ermöglicht mir in einem großen Team mit entsprechend vielen Räumen und entsprechend viel Platz zu arbeiten.
In unserem Team arbeiten insgesamt sechs Ärzte. Das heißt, außer meiner Schwester und mir zwei weitere angestellte Fachärztinnen für Innere und Allgemeinmedizin und zwei Ärztinnen in Weiterbildung, die Fachärztin für Innere und Allgemeinmedizin beziehungsweise Allgemeinmedizin werden wollen.“
Canan Özkaya:
„Ich bin Canan Özkaya, bin 35 Jahre alt. Bin jetzt seit zwei Jahren in der Praxis. Zwei Kinder habe ich und bin hier in Teilzeit als Weiterbildungsassistentin oder Arzt in Weiterbildung.“
Werner Leibig:
„Ich hab die erste Assistenzärztin 2002 oder 2003 ausgebildet. Und seit dem eigentlich mit einer Lücke von einem halben Jahr immer Weiterbildungsassistenten gehabt.
Zu zweit waren die Arbeitszeiten einfach tierisch, vor allem wenn meine Praxispartnerin in Urlaub war oder umgekehrt, für den Verbleibenden dann der Berg an Arbeit kaum zu schaffen. Bis spät in den Abend gingen die Sprechstunden- und die Hausbesuchstätigkeit. Wir haben deswegen angefangen auszubilden. Und die dritte, die wir ausgebildet haben, blieb ja dann zunächst mal als Juniorpartnerin, wie sie fertig war, erhalten. Seitdem sind zwei weitere, die wir zum Facharzt ausgebildet haben, bei uns geblieben. Die Hoffnung ist, dass es so weiter geht, dass wir irgendwann ein Team von sechs bis acht Ärzten sind, die dann den Standort weiterführen können, wenn wir irgendwann nicht mehr arbeiten.“
Canan Özkaya:
„Ich möchte auf jeden Fall in der Praxis arbeiten, allerdings als Angestelltentätigkeit, also im Angestelltenverhältnis.
Mir war eigentlich schon in der Klinik dann erst Recht klar, dass ich irgendwann in die Praxis gehen möchte, aus verschiedenen Gründen. In der Klinik ist dann doch eine ganz andere Atmosphäre, auch Arzt-Patienten-Bindung/Beziehung ist nicht vergleichbar mit der Praxis, hier in der Allgemeinmedizin, gerade auf dem Land kann man viel vertrauensvollere Verhältnisse oder überhaupt eine Bindung, ein Arzt-Patienten-Beziehung zu dem Patienten aufbauen, in der Klinik kommt das alles zu kurz. Die Arbeitszeiten sind ideal. Die Wochenenden sind quasi für die Familie dann da. Das ist in der Klinik etwas schwieriger zu realisieren.“
Werner Leibig:
„Dadurch, dass wir mehr Köpfe sind, trotz wachsender Praxis, ist abends natürlich früher Schluss. Und das ist ja auch das, was uns gut tut. Es geht keiner freiwillig abends erst um zehn nach Hause. Das Familienleben leidet darunter, hat ja auch meine Kinder abgeschreckt in den gleichen Beruf zu gehen. Aber in Zukunft wird dazu auch niemand mehr bereit sein. Die Ärzte, und es sind ja fast alles Frauen, wollen geregelte Arbeitszeiten. Das ist in der ganzen Gesellschaft so, warum sollte das bei Ärzten anders sein? Und das funktioniert im großen Team deutlich besser.“
Canan Özkaya:
„Ich hätte eigentlich noch zwei Jahre bis zu meiner Facharztausbildung. Dadurch, dass ich jetzt Teilzeit arbeite, hat sich das verlängert auf vier Jahre. Die zwei Jahre sind jetzt rum, ich hätte jetzt noch zwei Jahre, bin ich in Weiterbildung, in Teilzeit eben. Würde ich jetzt anfangen in Vollzeit zu arbeiten, hätte ich jetzt noch ein Jahr. Aber das ist für mich nicht weiter dramatisch.
Man lernt sehr viel, man sieht auch viel. Also wir bieten auch vieles an. Herr Leibig macht auch kleine chirurgische Eingriffe bis hin zu Akupunktur, die angeboten wird. Also von daher kann man hier als Weiterbildungsassistent sehr, sehr viel mitnehmen. Und auch viele Fälle sehen, also es wird nicht langweilig hier.“
Werner Leibig:
„Also insgesamt ist es schon kein schlechter Arbeitsplatz. Also Nähe oder auch die Individualisierbarkeit der Arbeitszeiten, so wie wir das betreiben können. Dass wir sagen, ok: Also zum Beispiel bei der Canan war das so, die kam hier morgens immer mit dem „heißen Reifen“ an aus Ludwigshafen, weil sie die Kinder vorher noch in den Kindergarten gebracht hat, und da haben wir einfach gesagt: „Komm doch einfach eine halbe Stunde später. Mir ist es lieber, du kommst später, als dass du tot ankommst.“ Das sind Sachen, die kann man einfacher regeln als in der Klinik.“
Canan Özkaya:
„Man begleitet ja nicht nur den Patienten, sondern eigentlich eine ganze Generation, mit Kindern, die Patienten selber, dann deren Eltern, also so Generationen sind da. Und man ist dann doch bekannter in der Umgebung. Man weiß, da ist der Arzt oder die Ärztin, es ist eine ganz andere Bindung da, auch Vertrauensverhältnis und es macht einfach Spaß. Und das ist schön.“
Von Weiterbildung in der hausärztlichen Praxis profitieren alle: der Ausbilder, die werdenden Fachärzte und nicht zuletzt die Patienten. Das bestätigt sich Tag für Tag in der Praxis von Werner Leibig und seiner Schwester. Sie bilden seit mehr als 15 Jahren jeweils mehrere Kolleginnen zu Fachärztinnen aus; einige sind danach in Festanstellung geblieben. So konnte auch Leibig seine enorme Wochenarbeitszeit herunterfahren. Zugleich kann er selbst in der Weiterbildung flexible Arbeitszeiten bis hin zur Teilzeit anbieten. So hofft er, bleibt auch in Zukunft die hausärztliche Versorgung in seinem ländlich geprägten Ort erhalten.