Logo-KBV

KBV Hauptnavigationen:

Richtig Kooperieren

Gesponserte Fortbildungen: Darauf sollten Ärzte achten

Vertragsärzte sind verpflichtet, sich regelmäßig fortzubilden. Werden Fortbildungen von Unternehmen gesponsert, sollten Mediziner jedoch einiges beachten. Denn unter Umständen kann ein Verdacht auf Korruption entstehen und schlimmstenfalls drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Der Besuch von gesponserten Fortbildungsveranstaltungen ist per se nicht verboten. Ärzte sollten aber unbedingt darauf achten, dass sie dort wirklich neutrale Informationen erhalten und Interessenkonflikte offen gelegt sind, sagt Karsten Scholz, Justiziar der Ärztekammer Niedersachsen, im Interview mit den PraxisNachrichten. Es wäre nicht in Ordnung, wenn der Referent die entsprechende Vortragsfolie mit Hinweisen zum Sponsoring nur für Sekundenbruchteile zeige.

Knackpunkt Kostenerstattung

Bei gesponserten Veranstaltungen erhalten die Teilnehmer die Tagungskosten meistens teilweise oder komplett erstattet. Heikel „und sogar strafrechtlich relevant“ kann es nach Angaben des Juristen werden, wenn aufgrund des Sponsorings nur noch eine geringe Tagungsgebühr anfällt und einem Arzt diese auch noch erstattet wird, ohne dass er dafür beispielsweise einen Vortrag beisteuert oder eine Sektion moderiert.

„Dann stellt sich die Frage nach einer versteckten Gegenleistung“, sagt Scholz. Das könnte beispielsweise die unausgesprochene Zusage sein, bestimmte Pharmaprodukte häufiger zu verordnen. „Das wäre dann die von den Juristen sogenannte Unrechtsvereinbarung“, betont er.

Strafverfahren und Praxisdurchsuchungen möglich

Krankenkassen könnten gerade die Verordnung teurer Originalpräparate als Anlass sehen, sich Vielverordner in den Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen genauer anzusehen. „Äußert sich dann etwa ein ehemaliger Außendienstmitarbeiter, kann es schnell zu einem Strafverfahren und leider auch zu Praxisdurchsuchungen kommen“, sagt Scholz.

„Selbst wenn das Verfahren später, gegebenenfalls auch gegen eine Geldbuße, eingestellt wird, ist ein bleibender Schaden eingetreten“, fügt er hinzu.

Mögliche Konsequenzen

Verstöße gegen die ärztliche Berufsordnung sind mit Sanktionen verbunden. Je nach Landesgesetzgeber und Schwere sind beispielsweise Verwarnungen oder Geldbußen möglich. Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen sind darüber hinaus seit 2016 Straftatbestände.

Bei einer Verurteilung drohen Geldstrafen und sogar mehrjähriger Freiheitsentzug. Auch der Entzug der Zulassung ist möglich, da Ärzte bei Korruption auch ihre vertragsärztlichen Pflichten verletzten, die im Sozialgesetzbuch festgeschrieben sind. Zudem kann es zu Honorarrückforderungen kommen.

Transparenz zeigen

„Ein wichtiges Mittel gegen Korruption ist Transparenz“, betont der Jurist. „Ich persönlich kann Ärzten daher nur empfehlen, sich an der Transparenzinitiative der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie zu beteiligen und das Einverständnis zur Veröffentlichung der Zuwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu geben.“

Tipps für Ärzte zu gesponserten Fortbildungsveranstaltungen von Karsten Scholz, Justiziar der Ärztekammer Niedersachsen

Auswahl treffen: Vor der Teilnahme sollten Ärzte prüfen, ob der wissenschaftliche Charakter der gesponserten Fortbildungsveranstaltung eindeutig im Vordergrund steht. Große Zurückhaltung ist geboten, wenn die Veranstaltung an einem für seinen Unterhaltungswert bekannten Ort stattfindet. Weniger Sorgen muss man sich machen, wenn es eine etablierte Veranstaltung einer medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft ist.

Kammer oder KV hinzuziehen: Bei Unklarheiten sollten Ärzte sich an ihre Kammer oder Kassenärztliche Vereinigung (KV) wenden und mögliche Vereinbarungen dort zunächst zur Prüfung vorlegen.

Informationen prüfen: Während der Veranstaltung sollten Ärzte darauf achten, ob die vor Ort gegebenen Informationen über Sponsorenleistungen mit den Angaben im Programm übereinstimmen und Wirkstoff- statt Produktnamen genannt werden. Wenn der Referent Interessenkonflikte angibt, sollte das in die Bewertung seines Vortrags und seiner Handlungsempfehlungen einfließen. Das gilt insbesondere bei Satellitensymposien.

Nur notwendige Kosten erstatten lassen: Es dürfen nicht alle Ausgaben erstattet werden, sondern nur Teilnahmegebühren, Kosten für An- und Abreise sowie notwendige Übernachtungen inklusive Frühstück, und diese müssen sich in einem angemessenen Rahmen halten.

Zusatzkosten selbst tragen: Während der Veranstaltung dürfen Ärzte und Begleitpersonen nur auf eigene Kosten am touristischen Rahmenprogramm teilnehmen. Das gilt auch für Bewirtungen oder „Verlängerungstage“. Wenn Zusatzkosten selbst getragen werden und keine Abwicklung über das Kongressbüro erfolgt, ergeben sich keine zusätzlichen Risiken. Niemand wird aber Verständnis dafür haben, wenn ein Arzt häufiger an derselben Veranstaltung an jeweils anderen Orten teilnimmt. Das spricht eindeutig dafür, dass die Reise eher der Freizeitgestaltung dient.

Transparenz zeigen: Ärzte können sich an der Transparenzinitiative der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) beteiligen. Die Höhe der Zuwendungen für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen wird dann veröffentlicht.

Teilnahme dokumentieren: Die Teilnahme am Tagungsprogramm sollte möglichst mehrfach dokumentiert werden und es sollte selbstverständlich sein, dass Ärzte an der Evaluation teilnehmen.

Selbstcheck durchführen: Nach der Veranstaltung können Ärzte einen Selbstcheck machen und sich fragen, ob sich ihr Verordnungsverhalten verändert hat und worauf sie dies zurückführen. Zugleich sollten sie das Gelernte mit Blick auf „neutrale“ Informationen, zum Beispiel der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, kritisch hinterfragen. So können sie prüfen, ob ihnen ein ausgewogener Überblick gegeben wurde, einschließlich diagnostischer und therapeutischer Alternativen.

Unrechtsvereinbarung und Korruption

Bei Korruption gibt es mindestens zwei Täter: der eine gibt, der andere nimmt. Im juristischen Sinn ist Korruption der Missbrauch einer Vertrauensstellung in Verwaltung, Justiz, Wirtschaft oder Politik, um für sich oder Dritte einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen, auf den kein rechtmäßiger Anspruch besteht. Die Täter haben eine sogenannte Unrechtsvereinbarung. Laut Strafgesetzbuch sind bei Korruption im Gesundheitswesen Geldstrafen und Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren, in besonders schweren Fällen von bis zu fünf Jahren möglich.