Veranstaltung
  • Dauer:
  • Ort: Berlin

KBV Sicherstellungskongress 2023 Zukunft der Akutversorgung

Teilnehmende am Sicherstellungskongress 2023 lauschen Diskussion

Angebot und Nachfrage? Ambulant und/oder stationär? Analog und/oder digital? Die Zukunft der Akutversorgung stand im Fokus des achten Sicherstellungskongresses der KBV. Ein Schwerpunkt der zweitägigen Veranstaltung: Die Diskussion zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß, und dem KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Gassen.

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Pre-Conference: Intersektorale Aus- und Weiterbildung: best of both worlds?

Teilnehmende am Sicherstellungskongress 2023 lauschen Vortrag
Vortrag während der Pre-Conference

12. Oktober

Die Pre-Conference, die im Rahmen des KBV-Sicherstellungskongresses am 12. Oktober 2023 stattfand, widmete sich unter dem Titel „Intersektionale Aus- und Weiterbildung: best of both worlds?“ den Optionen für den ärztlichen Berufseinstieg in Aus- und Weiterbildung mit einem Fokus auf intersektorale Entwicklungen. Neben Impulsen und Plenumsdiskussionen fanden drei parallel laufende Fachsessions statt, in denen verschiedene Schwerpunkte zum Thema Aus- und Weiterbildung diskutiert wurden.

Zukunft der Akutversorgung

13. Oktober

„Abgrenzung und Kooperationen sind Themen, die bei der akuten Notfallversorgung immer aufpoppen“, sagte Gassen eingangs. Und nach der Beanstandung der Ersteinschätzungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sei der Diskussionsbedarf höher denn je. Man erlebe – nicht nur in der Notfallversorgung – eine steigende Nachfrage nach Gesundheitsleistungen.

Diese seien, so der KBV-Chef, aber nicht einer besonderen Krankheitslast geschuldet, sondern einerseits fehlender Gesundheitskompetenz, andererseits einer „Amazon-Mentalität“, wonach jede Leistung zu jedem Zeitpunkt beliebig oft für alle verfügbar sein soll. Gassen: „Das passt nicht so ganz zum Fachkräftemangel und der Notwendigkeit, die vorhandenen Kapazitäten effizient und effektiv zu nutzen.“

Passgenaue Zusammenarbeit der Akutversorgung

Gassen betonte, dass die nicht lebensbedrohlichen und akut behandlungsbedürftigen Fälle eine Domäne der vertragsärztlichen Versorgung seien. 800 Bereitschaftsdienstpraxen, die Etablierung der 116 117-Leitstellen in allen Bundesländern sowie die standardisierte Ersteinschätzung als Instrument zur Feststellung der Dringlichkeit als auch zur Definition der daraus folgenden Versorgungsebene wurden dafür bereits geschaffen. „Aber Patientensteuerung scheint zunehmend Abwehrreflexe auszulösen“, konstatierte Gassen.

Allerdings müssten diejenigen Hilfe bekommen, die sie brauchen, und nicht die Strukturen durch diejenigen belastet werden, die mangels Gesundheitskompetenz oder aus Desinteresse diese Strukturen beliebig in Anspruch nehmen würden. Um die exzellente Versorgung aufrechterhalten zu können, braucht es laut Gassen eine „passgenaue Zusammenarbeit der Akutversorgung“ – einmal durch die Vertragsärzte in den Praxen und im ärztlichen Bereitschaftsdienst sowie die Notaufnahmen der Krankenhäuser.

Situation der Knappheit

DKG-Chef Gaß wies mit Blick auf die Zukunft darauf hin, dass man in eine „Situation der Knappheit“ komme, in der zu überlegen sei, „wie wir uns effizienter versorgen“. Das gelte nicht nur für die Krankenhäuser, sondern auch für den niedergelassenen Bereich. „Im Ergebnis werden wir – nicht nur in der Notfallversorgung, sondern in der Akutversorgung insgesamt – viel enger zusammenarbeiten müssen.“ Mit dem Denkansatz von heute würde man nach Gaß´ Einschätzung nicht mehr zurechtkommen. Da stünden große Veränderungen an – „auch im Denken der Politik“.

Für die Reform der Notfallversorgung forderte Gassen, dass die Politik „endlich mal klare Leitplanken“ setzt. Dann könnten Krankenhäuser und Niedergelassene planen. „Das fehlt aber“, so der KBV-Chef. Gassen kritisierte einen „völlig ungesteuerten Zugriff auf alle Strukturen“. DKG-Vorstandsvorsitzender Gaß sah die Vorschläge der Regierungskommission positiver.

Er präferierte eine „Vorfilterung“ durch eine qualifizierte Ersteinschätzung in einem Leitstellensystem. Nach der Ersteinschätzung in den integrierten Leitstellen (ILS) möchte er die ambulanten Erstversorgungs- oder Notfallstellen an den Krankenhäusern „andocken“.

Für die integrierten Notfallzentren (INZ) verwies er auf die Idee der Portalpraxis, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen von 7 bis 19 Uhr betrieben werden sollten. An einem gemeinsamen Tresen müsste gemäß Gaß dann entschieden werden, wo der Patient oder die Patientin dann versorgt werde.

Wir brauchen eine vernünftige Steuerung in die richtige Versorgungsebene

Keine dritte Versorgungsebene

KBV-Chef Gassen widersprach: „Wer soll denn in den ganzen INZ arbeiten, die da entstehen sollen?“ Er erinnerte an den Entwurf der Regierungskommission, der vorsah, dass Hausärzte zu Sprechzeiten diese Portalpraxen besetzen sollten.

Gassen: „Die ambulante Versorgungsebene zu Sprechzeiten sind die Praxen. Das sind keine INZ, das sind keine Notaufnahmen.“ Wolle man die Vorschläge der Regierungskommission umsetzen, müssten etwa ein Drittel aller Hausärzte in die INZ – mit der Folge, dass die Praxen dieser Ärzte geschlossen wären.

Gassen war sich mit Gaß einig: „Wir brauchen eine vernünftige Steuerung in die richtige Versorgungsebene.“ Man müsse aber von der Illusion wegkommen, noch eine dritte Versorgungsebene zu schaffen.

Eingebettet in den Sicherstellungskongress 2023 war die sechste Kooperationstagung „116 117 und 112“. Diese richtete die KBV zusammen mit dem Deutschen Feuerwehrverband und dem Fachverband Leitstellen aus. Expertinnen und Experten sprachen darüber, wie in einer sinnvollen Arbeitsteilung von ambulanter und stationärer Versorgung sowie Rettungsdienst weiterhin eine hochwertige Akut- und Notfallversorgung trotz steigender Nachfrage und Fachkräftemangel sichergestellt werden kann.

Vorab ging es in einer Debatte und verschiedenen Fachsessions um Optionen für den ärztlichen Berufseinstieg in Aus- und Weiterbildung mit einem Fokus auf intersektoralen Entwicklungen. Unter anderem diskutierten dort Dr. Doris Reinhardt, KV Baden-Württemberg, Prof. Dr. Henrik Herrmann, BÄK-Weiterbildungskommission, und Dr. Antje Gottberg, GKV-Spitzenverband die Möglichkeiten der ärztlichen Aus- und Weiterbildung am Arbeitsort Praxis.

Aufzeichnungen der Veranstaltung

Mitschnitt: Sicherstellungskongress 2023 - Teil 01
Mitschnitt: Sicherstellungkongress 2023 - Teil 02
Mitschnitt: Sicherstellungskonkgress 2023 - Teil 03