Heilmittel
Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf die Versorgung mit Heilmitteln. Die Voraussetzungen, Grundsätze und Inhalte der Verordnungsmöglichkeiten sowie die Zusammenarbeit mit zugelassenen Heilmitteltherapeuten regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in der Heilmittel-Richtlinie. Kerninhalte sind ein Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen – kurz Heilmittelkatalog – und eine Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf.
Heilmittelbereiche
Die Heilmittel-Richtlinie unterscheidet zwischen den folgenden Heilmittelbereichen:
Verordnung
Heilmittel werden von Ärztinnen und Ärzten verordnet. Bei psychischen Erkrankungen, bestimmten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und Entwicklungsstörungen dürfen Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Ergotherapie und Physiotherapie verordnen.
Vor der ersten Heilmittelverordnung muss eine persönliche Untersuchung in der Praxis oder im Hausbesuch stattfinden, um die medizinischen Voraussetzungen abzuklären. Folgeverordnungen können in der Videosprechstunde verordnet werden. Voraussetzung ist, dass die Patientin oder der Patient der Praxis bekannt ist.
In Ausnahmefällen können Folgeverordnungen auch nach telefonischem Kontakt ausgestellt werden, sofern der Betroffene wegen aktueller Beschwerden bereits in der Praxis oder in der Videosprechstunde untersucht wurde.
Heilmittel werden auf Formular 13 verordnet. Folgende Angaben sind erforderlich:
Ausfüllhinweise
Heilmittelkatalog
Im Heilmittelkatalog bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss, welche Heilmittel bei welchen Diagnosen, in welcher Menge und wie häufig verordnet werden dürfen. Er dient Ärzten und Therapeuten als Richtlinie für eine medizinisch angemessene und wirtschaftliche Versorgung der Patientinnen und Patienten. Der Heilmittelkatalog steht auch als Anwendung in der App KBV2GO! zur Verfügung.
Verordnungsfall
Der Verordnungsfall dient allein dem Abgleich im Verordnungssystem, ob die orientierende Behandlungsmenge erreicht ist. Der Verordnungsfall bezieht sich auf den verordnenden Arzt oder Psychotherapeut, die Erkrankung seines Patienten und das Verordnungsdatum.
Maßgeblich ist das letzte Verordnungsdatum, das aus der Praxissoftware hervorgeht. Die Verordnungssoftware erkennt automatisiert den Verordnungsfall und gibt einen Hinweis bei Erreichung der orientierenden Behandlungsmenge. Ein Verordnungsfall endet sechs Monate nach dem Verordnungsdatum – sofern der Arzt oder Psychotherapeut in dieser Zeit keine weitere Verordnung aufgrund derselben Erkrankung ausstellt.
Die Heilmittel-Richtlinie definiert keine zwingende Behandlungspause. Sofern medizinisch erforderlich, ist eine Fortsetzung der Heilmitteltherapie über die orientierende Behandlungsmenge hinaus möglich.
Verordnungsmenge
Orientierende Behandlungsmenge
Für jede Diagnosegruppe ist im Heilmittelkatalog eine sogenannte orientierende Behandlungsmenge angegeben. Mit ihr soll das Behandlungsziel erreicht werden. Bei Bedarf sind weitere Verordnungen möglich. Wird die orientierende Behandlungsmenge überschritten, ist die Begründung in der Patientenakte zu dokumentieren.
Höchstmenge
Für jede einzelne Verordnung gibt es eine Höchstmenge an Verordnungseinheiten. Ärzte und Psychotherapeuten dürfen diese nur in Ausnahmefällen überschreiten – etwa bei einem langfristigen Heilmittelbedarf oder einem besonderen Verordnungsbedarf.
Diagnoselisten
Menschen mit schweren funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen können dauerhaft auf Heilmittel angewiesen sein (langfristiger Heilmittelbedarf). Patientinnen und Patienten mit besonders schweren Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder rheumatischen Erkrankungen benötigen zudem häufig mehr Heilmittel. In diesen Fällen dürfen Heilmittelverordnungen für bis zu 12 Wochen ausgestellt werden.
Langfristiger Heilmittelbedarf
Welche schweren funktionellen und/oder strukturellen Schädigungen einen langfristigen Heilmittelbedarf begründen, legt der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Diagnoseliste fest (Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie). Dazu gehören frühkindlicher Autismus, chronisch obstruktive Lungenkrankheit, Gaumenspalte mit Lippenspalte oder das Marfan-Syndrom.
Steht die Erkrankung nicht auf der Liste, kann ein individueller Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Für die Genehmigung ist maßgeblich, dass die Schädigungen mit denen der Diagnoseliste vergleichbar sind. Verordnungen im Rahmen des langfristigen Heilmittelbedarfs unterliegen nicht den Wirtschaftlichkeitsprüfungen.
Besonderer Verordnungsbedarf
Lipödem, Multiple Sklerose, Hüftgelenk- oder Kniegelenkprothese oder Rückenmarksverletzungen erfordern eine intensive Heilmittelbehandlung. Alle Erkrankungen, bei denen ein besonderer Verordnungsbedarf vorliegt, definieren KBV und GKV-Spitzenverband in einer Diagnoseliste (Anlage zu Rahmenvorgaben Wirtschaftlichkeitsprüfung). Die Verordnungskosten werden bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus dem ärztlichen Verordnungsvolumen herausgerechnet.
Blankoverordnung
Bei bestimmten Erkrankungen können Praxen eine Blankoverordnung für Ergotherapie und Physiotherapie ausstellen: Sie stellen die Diagnose, machen aber keine Angaben zu Heilmittel, Menge und Frequenz. Darüber entscheiden die Therapeuten, die auch die wirtschaftliche Verantwortung für die Behandlung übernehmen.
Ob im konkreten Fall eine Blankoverordnung oder eine konventionelle Verordnung ausgestellt wird, entscheiden Ärzte und Psychotherapeuten. In medizinisch begründeten Fällen können sie auf eine Blankoverordnung verzichten und wie bisher selbst über Heilmittel, Therapiefrequenz und Behandlungsmenge entscheiden.
Heilmittelpreise und Zuzahlungen
Die Preise für Heilmittel sind bundesweit einheitlich. Wie hoch sie sind, verhandeln der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer. Zur Einbindung der aktuell gültigen Heilmittelpreise in die Praxisverwaltungssoftware erhalten Hersteller eine elektronisch lesbare XML-Datei.
Die gesetzliche Zuzahlung beträgt 10 Prozent der Behandlungskosten und 10 Euro je Heilmittelverordnung. Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs sind von der Zuzahlung befreit. Generell gilt: Zuzahlungen sind nur bis zur finanziellen Belastungsgrenze zu leisten. Das sind 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen, bei chronisch Kranken 1 Prozent.
Bei Heilmittelbehandlungen, die als ärztliche Leistungen aus dem EBM-Kapitel 30.4 Physikalische Therapie durchgeführt und abgerechnet werden können, müssen Praxen die anfallenden Zuzahlungsbeträge pro Behandlung von ihren Patientinnen und Patienten einziehen.
| GOP | Beschreibung | Zuzahlung pro Behandlung |
| 30400 | Massagetherapie | 2,11 Euro |
| 30402 | Unterwasserdruckstrahlmassage | 3,29 Euro |
| 30410 | Atemgymnastik (Einzelbehandlung) | 2,89 Euro |
| 30411 | Atemgymnastik (Gruppenbehandlung) | 1,29 Euro |
| 30420 | Krankengymnastik (Einzelbehandlung) | 2,89 Euro |
| 30421 | Krankengymnastik (Gruppenbehandlung) | 1,29 Euro |
Fortbildungen
Zur Verordnung von Heilmitteln bietet die KBV zwei Fortbildungen an. Diese sind mit jeweils 6 CME-Punkten zertifiziert und können im Fortbildungsportal absolviert werden.
Fortbildungsunterlagen
Die Lerninhalte der Heilmittel-Fortbildungen stehen nachfolgend zum Download bereit. Die Beantwortung der Multiple-Choice-Fragen und damit der Erwerb von Fortbildungspunkten ist nur im Fortbildungsportal möglich.