Praxisnachricht
  • Aktualisierungsdatum:
  • Bürokratieabbau

Die Politik muss jetzt handeln – KBV legt zahlreiche Vorschläge zum Bürokratieabbau vor

Einen umfassenden Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau in den Praxen hat die KBV vorgelegt. Er enthält zahlreiche Vorschläge, wie Ärzte und Psychotherapeuten von unnötiger Bürokratie entlastet werden können.

„Die Politik muss bürokratische Prozesse schnellstens vereinfachen und reduzieren“, sagte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister. Dann hätten Ärzte und Psychotherapeuten wieder mehr Zeit für ihre Patienten, und auch die Niederlassung könnte für junge Mediziner attraktiver werden. Die KBV habe in den vergangenen Jahren mehrfach konstruktive Vorschläge auf den Tisch gelegt. „Passiert ist leider wenig“, resümierte Hofmeister. Er erwarte, dass sich die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) dem Thema annehmen werde. „Unsere Vorschläge zur Vereinfachung des Zulassungsverfahrens wurden im aktuellen Entwurf der Zulassungsverordnung teilweise aufgegriffen. Wichtige Aspekte wie die Beschleunigung des Verfahrens bei gebundenen Entscheidungen müssen aber noch aufgenommen werden“, sagte er. 

Insgesamt 21 Bereiche hat die KBV zuletzt identifiziert und hierzu konkrete Vorschläge erarbeitet, um den Ärzten und Psychotherapeuten wieder mehr Zeit für das Wesentliche zu verschaffen: nämlich für ihre Patientinnen und Patienten. Dazu gehören Anfragen, mit denen Krankenkassen, Medizinischer Dienst (MD), Sozial- und Versorgungsämter, Arbeitsämter, Jobcenter, private Versicherungen, Pflegeheime und andere die Praxen tagtäglich überfluteten, aber auch unnötige Aufwände für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen oder praxisferne Dokumentationsvorgaben für die COVID-19-Imfpung. 

Reduzierung von Anfragen 

Die KBV fordert in dem Papier eine deutliche Reduzierung von Anfragen. So sollten keine Informationen abgefragt werden dürfen, die den Krankenkassen und anderen anfragenden Stellen bereits vorlägen. Praxen müssten die Möglichkeit erhalten, Informationen auch digital zu übermitteln. 

„Viel Zeit ließe sich sparen, wenn die Bearbeitung einer formfreien Anfrage über die jeweilige Praxisverwaltungssoftware möglich wäre“, erläuterte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner. Digitalisierung könne in vielen Bereichen helfen, die Abläufe zu vereinfachen. Allerdings müssten an vielen Stellen zunächst die Prozesse selbst überarbeitet und entbürokratisiert werden, zum Beispiel bei der Verordnung von Hilfsmitteln. 

Krankenkassen und MD sowie andere Akteure müssten zudem gesetzlich verpflichtet werden, ihre Anfragen bundesweit zu vereinheitlichen. Derzeit sind diese von Krankenkasse zu Krankenkasse sowie regional unterschiedlich formuliert.

Entschädigung bei unzulässigen Prüfanträgen

Ein großes Ärgernis stellen weiterhin die zahleichen Prüfanträge im Verordnungs- und Abrechnungsbereich dar, bei denen Aufwand und Nutzen oft in keinem Verhältnis stehen. So hat eine Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zu den Abrechnungsprüfungen ergeben, dass jeder zweite von den Krankenkassen gestellten Antrag unbegründet ist. 

Bei erfolgloser Antragstellung sollte deshalb eine Gebühr eingeführt werden, um unnötige Prüfungen und den damit einhergehenden bürokratischen Aufwand zu verhindern, so ein Vorschlag der KBV. Bei unzulässigen oder unbegründeten Prüfanträgen für ausgestellte Verordnungen sollten Ärztinnen und Ärzte eine Aufwandsentschädigung von den Krankenkassen erhalten. Dies könnte das Kostenbewusstsein und die Sorgfaltspflicht bei solchen Prüfanträgen steigern.

Die KBV fordert außerdem die Einführung beziehungsweise Anpassung bereits bestehender Geringfügigkeitsgrenzen bei sämtlichen Einzelfallprüfungen. Diese haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Bei diesen Anträgen gehe es sehr häufig um eher geringe Rückforderungen, denen um ein Vielfaches höhere Verfahrens- und Bürokratiekosten gegenüberstehen. 

Ein weiterer Vorschlag betrifft Impfstoffe. Hier dürfe es keine Regresse geben, insbesondere dann nicht, wenn Ärztinnen und Ärzte infolge von Lieferengpässen anstelle nicht verfügbarer größerer Packungseinheiten auf Einzeldosen ausweichen. Eine solche Verordnung sollte nicht als unwirtschaftlich gelten. 

Kein Konsiliarbericht bei Überweisung 

Mehrere Vorschläge betreffen den Bereich der Psychotherapie. So sollte das Antrags- und Genehmigungsverfahren künftig auf digitalem Weg erfolgen. Dies würde nicht nur eine Entbürokratisierung für die Praxen bedeuten, sondern auch für Patientinnen und Patienten die Wartezeit auf die Entscheidung der Krankenkasse deutlich reduzieren. Hierfür sei eine gesetzliche Regelung erforderlich, um den Psychotherapie-Praxen die digitale Übermittlung der Antragsdaten der Patientinnen und Patienten an die Krankenkassen zu ermöglichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden. 

Die KBV setzt sich ferner für eine Vereinfachung des Konsiliarverfahrens ein. Wenn Versicherte einen Psychotherapeuten auf Überweisung eines Vertragsarztes aufsuchen oder wenn eine entsprechende somatische Abklärung während Reha- oder Krankenhausaufenthalten bereits stattgefunden hat, sollte kein Konsiliarbericht mehr erforderlich sein. 

Verzicht auf AU-Bescheinigung bei kurzer Krankheitsdauer

Viel Zeit könnte aus Sicht der KBV eingespart werden, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU-Bescheinigung) bei kurzer Krankheitsdauer nicht mehr zwingend wäre. Sie schlägt eine Karenzzeit von 3 bis 5 Tagen vor. Eine AU-Bescheinigung wäre dann erst ab dem vierten oder sechsten Tag erforderlich. Eine ähnliche Flexibilisierung sollte für die Bescheinigung bei Erkrankung eines Kindes erwogen werden. Da diese gegenwärtig sogar ab dem ersten Krankheitstag erforderlich ist, ließen sich durch einen Verzicht bei kurzer Krankheitsdauer kinderärztliche Praxen und Eltern der erkrankten Kinder deutlich entlasten.

Unter die Lupe genommen hat die KBV auch die geplante Reform der Zulassungsverordnung für Ärzte und Zahnärzte und hierzu eigene Vorschläge zur Verschlankung der Abläufe eingebracht. Aus Sicht der KBV ist dieser Schritt dringend notwendig, um den Einstieg in die vertragsärztliche Versorgung im Sinne aller Beteiligten zu beschleunigen und zu vereinfachen und bürokratische Hürden für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte abzubauen. Die Vorschläge betreffen auch die Anstellung in einer Praxis.

Alle Vorschläge zur Entbürokratisierung finden Sie hier (PDF). 

Weitere Informationen

link-allgemein

Abonnieren Sie unsere kostenlosen Newsletter