Bürokratieabbau
Weniger Papierkram, mehr Zeit für Patientenversorgung

Gute Medizin braucht gute Rahmenbedingungen
Vertragsärzte arbeiten im Schnitt bis zu 53 Wochenstunden. Aber neben ihren Kernaufgaben – der Patientenversorgung, den Sprechstunden, den Haus- und Heimbesuchen, den Bereitschaftsdiensten und Videosprechstunden – kommen die bürokratischen Aufgaben on top.
Rund 61 Tage im Jahr sind Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und -therapeuten allein mit Bürokratie beschäftigt. Zeit, die für ihre Patientinnen und Patienten fehlt.
Die Politik muss bürokratische Prozesse endlich vereinfachen und reduzieren, um wieder mehr Zeit für die medizinische Versorgung zu schaffen. Zudem brauchen Ärzte und Psychotherapeuten mehr Handlungsspielräume, um ihre Zeit optimal nutzen zu können.
Gute Medizin braucht gute Rahmenbedingungen – dies gilt in den Krankenhäusern ebenso wie in den Praxen. Rahmenbedingungen, die den Fokus auf Versorgung legen und Prozesse bürokratiearm und schlank halten. Bei beidem muss die Politik das Rad nicht neu erfinden, sie muss die vorhandenen Reifen nur von störenden Unwuchten befreien.
Vorschläge zur Entbürokratisierung
Wie kann der bürokratische Aufwand in den Praxen reduziert werden?
Die KBV hat dem Bundesministerium für Gesundheit bereits konkrete Vorschläge zur Vereinfachung und Digitalisierung von Regelungen unterbreitet. Diese reichen von A wie Antrags- und Genehmigungsverfahren in der Psychotherapie bis Z wie Zulassungsverfahren.
Zeit für Patienten wird immer knapper

Die Ressource Arztzeit ist kostbarer denn je. Die Zeit, die ein Arzt oder Psychotherapeut für die Behandlung von Patienten zur Verfügung hat, nimmt seit Jahren stetig ab. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben veränderten Arbeitszeitmodellen spielt auch die hohe Belastung durch bürokratische Anforderungen eine große Rolle.
Überzogene Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen, die nicht der guten Versorgung dienen, belasten die Praxen und ihre Teams. Die gesetzlichen Regelungen zu Regressen für verordnete Leistungen müssen korrigiert und mit einer Bagatellgrenze, die unsinnige Prüfungen verhindert, versehen werden.
Echte Niederlassungsbremse
91 Prozent der Niedergelassenen fühlen sich durch die Vielzahl an administrativen oder bürokratischen Aufgaben überlastet. Dies sorgt nicht nur dafür, dass viele Ärzte und Psychotherapeuten überlegen, früher in den Ruhestand zu gehen, sondern auch viele Niederlassungswillige vor der eigenen Praxis zurückschrecken.
Die Bürokratie ist eines der häufigsten Vorbehalte, die Ärzte und Psychotherapeuten gegenüber der Niederlassung haben. Auch für den Nachwuchs gilt dieser Aspekt als einer der Hauptgründe, von einer eigenen Praxis Abstand zu nehmen. Dabei sind aktuell über 5.000 Hausarztsitze in Deutschland unbesetzt.
Gesetzgeber und Selbstverwaltungspartner müssen gemeinsam auf schlankere und moderne Prozesse hinarbeiten. Die Niedergelassenen brauchen endlich attraktive Arbeitsbedingungen, die sowohl Zeit für Patientinnen und Patienten als auch Freiräume für Innovation in der Versorgung generieren.
Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verbringen immer mehr Zeit mit administrativen Tätigkeiten, anstatt sich der Patientenversorgung widmen zu können. Dies führt zu Frustration, Mehraufwand und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den Praxen.
Bürokratie durch Regresse

Das Once-Only-Prinzip
Eine vielversprechende Möglichkeit, um die Bürokratielast für Praxen zu reduzieren, ist das sogenannte Once-Only-Prinzip. Dieses sieht vor, dass Daten nur einmalig eingereicht werden müssen. Bei weiteren Anfragen darf beispielsweise eine Krankenkasse die bereits vorhandenen Daten und Nachweise nutzen. Nur nicht bereits eingereichte Daten dürfen dann noch neu erhoben werden.
Mit einer gesetzlichen Regelung, die die interne Nutzung von Patientendaten innerhalb der Krankenkassen erlaubt, wäre es möglich, dass eine Krankenkasse Daten aus Praxen zentral für alle Arbeitsbereiche ablegt. So muss nicht jede tätig werdende Abteilung aus Datenschutzgründen Informationen bei einer Praxis einholen, obwohl sie bei einer anderen Abteilung bereits vorliegen.
#QualitätstattBürokratie
Die grundsätzlich gute Idee einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung (sQS) hat sich verselbstständigt und ein hyperkomplexes System geschaffen: Für alle Beteiligten in den Gesundheitseinrichtungen ist der Aufwand enorm und der Nutzen für Patientinnen und Patienten bleibt dabei unklar.
Die KBV hatte daher 2021 Forderungen für „Qualität statt Bürokratie“ in einem Positionspapier aufgestellt. Einen Großteil der Impulse hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) 2022 in seinem Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung der datengestützten gesetzlichen Qualitätssicherung (QS) aufgegriffen. Ziel der Maßnahmen ist es, Aufwände zu reduzieren und die QS fokussierter und praxisnaher aufzustellen. Die Umsetzung des Eckpunktepapiers läuft bereits.
Zum Hintergrund: Die Grundlagen für die sQS hatte der Gesetzgeber 2007 geschaffen. Die Details regelt der G-BA in der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL).
Forderungen der KBV für eine Neuausrichtung der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung
Passend zum Thema

