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Verordnungssteuerung

Wirtschaftlichkeitsprüfung neu geregelt

Wirtschaftlichkeitsprüfung: Was müssen Praxen zum neuen Beschluss wissen?
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV: „Im TSVG war angelegt, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung neu strukturiert wird. Leider war im TSVG die Formulierung derart, dass wir sehr harte Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband dazu hatten. Wir können aber berichten, dass es erfolgreich verlaufen ist, und es gibt deutliche Veränderungen. Die wichtigste Veränderung ist, dass wir den Regress-Zeitraum von vier auf zwei Jahre reduzieren konnten. Das heißt, die Kassen müssen sehr viel schneller und zeitnäher prüfen und Anträge stellen, was es den Kolleginnen und Kollegen leichter macht, dann auch reagieren zu können.“

Und bei der Höhe der möglichen Nachforderungen?
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV: „Ein zweiter, ganz entscheidender Punkt ist, dass der Regress bei einer unwirtschaftlichen Verordnung nicht gegen Null gerechnet wird, also die komplette Differenz durch die Kolleginnen, die Kollegen zu erstatten sind, sondern es wird gerechnet gegen ein übliches Medikament. Nur das Delta kann überhaupt als Regressforderung in Frage kommen. Die Regelung gilt rückwirkend für Einzelverordnungen ab 11. Mai 2019 und für die jahresbezogene Richtgrößenprüfung gilt sie bereits ab dem 1. Januar 2019.“

Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV: „Das TSVG ist die Grundlage dafür. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das Damoklesschwert der Richtgrößen oder überhaupt der Regresse für Kolleginnen und Kollegen wirklich schwer zu ertragen ist und Praxen immer wieder in große Sorgen stürzt. Es gab keine politische Bereitschaft, das Instrument des Regresses komplett abzuschaffen. Aber es ist wesentlich im Sinne von Ärztinnen und Ärzten jetzt beeinflusst worden. Und die harten Verhandlungen haben sich hier gelohnt. Wir hätten natürlich am liebsten gar keine Regresse mehr und keine Richtgrößenprüfungen mehr. Selbstverständlich bleibt das unsere Forderung. Aber nochmal: Das jetzt Erreichte ist ein ganz großer Schritt, fast schon ein Paradigmenwechsel in diesem Bereich und sollte maßgeblich auch zu einer Entlastung der Praxen beitragen. Es gab in der Politik bei niemand, in keiner Partei Zeichen, dass eine komplette Abschaffung denkbar wäre. Unser Augenmerk liegt weiterhin darauf, die Umstände, die Rahmenbedingungen so zu machen, dass man bei normalem Arbeiten überhaupt nicht davon betroffen sein sollte.“

Regresse aufgrund von nicht wirtschaftlichen Verordnungen belasten Arztpraxen. Neue Regelungen sollen das nun ändern. Die kürzlich beschlossenen Rahmenvorgaben zur Wirtschaftlichkeitsprüfungen sollen Ärztinnen und Ärzte sowohl bei der Kostenhöhe als auch bei der Verfahrensfrist entlasten. Die Einzelheiten erklärt Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.

Wirtschaftlichkeitsprüfung

Vertragsärzte sind zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet, d. h. die verordneten Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 SGB V).

  • Ausreichend sind Leistungen, wenn sie nach Umfang und Qualität hinreichende Chancen für eine Heilung bieten und einen Mindeststandard garantieren.
  • Zweckmäßig sind Leistungen, wenn sie zur Herbeiführung des Heilerfolgs geeignet und hinreichend wirksam sind.
  • Notwendig sind Leistungen, die unentbehrlich, unvermeidlich oder unverzichtbar sind.
  • Wirtschaftlich sind Leistungen, wenn die gewählte Therapie im Vergleich zu anderen ein günstiges Verhältnis von Kosten und Nutzen aufweist.

Die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots unterliegt einer gesetzlich vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsprüfung (§§ 106 und 106b SGB V).

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde zum 1. Januar 2017 die bis dahin als Regelprüfmethode vorgesehene Richtgrößenprüfung (Auffälligkeitsprüfung) abgelöst und die Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung insgesamt neu strukturiert.

Die Prüfung erfolgt nun anhand von zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen getroffenen Prüfvereinbarungen (gilt für Prüfzeiträume ab 2017). Bei der Ausgestaltung der Prüfungen einschließlich des Prüfgegenstandes sind die regionalen Vertragspartner grundsätzlich frei. Die Prüfmethode kann deshalb regional variieren (beispielsweise Richtgrößenprüfung, Durchschnittsprüfung oder Prüfung nach Zielwerten). Deshalb sind zur konkreten Information die jeweiligen Prüfvereinbarungen zu berücksichtigen.

Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung

Inhaltliche Grundlage der regionalen Prüfvereinbarungen sind einheitliche Rahmenvorgaben der KBV und des GKV-Spitzenverbands zur Neustrukturierung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106b Absatz 2 SGB V .

In den Rahmenvorgaben wird unter anderem Folgendes geregelt:

Umfang der Wirtschaftlichkeitsprüfungen

  • Sofern in den regionalen Vereinbarungen statistische Prüfungsmethoden vereinbart werden, sollten vorrangig Auffälligkeitsprüfungen geregelt werden.
  • Im Falle von Auffälligkeitsprüfungen sollen maximal 5 % der Ärzte einer Fach- bzw. Vergleichsgruppe geprüft werden. Der Prüfzeitraum soll ein Jahr umfassen.
  • Die Durchführung der Prüfung kann auf für die Versorgung relevante Anwendungsgebiete beschränkt werden.
  • Die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen sind zu regeln.
  • Das Recht auf Vereinbarung weiterer Prüfungsarten bleibt unberührt.
  • Ärzte mit einem geringen Verordnungsumfang können von den Prüfungen ausgenommen werden.

Beratungen als Maßnahme bei statistischen Prüfungen

  • Bei erstmaliger Auffälligkeit bei statistischen Prüfungen erfolgt zunächst eine individuelle Beratung, bevor weitere Maßnahmen festgesetzt werden.
  • Eine festgesetzte Maßnahme ist nach 5 Jahren verjährt. Das heißt: Ein Arzt, bei dem vor mehr als 5 Jahren eine Maßnahme festgesetzt wurde, gilt bei erneuter Auffälligkeit wieder als „erstmalig auffällig“ und erhält zunächst erneut eine „Beratung vor weiteren Maßnahmen“.

Weitere Maßnahmen bei statistischen Prüfungen

  • Über weitere Maßnahmen verständigen sich die regionalen Vertragspartner. Eine weitere Maßnahme nach erfolgter Beratung kann entsprechend der gesetzlichen Vorgaben insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder Kürzung sein. In diesem Fall sollen gesetzliche Rabatte und Zuzahlungen berücksichtigt werden.

Spezifische Vorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung verordneter Arzneimittel

  • Die regionalen Vertragspartner sind in der Wahl der Prüfungsart und -methode frei. Dies gilt gleichermaßen für die zu vereinbarenden Prüfgegenstände (z. B. Zielkriterien auf Basis eines Katalogs für indikationsgerechte wirtschaftliche Wirkstoffauswahl in versorgungsrelevanten Indikationen).
  • Wie bisher können Praxisbesonderheiten vereinbart werden. Diese sollen vor Einleitung eines Prüfverfahrens berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann der Arzt weitere individuelle Praxisbesonderheiten im Rahmen der Prüfung geltend machen.

Die Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen finden Sie in der Rechtsquellensammlung.

Prüfungsstelle und Beschwerdeausschuss

Die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen bilden jeweils gemeinsam eine Prüfungsstelle und einen Beschwerdeausschuss (§ 106c SGB V).

Die Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt durch die Prüfungsstelle. Diese bereitet die erforderlichen Daten und Unterlagen auf, beurteilt sie und entscheidet bei Prüfverfahren. Gegen die Entscheidungen der Prüfungsstelle können alle Beteiligte, also beispielsweise Ärzte, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen, den Beschwerdeausschuss anrufen. Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung. Ausnahme: In Fällen, in denen ein Regress festgesetzt wurde, weil Leistungen, die durch das Gesetz oder die Arzneimittel-Richtlinie ausgeschlossen sind, verordnet wurden, findet eine Anrufung des Beschwerdeausschusses nicht statt.

Der Beschwerdeausschuss besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen Vorsitzenden. Die Klage gegen eine vom Beschwerdeausschuss festgesetzte Maßnahme hat keine aufschiebende Wirkung.