Gesetz zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (APOVWG)
Darum geht es in dem Gesetz
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) will die Apothekenversorgung weiterentwickeln. Dafür sollen die Kompetenzen von Apotheken deutlich erweitert werden. So sieht der Gesetzesentwurf zum Beispiel vor, dass diese unter bestimmten Umständen verschreibungspflichte Arzneien ohne neues Rezept abgeben dürfen – etwa bei bekannten chronisch kranken Menschen oder bei akuten Erkrankungen.
Außerdem sollen Apotheken künftig alle anerkannten Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen bei Erwachsenen durchführen dürfen. Durch dieses Angebot sollen die Impfquoten verbessert werden. Schließlich sollen in Apotheken auch Früherkennungsberatungen und Tests ermöglicht werden, etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus. Für ein entsprechendes Werbeverbot sollen für Apotheker Ausnahmen gelten, für Ärzte dagegen nicht.
Beratungsfolge
- Referentenentwurf: 20.10.2025
- Verbändeanhörung: 06.11.2025
- Verabschiedung Kabinettsentwurf: vsl. 17.12.2025
- 1. Durchgang Bundesrat: N. N.
- 1. Lesung Bundestag: N. N.
- Anhörung im Bundestag: N. N.
- 2./3. Lesung Bundestag: N. N.
- 2. Durchgang Bundesrat: N. N.
- Inkrafttreten: N. N.
Das sind die Positionen der KBV
Stellungnahmen der KBV
Standpunkte auf einen Blick
- Arzneimittelabgabe verletzt Arztvorbehalt und setzt Fehlanreize
- Austausch von Rabattarzneimitteln belastet die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
- Impfen ist und bleibt originär ärztliche Aufgabe
- Testungen in Apotheken lassen Beratungsaufwand in Praxen steigen
Dr. Sibylle Steiner zum Gesetzentwurf
Abgabe von Arzneien ohne Rezept
Mit dem Gesetzesentwurf sollen Apotheker originär ärztliche Aufgaben übernehmen – beispielsweise die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Aus Sicht der KBV sind Apotheker dafür allerdings nicht ausgebildet. Die Verordnung eines verschreibungspflichtigen Medikaments bedarf der Anamnese, Diagnosestellung, Untersuchung und Differenzialdiagnostik. Das alles muss in ärztlicher Hand bleiben, auch weil Apotheken ein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe möglichst vieler, möglichst teurer Arzneimittel haben. Ein Aufweichen der Trennung zwischen Verordnung und Abgabe würde klare Fehlanreize setzen – mit negativen Folgen für die Patientensicherheit.
Besonders kritisch sieht die KBV auch, dass das BMG ermächtigt werden soll, durch Rechtsverordnung Vorgaben für die Abgabe dieser Arzneimittel festzulegen; etwa die Art der inkludierten Erkrankungen betreffend. Das stellt einen klaren Bruch mit der Selbstverwaltung dar. Einmal mehr würden hier fachlich-medizinische Vorgaben an den dafür gesetzlich vorgesehenen Selbstverwaltungsgremien vorbei gemacht. Damit wird der ohnehin enge Spielraum der Selbstverwaltung weiter ausgehöhlt.
Belastung der GKV durch Austausch von Rabattarzneimitteln
Apotheken sollen Rabattarzneimittel einfacher durch ein wirkstoffgleiches Medikament austauschen können. Bislang ging dies nur, wenn das Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist – künftig soll das bereits möglich sein, wenn die Apotheke es nicht vorrätig hat. Die KBV befürchtet durch diese Regelung eine finanzielle Mehrbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung. Es ist nicht geregelt, wie mit den entstehenden Mehrkosten bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Ärzten umgegangen werden soll. Unter keinen Umständen dürfen Ärzte durch eine unwirtschaftliche Arzneimittelabgabe in der Apotheke haftbar gemacht werden können.
Ausweitung von Schutzimpfungen in der Apotheke
Zusätzlich zu Ärzten sollen künftig auch Apotheker alle anerkannten Schutzimpfungen durchführen können, lediglich beschränkt auf Totimpfstoffe und erwachsene Impflinge. Die KBV lehnt diese Kompetenzerweiterung klar ab: Impfen ist und bleibt eine originär ärztliche Aufgabe. Denn sie beinhaltet neben der Verabreichung des Impfstoffs auch die Anamnese sowie den Ausschluss von akuten Erkrankungen, Allergien und anderer Kontra-Indikationen. Beim Eintritt einer Impfreaktion, die mit erheblichen gesundheitlichen Gefährdungen verbunden sein kann, ist außerdem eine sofortige Behandlung erforderlich. Diese setzt heilkundliche Fachkenntnisse voraus, die so in den Apotheken nicht gegeben sind.
Die KBV bezweifelt zudem, dass sich durch den Einbezug von Apotheken die Impfquote verbessern lässt und verweist auf den bereits niedrigschwelligen Zugang zu Impfberatungen und Impfungen in den 100.000 Vertragsarztpraxen in Deutschland.
Anlasslose Tests in Apotheken
Eine weitere Aushöhlung ärztlicher Kompetenzen stellt für die KBV auch die Möglichkeit dar, dass Apotheken Maßnahmen zur Prävention und Früherkennung anbieten sollen dürfen. Vorgesehen ist dies etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus. Da Apotheker für solche Dienstleistungen nicht ausgebildet sind, sieht die KBV hierin einen weiteren Verstoß gegen den Arztvorbehalt. Anlassloses Testen könnte zudem zu einer Leistungsausweitung führen – durch die letztlich mehr Beratungsaufwand auf die Praxen zukäme.