Praxisnachricht
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KBV- und KV-Vorstände: Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne ärztliches Rezept gefährdet Patientensicherheit

Die vom Bundesgesundheitsministerium geplante Ausweitung der Befugnisse von Apothekern ist auf scharfe Kritik der Ärzteschaft gestoßen. „Der Vorschlag, verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Mitwirkung von Verordnung durch Ärztinnen und Ärzten von Apotheken abgeben zu lassen, stellt gleich in mehrfacher Hinsicht einen gefährlichen Irrweg dar“, warnen die Vorstände der KBV und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie fordern die Politik auf, die Pläne zurückzunehmen.

Es sei geradezu ein Hohn, wenn das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ernsthaft vorhabe, dass Apotheken Medikamente eigenständig verschreiben und auch gleich an Patienten abgeben könnten. „Einen Arzt würden diese Patienten erst gar nicht zu Gesicht bekommen. Das kann Leib und Leben der Menschen gefährden! Medikamente sind keine Bonbons“, warnen die Vorstände in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Sie weisen darauf hin, dass Arzneimittel gezielt zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt würden, die nur Ärztinnen und Ärzte aufgrund ihrer medizinischen Ausbildung diagnostizieren und therapieren könnten. Apotheker seien dafür nicht ausgebildet. 

Vorhaben verstößt gegen geltendes Recht

Außerdem verstoße das Vorhaben gegen geltendes Recht. Dieses sehe bewusst die Trennung von Verordnung und Abgabe eines Medikaments vor. „Gibt man diese Trennung auf, besteht das Risiko, dass die Verordnungsentscheidung nicht wie bisher alleine von medizinischen Erwägungen getragen ist“, heißt es in der Pressemitteilung mit dem Hinweis darauf, dass Apotheken für jedes Medikament, das sie abgeben, Geld bekämen. „Je höher der Preis des Medikaments, umso höher fällt auch die Vergütung für den Apotheker aus.“

Die Vorstände von KBV und KVen fordern die Politik auf, diese Pläne sofort ad acta zu legen. „Sie entlasten in keiner Weise – wie in den BMG-Plänen behauptet – die Arztpraxen. Stattdessen gefährden sie die Patientensicherheit und treiben die Kosten in der GKV in die Höhe.“ Die Vorstände appellieren gleichzeitig an die Apotheker vor Ort, auf ihre Interessensvertretungen einzuwirken. „Denn wir alle sollten die Aufgaben wahrnehmen, für die wir originär qualifiziert sind und zusammenarbeiten mit dem Ziel einer guten und umfassenden Versorgung der Patientinnen und Patienten.“

Details zu den Plänen des BMG

Das BMG hatte am Dienstag einen „Fahrplan für Reformen im Apothekenwesen“ vorgelegt. Dieser sieht unter anderem vor, dass Apotheken ohne ärztliches Rezept verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen. Dies soll bei dringendem Bedarf und bekannter Langzeitmedikation möglich gemacht werden sowie bei einer Reihe von „unkomplizierten" Erkrankungen wie Harnwegsinfektionen. „Damit werden Arztpraxen entlastet und es kann eine schnelle Versorgung erfolgen“, heißt es in dem BMG-Papier.

Deutlich mehr Befugnisse sollen Apotheken darüber hinaus bei der Verabreichung von Schutzimpfungen erhalten. Sie sollen künftig nicht mehr nur gegen Grippe und COVID-19 impfen dürfen, sondern alle Impfungen mit Totimpfstoffen anbieten können – also unter anderem auch gegen Tetanus, Diphtherie, Hepatitis A und B, Pneumokokken, Tollwut, Herpes Zoster oder Humane Papillomaviren. Zudem sollen auch „patientennahe Schnelltests“ in Apotheken ermöglicht werden.

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