Abrechnung mit Praxissoftware ohne KOB-Zertifikat: KBV verhindert unfaire Härten
Hintergrund ist eine gesetzliche Regelung, nach der Praxissoftwarehersteller verpflichtet sind, mit ihrem Praxisverwaltungssystem (PVS) eine sogenannte Konformitätsbewertung (KOB) für vorab definierte Anforderungen zu durchlaufen. Ohne entsprechende Zertifizierung darf ein PVS künftig nicht mehr für die Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung eingesetzt werden. Eine Ausnahme sieht das Gesetz nicht vor.
Die meisten Hersteller haben nach Auskunft der gematik bereits ein Zertifikat für die aktuelle KOB erhalten. Dennoch ist damit zu rechnen, dass nicht alle Anbieter es bis zum 1. Januar schaffen werden. Stand jetzt könnten rund 1.000 Praxen davon betroffen sein – mit der Folge, dass sie keine Abrechnung erstellen können. Ein Wechsel zu einem Anbieter mit einem zertifizierten PVS wäre so schnell nicht möglich.
Mehrere Übergangsregelungen
In der Richtlinie hat die KBV für betroffene Praxen Übergangsfristen geregelt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben somit die Möglichkeit, eine auf den Einzelfall angepasste Lösung zu finden. Wer beispielsweise sein PVS wechselt, dies aber nicht so schnell möglich ist, kann ab 1. Januar noch neun Monate das alte System nutzen. Die Übergangsregelung kann auch greifen, wenn der PVS-Anbieter innerhalb von neun Monaten die Zertifizierung durchläuft. Eine Übergangsfrist von bis zu 18 Monaten kann gewährt werden, wenn ein Arzt oder Psychotherapeut demnächst seine Praxis aufgeben will und für ihn ein PVS-Wechsel nicht mehr in Frage kommt. Das gleiche gilt bei Krankheit oder Elternzeit. Auch in diesen Fällen kann ein nicht zertifiziertes System noch 18 Monate für die Abrechnung genutzt werden.
Ausnahme für Ärzte ohne Patientenkontakt
Aufatmen können auch Arztgruppen wie Laborärzte und Pathologen, die keinen Patientenkontakt haben. Sie werden mit der KBV-Richtlinie vom Abrechnungsausschluss ausgenommen. Der Grund ist, dass bei der aktuellen Konformitätsbewertung geprüft wird, ob die Hersteller die Medikationsliste in der ePA korrekt umgesetzt haben. Für Arztgruppen ohne Patientenkontakt ist dies nicht relevant.
Praxen können sich bei Fragen zur Konformitätsbewertung ihres PVS direkt an den jeweiligen Hersteller wenden oder selbst auf der Übersicht der gematik zu den KOB-zertifizierten Systemen nachschauen, ob ihr System die KOB erfolgreich durchlaufen hat.
Neue gesetzliche Vorgabe: Konformitätsbewertung für Praxissoftware
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens im März 2024 sind Praxissoftwarehersteller verpflichtet, mit ihrem Praxisverwaltungssystem (PVS) eine sogenannte Konformitätsbewertung (KOB) zu durchlaufen. Dabei prüft die gematik, ob bestimmte Vorgaben korrekt umgesetzt sind.
Ohne entsprechende Zertifizierung darf ein PVS nicht mehr für die Abrechnung über die Kassenärztlichen Vereinigungen eingesetzt werden. Geregelt ist dies im Paragraf 372 SGB V:
- "Vertragsärzte und Vertragszahnärzte können ihre vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen nur dann bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen, wenn sie solche informationstechnischen Systeme einsetzen, die ein Konformitätsbewertungsverfahren nach § 387 erfolgreich durchlaufen haben."
- "Bei der aktuellen und ersten Konformitätsbewertung müssen Hersteller nachweisen, dass ihre Systeme in der Lage sind, die Medikationsliste in der elektronischen Patientenakte entsprechend der Vorgaben abrufen beziehungsweise integrieren zu können."