Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege
Darum geht es in dem Gesetz
Das neue Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege knüpft an den Entwurf des Pflegekompetenzgesetzes an und enthält darüber hinaus einige fachfremde Ergänzungen. Zentrales Anliegen bleibt der langfristige Umbau der Pflegestrukturen in Deutschland sowie die Stärkung der Kompetenzen des Pflegefachpersonals, um den Beruf attraktiver zu gestalten. Pflegekräfte sollen künftig – je nach Qualifikation – bestimmte Aufgaben eigenständig übernehmen können, die bislang Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren. Damit verbindet die Bundesregierung die Erwartung, auch die ärztliche Versorgung zu entlasten.
Zusätzlich enthält der Entwurf verschiedene Anpassungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. So sollen die Strukturen des vertragsärztlichen Notdienstes durch klarere gesetzliche Regelungen und eine verlässliche Finanzierung gestärkt werden. Im Bereich der Digitalisierung sind unter anderem Erleichterungen beim elektronischen Rezept (eRezept) sowie weiterentwickelte Vorgaben zur elektronischen Patientenakte (ePA) vorgesehen, um sowohl die Datensicherheit als auch die praktische Nutzung zu verbessern.
Beratungsfolge
- Referentenentwurf: 23.06.2025
- Verbändeanhörung: -
- Verabschiedung Kabinettsentwurf: 06.08.2025
- 1. Durchgang Bundesrat: 26.09.2025
- 1. Lesung Bundestag: 11.09.2025
- Anhörung im Bundestag: 08.10.2025
- 2./3. Lesung Bundestag: -
- 2. Durchgang Bundesrat: -
- Inkrafttreten: vsl. 01.01.2026
Das sind die Positionen der KBV
Stellungnahmen der KBV
Standpunkte auf einen Blick
- Einbinden von Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen in Vertragsarztpraxen, aber keine neuen Doppelstrukturen
- Ärztinnen und Ärzte sollen Daten in der ePA aus therapeutischen Gründen zurückhalten können, Abrechnungsdaten dürfen nur Versicherte selbst einsehen
- Faire Finanzierung sichern, auch Honoraranteile aus Selektivverträgen, Hybrid-DRGs und Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) müssen in Strukturfonds und Verwaltungskosten einbezogen werden
- Klarstellungen im vertragsärztlichen Notdienst schaffen Rechtssicherheit, dürfen aber nicht zu mehr Bürokratie führen, rechtliche Absicherung auch für freiwillig tätige Ärztinnen und Ärzte notwendig
Pflegekompetenzen im Praxismodell ausbauen
Die KBV unterstützt das Ziel des Gesetzgebers, im Hinblick auf den demografischen Wandel die pflegerischen Kompetenzen auszubauen und damit die Versorgung langfristig zu stärken. Wichtig ist aus ihrer Sicht allerdings, dass dadurch keine neuen und entbehrlichen Schnittstellen zwischen den Professionen oder Doppelungen von Versorgungsangeboten entstehen. Entscheidend ist eine enge Abstimmung der Aufgaben zwischen Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachpersonen sowie ein verlässlicher Informationsaustausch, um Doppelstrukturen sowie Koordinationsprobleme zu vermeiden.
Positiv bewertet die KBV insbesondere die vorgesehene Möglichkeit, Pflegefachpersonen mit erweiterten heilkundlichen Befugnissen direkt in die Vertragsarztpraxen einzubinden. Dies könne vor allem die Versorgung älterer und chronisch kranker Patientinnen und Patienten verbessern und zugleich einen ersten Schritt in Richtung integrierter Praxismodelle darstellen, in denen verschiedene Professionen unter ärztlicher Leitung zusammenarbeiten und so die Versorgungsqualität sowie den Zugang zur Versorgung erhöhen.
ePA: Patientenschutz stärken
Die KBV begrüßt, dass Ärztinnen und Ärzte künftig in besonderen Fällen entscheiden können, bestimmte Daten nicht in die ePA einzustellen – etwa, wenn wichtige therapeutische Gründe dagegensprechen. Diese Regelung, die bislang nur für unter 15-Jährige galt, soll nun für alle Versicherten gelten und stärkt den Schutz sensibler Patientendaten.
Zugleich fordert die KBV zusätzliche Sicherungen: Abrechnungsdaten der Krankenkassen sollten nur für die Versicherten selbst einsehbar sein. Außerdem sollten Jugendliche ab 15 Jahren alleinigen Zugriff auf ihre ePA haben, und Krankenkassen dürften Abrechnungsdaten erst nach Vollendung dieses Alters einstellen. Damit soll sichergestellt werden, dass die ePA die Behandlung unterstützt, ohne den Datenschutz zu gefährden.
Vertragsärztlicher Notdienst ohne Mehraufwand
Die vorgesehenen gesetzlichen Klarstellungen zum vertragsärztlichen Notdienst bewertet die KBV grundsätzlich positiv, da sie mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen. Kritisch ist jedoch, dass die Regelungen künftig im Satzungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) verortet werden sollen. Dies würde nicht nur bürokratischen Mehraufwand bedeuten, beispielsweise durch erforderliche Zweidrittelmehrheiten für Satzungsänderungen, sondern könnte auch notwendige Anpassungen erheblich verzögern.
Stattdessen sollte die Regelung zu Sicherstellungspauschalen sachgerechter im fachlichen Kontext von § 75 SGB V verankert werden. Darüber hinaus fordert die KBV, dass auch Ärztinnen und Ärzte, die nicht dem vertragsärztlichen Bereich angehören, aber freiwillig im Not- oder Bereitschaftsdienst tätig werden, eine klare rechtliche Absicherung erhalten. Nur so kann der Notdienst verlässlich organisiert und langfristig gestärkt werden.
Faire Finanzierung sichern
Auch bei der Finanzierung erkennt die KBV positive Ansätze, sieht aber Nachsteuerungsbedarf. So soll die Honorarsystematik nach der Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen künftig bei der Bildung des Strukturfonds berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist dies richtig, allerdings greift die geplante Regelung nach Auffassung der KBV zu kurz.
Durch die wachsende Bedeutung von Selektivverträgen sowie durch neue Vergütungsmodelle wie Hybrid-DRGs oder die ASV werden relevante Honoraranteile inzwischen außerhalb der KVen abgerechnet. Diese fließen bislang weder in Verwaltungskostenbeiträge noch in den Strukturfonds ein – obwohl die KVen wesentliche Verwaltungsaufgaben weiterhin übernehmen müssen. Aus Gründen der Fairness und Finanzierungsgerechtigkeit fordert die KBV daher, auch diese Vergütungsbestandteile konsequent einzubeziehen.