- Top-Thema
- Agenda
Patientensteuerung in der Notfall-, Akut- und Regelversorgung
Positionen und Vorschläge

Chancen einer Steuerung
Die ambulante Gesundheitsversorgung ist die Grundlage für eine flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung im Land. In den rund 99.000 Praxen gibt es täglich durchschnittlich etwa 3,8 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte. Demografischer Wandel und medizinischer Fortschritt führen zu einer beständig steigenden Nachfrage nach ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen. Dem steht ein zunehmender Fachkräftemangel entgegen, durch den sich die Kapazitätsengpässe beim ärztlichen und nichtärztlichen Personal in der ambulanten Gesundheitsversorgung weiter verschärfen werden.
Gerade vor diesem Hintergrund erfordert eine optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten ein zielgerichtetes und strukturiertes Management innerhalb des Gesundheitssystems. Denn durch eine ungesteuerte und medizinisch nicht indizierte Inanspruchnahme von Leistungen kommt es beispielsweise zu unnötigen Arztbesuchen. Informationsverluste und ineffiziente Abläufe sind weitere Folgen. Dies gilt es zu ändern.
Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD sieht eine verbesserte Steuerung der Patientinnen und Patienten für eine verbesserte Inanspruchnahme und Vermeidung unnötiger Arzt-Patienten-Kontakte vor. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) beschäftigt sich mit der Frage der Steuerung in der ambulanten medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung schon seit geraumer Zeit und legt vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrages ihre Positionen und Vorschläge hierzu vor.
Ihre konzeptionellen Vorschläge ermöglichen eine zukunftsfähige Koordinierung der ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung durch Steuerungsinstrumente. Die Patientenversorgung wird dadurch nachhaltig effizienter, und die hohe Versorgungsqualität bleibt erhalten. Das KBV-Konzept enthält Vorschläge zur Patientensteuerung in der Notfallversorgung, in der akuten und dringlichen ambulanten Versorgung sowie in der Regelversorgung.
Positionspapier der KBV
Ambulante Regelversorgung
Eine bedarfsgerechte Patientensteuerung leistet einen Beitrag dazu, versorgungsrelevante Ressourcen sinnvoll zu allozieren. Mittels einer Steuerung in der ambulanten Regelversorgung gilt es:
- den Einsatz ärztlicher und nichtärztlicher sowie psychotherapeutischer Kapazitäten zu verbessern
- Schnittstellen innerhalb und außerhalb der vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen Versorgung und zu anderen Gesundheitsberufen zu verbessern
- eine ungezielte Inanspruchnahme von Facharztterminen sowie medizinisch nicht zwingend erforderlichen Arztbesuchen zu reduzieren
- medizinisch nicht indizierte Parallelbehandlungen zu vermeiden
Akute ambulante Versorgung während der Praxisöffnungszeiten
Eine verbesserte Koordinierung von Akutfällen während der Praxisöffnungszeiten soll durch entsprechende Vergütungsansätze erfolgen. Insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte fungieren dabei als zentrale Ansprechpartner und übernehmen eine koordinierende Rolle. Gleichzeitig werden relevante Facharztgruppen einschließlich der psychotherapeutischen Versorgung aktiv eingebunden, um eine fachübergreifende Versorgung zu ermöglichen.
Notfallversorgung und akute ambulante Versorgung außerhalb der Praxisöffnungszeiten
Die Zahl der Patientinnen und Patienten in den Notaufnahmen der Krankenhäuser, im Rettungsdienst und im ärztlichen Not- beziehungsweise Bereitschaftsdienst (Behandlung im Akutfall innerhalb von 24 Stunden nach SGB V) nimmt stetig zu. Ein Grund ist, dass immer mehr Menschen die Notfallversorgung auch in medizinisch nicht dringenden Fällen in Anspruch nehmen. Dies führt zu einer Überlastung der ressourcenaufwendigen Notfallstrukturen. Die Behandlung von Patientinnen und Patienten, die tatsächlich dringend schnell Hilfe benötigen, wird erschwert.

Leistungsstarke Versorgung
- In den rund 99.000 Praxen bundesweit arbeiten etwa 780.000 Menschen, darunter über 189.000 Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
- Pro Tag gibt es in den Praxen durchschnittlich etwa 3,8 Millionen Arzt-Patienten-Kontakte sowie rund 50.000 Notfallbehandlungen.
- Die Praxen versorgen somit 97 Prozent aller Behandlungsfälle – etwa 600 Millionen pro Jahr. Zum Vergleich: Drei Prozent aller Behandlungsfälle (rund 18 Millionen pro Jahr) werden durch Krankenhäuser versorgt – mit 33 Prozent der GKV-Leistungsausgaben. Die Ausgaben für die ambulante ärztliche Behandlung machen hingegen 16 Prozent der jährlichen Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen aus.
- Neun von zehn Behandlungsfälle werden durch die Praxen versorgt.
- Praxen sind nicht der Kostentreiber im Gesundheitswesen. Sie sichern vielmehr das stabile Fundament einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung.