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Praxen sollen mehr Freiraum beim Einstellen von Dokumenten in die ePA erhalten – KBV begrüßt geplante gesetzliche Regelung
Ausnahmen von der Befüllungspflicht sollen demnach auch möglich sein, wenn sonstige erhebliche Rechte Dritter dem Einstellen von Befunden oder Arztbriefen entgegenstehen oder gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eines Jugendlichen bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres vorliegen. Ärzte und Psychotherapeuten müssen die Gründe dafür in der Behandlungsdokumentation protokollieren.
Die KBV begrüße die geplante Regelung, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner den PraxisNachrichten. Sie erweitere die Ausnahmeregelung für Kinder und Jugendliche, die die KBV in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium im April getroffen habe.
Mit der neuen gesetzlichen Regelung dürften Ärzte und Psychotherapeuten nach ärztlichem Ermessen bei allen Altersgruppen von einer Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) absehen, wenn entsprechende Gründe vorliegen. Nach bisherigem Recht sind sie verpflichtet, Arztbriefe, Befundberichte und andere Dokumente in die ePA einzustellen, wenn der Patient nicht widersprochen hat.
KBV: Zugriff auf Abrechnungsdaten nur für Patienten
Aus Sicht der KBV reicht diese Regelung allerdings nicht aus, um die Patientinnen und Patienten ausreichend zu schützen. Es müsse vermieden werden, dass die Ausnahmeregelung durch das Einstellen von Abrechnungsdaten konterkariert werde, betonte Steiner. Denn ansonsten würden Informationen, die ein Arzt oder Psychotherapeut aus erheblichen therapeutischen Gründen nicht in der ePA ablege, über die Abrechnungsdaten für alle sichtbar sein. Dies gelte es zu verhindern. Die Abrechnungsdaten, so die Forderung der KBV, müssten so in die ePA eingestellt werden, dass nur der Patient sie sehen könne.
Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, die Abrechnungsdaten von Ärzten und Psychotherapeuten, aber auch von Zahnärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen, in denen der Patient behandelt wurde, automatisch in die ePA zu stellen. Möglich ist dies auch für vergangene Jahre. Aktuell sind die Daten für alle sichtbar, die Zugriff auf die Akte haben. Patienten, die das nicht wollen, müssen aktiv dem Einstellen widersprechen oder die Daten per ePA-App verbergen. Die Daten enthalten auch die Diagnosekodes, die Ärzte und Psychotherapeuten in ihrer Abrechnung angeben müssen.
Zudem fordert die KBV die Politik auf, zum Schutz von Minderjährigen eine Regelung in das Gesetz aufzunehmen, nach der Krankenkassen Abrechnungsdaten für Versicherte unter 15 Jahren überhaupt nicht übermitteln dürfen. Weiterhin sollte per Gesetz sicherstellt werden, dass Versicherte ab dem 15. Lebensjahr ausschließlich selbst Zugriff auf ihre elektronische Patientenakte haben.
Die geplante gesetzliche Regelung zur Befüllungspflicht ist Teil des Gesetzentwurfs zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege. Das Gesetz wurde ursprüngliche als Pflegekompetenzgesetz in der vorherigen Legislaturperiode auf den Weg gebracht, durch den Bruch der damaligen Koalition aber nicht mehr im Bundestag behandelt. Im Kern geht es darum, die Pflege zu stärken. Zudem umfasst der Gesetzentwurf verschiedene Regelungen aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, unter anderem zum Notdienst und zur Digitalisierung.
Der Gesetzentwurf wird im Anschluss an die erste Lesung im Bundestag zur Beratung an den Gesundheitsausschuss weitergeleitet. Dort werden die Details des Gesetzentwurfs ebenfalls besprochen und können angepasst werden.