Praxisnachricht
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Zweite Meinung vor Eingriffen an verengter Halsschlagader

Vor planbaren Eingriffen zur Behandlung einer Karotis-Stenose besteht ab Oktober Anspruch auf eine zweite ärztliche Meinung. Für die Zweitmeinung hat der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmte Fachärzte berechtigt. Sie können ab sofort eine Genehmigung beantragen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte im März 2025 beschlossen, dass Patienten sich eine unabhängige zweite Meinung einholen können, wenn ihnen ein Eingriff zur Karotis-Revaskularisation bei Karotis-Stenose empfohlen wurde. Der Beschluss tritt am 1. Oktober in Kraft.

Ärztinnen und Ärzte können eine Genehmigung für die Zweitmeinung zur Karotis-Revaskularisation bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beantragen. Berechtigt sind dazu die Fachrichtungen Neurologie, Innere Medizin und Angiologie, Innere Medizin und Kardiologie, Gefäßchirurgie und Neurochirurgie sowie Radiologie mit Expertise in endovaskulären Verfahren oder mit Schwerpunkt Neuroradiologie. Zweitmeiner sind dann über die Website www.116117.de/zweitmeinung für Patientinnen und Patienten zu finden, sowie die KV, die Informationen über die Genehmigung im Bundesarztregister hinterlegt hat.

Unterschiedliche Behandlungsverfahren

Stenosen der Arteria carotis können ab einem bestimmten Grad der Verengung den Blutfluss hemmen und zu einer Minderdurchblutung von Kopf und Gehirn – bis hin zum Schlaganfall – führen. Zur Behandlung von Karotis-Stenosen stehen neben konservativen sowie medikamentösen Therapien die Endarteriektomie und perkutane, transluminale Verfahren als invasive, revaskularisierende Eingriffe zur Verfügung. 

Die Bewertung der Behandlungsdürftigkeit und insbesondere die Auswahl der unterschiedlichen revaskularisierenden Behandlungsverfahren unterliegen einer komplexen Entscheidungsfindung. Für diese Eingriffe hat der G-BA einen Zweitmeinungsanspruch festgelegt. Im Zweitmeinungsverfahren soll die Indikationsstellung interdisziplinär unter Einbeziehung einer Neurologin oder eines Neurologen erfolgen. 

Ärzte, die Patienten eine OP empfehlen, sind verpflichtet, auf die Möglichkeit einer Zweitmeinung hinzuweisen.

Zweitmeinung bei Karotis-Stenose

Vor Eingriffen zur Karotis-Revaskularisation bei Karotis-Stenosen haben Patienten ab 1. Oktober Anspruch auf eine Zweitmeinung. Der Arzt, der die Empfehlung zu einer OP an der Karotis-Stenose stellt, ist verpflichtet, sie auf ihren Anspruch hinzuweisen. 

Ärzte, die als Zweitmeiner tätig sein wollen, benötigen eine Genehmigung ihrer Kassenärztlichen Vereinigung. Berechtigt sind folgende Fachrichtungen: Neurologie, Innere Medizin und Angiologie, Innere Medizin und Kardiologie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie, Radiologie mit Expertise in endovaskulären Verfahren oder mit Schwerpunkt Neurochirurgie.

Abrechnung und Vergütung

Die für die Vergütung notwendigen GOP, die „Erstmeiner“ und „Zweitmeiner“ abrechnen können, sind bereits im EBM enthalten. Wichtig: Alle Leistungen des Zweitmeinungsverfahrens werden nach bundeseinheitlichen Vorgaben eingriffsspezifisch gekennzeichnet. 

„Erstmeiner“

Der Arzt, der die Indikation stellt, kann für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem ärztlichen Zweitmeinungsverfahren die GOP 01645 einmal im Krankheitsfall (vier Quartale) abrechnen. Diese wird durch den Arzt mit dem Buchstaben „M“ gekennzeichnet (GOP 01645M) und ist mit 75 Punkten bewertet. Die Leistung beinhaltet auch die Zusammenstellung aller erforderlichen Unterlagen für die Patientin oder den Patienten.

„Zweitmeiner“

Die Berechnung der Zweitmeinung ist als Allgemeine Bestimmung 4.3.9 „Ärztliche Zweitmeinung“ im  EBM geregelt. Danach rechnet der Arzt, der die Zweitmeinung abgibt, die arztgruppenspezifische Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale ab. Sind für seine Beurteilung ergänzende Untersuchungen notwendig, kann er diese ebenfalls durchführen und berechnen, muss sie aber medizinisch begründen.

„Zweitmeiner“ kennzeichnen alle im Zweitmeinungsverfahren  abgerechneten Leistungen als Freitext im Feld freier Begründungstext (KVDT‐Feldkennung 5009) mit dem Code 88200M.

Hinweis

Die Vergütung für Leistungen des jeweils neu in die Richtlinie aufgenommenen Verfahrens ist zunächst extrabudgetär. Die Überführung in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgt jeweils zu Beginn des zwölften Quartals, das auf das Inkrafttreten des entsprechenden Beschlusses zum Verfahren folgt.

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Planbare Eingriffe mit Anspruch auf Zweitmeinung

Vor diesen Eingriffen, sofern sie planbar sind, können Versicherte eine zweite Meinung einholen:

  • Mandeloperationen (Tonsillektomie, Tonsillotomie)
  • Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien)
  • Arthroskopische Eingriffe an der Schulter
  • Amputationen beim diabetischen Fußsyndrom
  • Implantationen einer Knieendoprothese
  • Eingriffe an der Wirbelsäule
  • Kathetergestützte elektrophysiologische Herzuntersuchungen und
  • Ablationen am Herzen
  • Implantation von Herzschrittmachern und Defibrillatoren
  • Entfernung der Gallenblase
  • Hüftgelenkersatz
  • Aortenaneurysmen
  • Prostatakarzinom
  • Karotis-Revaskularisation bei Karotis-Stenose
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Gesetzlicher Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung

Der Anspruch auf Zweitmeinung ist im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 verankert (§ 27b SGB V). Damit haben gesetzlich versicherte Patienten einen Rechtsanspruch auf Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung bei bestimmten planbaren Eingriffen. Im Gesetz ist auch festgelegt, dass die Krankenkassen die Kosten tragen, die Ärzten durch die Bereitstellung von Befundunterlagen zur Zweitmeinung entstehen. Die Verfahrensregeln für die Zweitmeinung hat der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie festgelegt.

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