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„Das kann nicht funktionieren“ – Hofmeister warnt vor zusätzlichen Angeboten zur Akutversorgung

Im Zuge der geplanten Notfallreform warnt die KBV vor der Schaffung neuer Versorgungsangebote parallel zu den Sprechzeiten der Arztpraxen. Nötig sei vielmehr eine stringente Steuerung, damit die Patienten die passende Versorgung erhielten und die Rettungsstellen wirklich entlastet würden, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Stephan Hofmeister, nach einer Anhörung im Bundesgesundheitsministerium.

Der von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken vorgelegte Gesetzentwurf enthalte zwar einige vernünftige Grundideen, „er wurde aber offenkundig ohne eine realistische Einschätzung der vorhandenen Ressourcen formuliert“, sagte Hofmeister in einem Gespräch mit den PraxisNachrichten. So sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) rund um die Uhr einen ärztlichen Fahrdienst bereitstellen, für den „schlichtweg das nötige Personal“ fehle. Zusätzlich seien telemedizinische Angebote wie Videosprechstunden vorgesehen – ebenfalls rund um die Uhr. „Dabei lässt der Gesetzgeber völlig außer Acht, dass für all dies neben ausreichend Personal auch noch Geld nötig wäre“, betonte der KBV-Vize und fügte hinzu: „Das kann nicht funktionieren.“

Zustrom in Notaufnahmen wird weiter steigen

Ein weiteres Beispiel für die Schaffung unnötiger Parallelstrukturen ist Hofmeister zufolge die geplante Öffnung der Integrierten Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern auch während der Sprechzeiten. Damit könnten die Zentren zusätzlich zu den Arztpraxen eine ambulante Akutversorgung anbieten – einschließlich der Verordnung von Arzneimitteln und dem Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. „Dies wird den Zustrom in Notaufnahmen während der Sprechzeiten weiter fördern“, warnte er.

Problematisch sei ferner, dass die Krankenhäuser in den INZ fachlich und administrativ allein für die Ersteinschätzung verantwortlich sein sollen. „Da fragt man sich schon, ob das Ziel einer besseren Steuerung wirklich ernst gemeint ist“, merkte Hofmeister auch unter Verweis auf den Sachverständigenrat an. Dieser hatte schon 2018 einen gemeinsamen Tresen unter vertragsärztlicher Leitung vorschlagen mit dem Ziel, ungewöhnlich hohe Krankenhaus-Aufnahmeraten von Patienten in Notaufnahmen zu reduzieren.

Ein verpflichtendes und bundesweit einheitliches Ersteinschätzungsverfahren für diejenigen, die sich aus unterschiedlichen Gründen mit ihren Beschwerden nicht an eine Arztpraxis wenden können, erachtet der KBV-Vize als unabdingbar. Die Patienten würden dadurch von Anfang an in die richtige Versorgungsebene geleitet und die Notaufnahme von Fällen entlastet werden, die dort nicht hingehören. Doch genau hier sei der Entwurf nicht konsequent genug, kritisierte er. Denn Patienten sollen weiterhin auch eigenständig eine Notaufnahme aufsuchen können, ohne eine vorherige medizinische Ersteinschätzung. Hofmeister verwies auf die Bedeutung der 116117, die in solchen Fällen die flächendeckende Erreichbarkeit für die ambulante Versorgung gewährleisten und auch die Ersteinschätzung vornehmen und einen Terminservice abdecken könne. „Das alles ist machbar“, wobei digital vor Telefon, vor Arztkontakt gehen müsse, sagte er.

Gemeinsame Vorschläge von KBV und DKG

Der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende appellierte an die verantwortlichen Politiker, sich die Expertise derjenigen einzuholen, die sich mit der Thematik auskennen würden. In etlichen KVen gebe es durchdachte, moderne und auf die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort angepasste Konzepte, von Niedersachsen bis Bayern. Hofmeister wies zudem auf ein Eckpunktepapier zur Notfallversorgung hin, das die KBV und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gemeinsam erstellt und bereits im Sommer dem Bundesgesundheitsministerium übermittelt haben. Leider finde sich darin kaum etwas im Gesetzentwurf wieder.

KBV-Vertreterversammlung lehnt vorliegenden Gesetzentwurf ab

Die Vertreterversammlung der KBV hatte den vorliegenden Gesetzentwurf zur Notfallreform in seiner derzeitigen Fassung am vergangenen Freitag mit großer Mehrheit abgelehnt. Zugleich forderten die Delegierten eine Reform, die sich an einer sinnvollen und verbindlichen Koordination von Akutfällen in die richtige Versorgungsebene ausrichtet und dabei die wirtschaftlichen und personellen Rahmenbedingungen berücksichtigt.

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